Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilwertabschreibung auf Forderung gegen nahestehende österreichische Kapitalgesellschaft. Hinzurechnung nach § 8b Abs. 3 KStG. Vergleichbarkeit des Nichtbetreibens einer Forderung aus Lieferungen und Leistungen mit einer Darlehensgewährung. Zeitpunkt des Nahestehens. Zugangsvoraussetzung für AdV-Antrag an das FG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da § 8b Abs. 3 S. 3 KStG unstreitig auch Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften erfasst, müssen auch die ergänzenden Sätze 4 bis 7 für Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften gelten.

2. In zeitlicher Hinsicht ist es für die Anwendung von § 8b Abs. 3 S. 4 KStG ausreichend, wenn eine qualifizierte Beteiligung in dem Zeitpunkt besteht, in dem die Darlehensforderung wertlos wird.

3. Forderungen aus Lieferungen und Leistung stellen Forderungen aus Rechtshandlungen dar, die i. S. d. § 8b Abs. 3 S. 7 KStG wirtschaftlich mit einer Darlehensgewährung vergleichbar sind, wenn Gläubiger und Schuldner für eine gewisse Mindestdauer einen Zahlungsaufschub, besondere Stundungs- oder Fälligkeitsabreden oder sonstige Absprachen, etwa über das Nichtbetreiben der Forderung seitens des Forderungsinhabers, vereinbart haben, so dass der Gläubiger seine Forderung für eine gewisse Mindestdauer nicht beitreiben oder im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen darf.

4. Im Zusammenhang mit Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die wirtschaftlich mit einer Darlehensgewährung vergleichbar sind, weil Gläubiger und Schuldner für eine gewisse Mindestdauer einen Zahlungsaufschub, besondere Stundungs- oder Fälligkeitsabreden oder sonstige Absprachen, etwa über das Nichtbetreiben der Forderung seitens des Forderungsinhabers, vereinbart haben, ist für den Fremdvergleich i. S. d. § 8b Abs. 3 S. 6 KStG maßgeblich, ob ein fremder Dritter aufgrund der Umstände des Einzelfalles ebenfalls eine solche Vereinbarung getroffen hätte.

5. § 8b Abs. 3 S. 4 ff. KStG sind unilaterale Missbrauchsverhinderungsregeln, die auch in grenzüberschreitenden Zusammenhängen nicht den abkommensrechtlichen Schranken unterfallen.

6. Ein gerichtlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist nach Klageerhebung auch dann gem. § 69 Abs. 4 S. 1 FGO zulässig, wenn die Finanzbehörde einen zuvor gestellten AdV-Antrag in einem vorangegangenen, bereits abgeschlossenen Verfahrensabschnitt (für das Einspruchsverfahren) abgelehnt hat.

 

Normenkette

KStG § 8b Abs. 2-3; AStG § 1 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.05.2018; Aktenzeichen I B 102/17)

 

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die ihrem Unternehmensgegenstand nach auf den Erwerb und die Bebauung von Grundstücken, die Durchführung von Bau- und Sanierungsarbeiten durch Auftragsvergabe an Dritte, die Baubetreuung und das Bauträgergeschäft, die Generalübernehmerschaft, die Projektentwicklung und -steuerung, die wirtschaftliche und technische Betreuung von Bauherren sowie auf das komplette Leistungsbild des Architekten und des Bauingenieurs gerichtet ist. Bis zum 31. Dezember 2012 war die B… AG alleinige Inhaberin aller Anteile am Stammkapital der Antragstellerin. Seit dem 1. Januar 2013 ist die C… GmbH alleinige Gesellschafterin der Antragstellerin. Die Anteile am Stammkapital der C… GmbH werden allein von D… gehalten. D… ist der Geschäftsführer der Antragstellerin.

C… GmbH zu 89,42 % und D… persönlich zu 10,58 % halten die Anteile am Stammkapital der E… GmbH mit Sitz in F…. Die E… GmbH ist wiederum alleinige Anteilsinhaberin von sechs österreichischen Projektentwicklungsgesellschaften A bis F GmbH (PEGs).

Die Antragstellerin ist seit Jahren als Generalübernehmerin im Zusammenhang mit diversen Bauprojekten tätig. Sie erzielt ihre Gewinne aus der angestrebten Marge zwischen den von ihren Auftragsnehmern/Subunternehmen in Rechnung gestellten Kosten und der Weiterbelastung dieser Kosten an ihre eigenen Auftraggeber.

Die PEGs erwarben im Jahr 2008 in Österreich belegene unbebaute Grundstücke. Der Gesamtkaufpreis wurde durch die österreichische H… Bank fremdfinanziert und durch Grundschulden, Bürgschaften der Gesellschafter der PEGs sowie Bürgschaften von D… abgesichert. Auf den Grundstücken sollten sechs Hochbauten für einen Gesamtkomplex G… samt einer gemeinsamen Tiefgarage errichtet werden, wobei jeder der sechs PEGs ein Hochhaus errichten sollte. Das geplante Gesamtbauvolumen bis zu 132 Millionen Euro sollte durch Darlehen österreichischer Banken an die PEGs fremdfinanziert werden, wobei geplant war, die Darlehen der H… Bank zur Anschaffung der Grundstücke durch Darlehen der österreichischen I… Bank abzulösen.

Seit dem Jahr 2011 war die Antragstellerin als Generalübernehmerin für die sechs PEGs zur Errichtung der sechs Hochbauten tätig. Im November 2011 gab die österreichische I… Bank eine Finanzierung...

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