Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Finanzdienstleistung, Outsourcing, Zahlungs- und Überweisungsverkehr, Abrechnung von Zahnbehandlungen im Lastschriftverfahren, technische Unterstützungen im Lastschriftverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die darin vorgesehene Mehrwertsteuerbefreiung für Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr nicht auf eine Erbringung von Dienstleistungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende anwendbar ist, die darin besteht, dass der Steuerpflichtige die betreffenden Kreditinstitute zum einen anweist, auf der Grundlage einer Einzugsermächtigung eine Geldsumme vom Bankkonto eines Patienten auf das des Steuerpflichtigen zu überweisen, und zum anderen, diese Summe anschließend nach Abzug der dem Steuerpflichtigen geschuldeten Vergütung von dessen Bankkonto auf die jeweiligen Bankkonten des Zahnarztes und des Versicherers des Patienten zu überweisen.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1 Buchst. d

 

Beteiligte

DPAS

Commissioners for HM Revenue and Customs

DPAS Limited

 

Verfahrensgang

Upper Tribunal (Vereinigtes Königreich) (Beschluss vom 28.11.2016; ABl. EU 2017, Nr. C 78/15)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Befreiung ‐ Art. 135 Abs. 1 Buchst. d ‐ Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr ‐ Begriff ‐ Anwendungsbereich ‐ Plan für Zahlungen für Zahnbehandlungen im Lastschriftverfahren“

In der Rechtssache C-5/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Upper Tribunal (Tax and Chancery Chamber) (Oberverwaltungsgericht [Kammer für ‐ u. a. ‐ Steuersachen], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 28. November 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Januar 2017, in dem Verfahren

Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs

gegen

DPAS Limited

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der DPAS Limited, vertreten durch J. Martindale, Solicitor, C. McDonnell, Barrister, und J. Walters, QC,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Lavery und J. Kraehling als Bevollmächtigte im Beistand von S. Pritchard, Barrister, und K. Beal, QC,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und R. Lyal als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. März 2018

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen den Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs (Steuer- und Zollverwaltung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, im Folgenden: Steuerverwaltung) und der DPAS Limited wegen der Weigerung, eine von DPAS erbrachte Dienstleistung von der Mehrwertsteuer zu befreien.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“.

Rz. 4

Unter Titel IX („Steuerbefreiungen“) dieser Richtlinie befindet sich in dessen Kapitel 3 Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis g dieser Richtlinie, der im Wesentlichen wortgleich die Befreiungen vorsieht, die zuvor in Art. 13 Teil B Buchst. d Nrn. 1 bis 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) vorgesehen waren.

Rz. 5

In Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

d) Umsätze ‐ einschließlich der Vermittlung ‐ im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen;

…“

Recht des Vereinigten Königreichs

Rz. 6

Section 31 (1) des Value Added Tax Act 1994 (Mehrwertsteuergesetz von 1994) bestimmt: „Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen sind von der Steuer befreit, wenn sie unter eine derzeit in Anhang 9 dieses Gesetzes genannte Kategorie fallen“.

Rz. 7

In diesem Anhang 9 werden mehrere Gruppen von Gegenständen und Dienstleis...

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