Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzugsrecht des Arbeitgebers bei Kraftstoffkauf durch seine Arbeitnehmer nur bei tatsächlicher Verwendung für das Unternehmen - unvereinbares nationales Recht nur durch gleichrangige Rechtsvorschriften, nicht durch Verwaltungspraxis änderbar

 

Leitsatz (amtlich)

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage verstoßen, dass es entgegen den Artikeln 17 Absatz 2 Buchstabe a und 18 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie Steuerpflichtigen das Recht gewährt hat, die Mehrwertsteuer für bestimmte Kraftstofflieferungen an Nichtsteuerpflichtige abzuziehen.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Art. 18 Abs. 1 Buchst. a

 

Beteiligte

Kommission / Vereinigtes Königreich

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Artikel 17 und 18 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Nationale Regelung, die einen Arbeitgeber berechtigt, die Mehrwertsteuer für Kraftstofflieferungen an seine Arbeitnehmer abzuziehen, wenn er ihnen die Kosten dieser Lieferungen erstattet“

In der Rechtssache C-33/03

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 28. Januar 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch P. Ormond und C. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von N. Pleming, QC, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Lenaerts (Berichterstatter), der Richterin N. Colneric sowie der Richter K. Schiemann und E. Juhász,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2004,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Dezember 2004,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, dass es entgegen den Artikeln 17 und 18 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, nachstehend: Sechste Richtlinie) Steuerpflichtigen das Recht gewährt hat, die Mehrwertsteuer für bestimmte Kraftstofflieferungen an Nichtsteuerpflichtige abzuziehen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2

Artikel 4 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

„(1)      Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.

(4)       Der in Absatz 1 verwendete Begriff „selbständig‘ schließt die Lohn- und Gehaltsempfänger und sonstige Personen von der Besteuerung aus, soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft.

…“

3

Artikel 17 der Sechsten Richtlinie mit dem Titel „Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug“ bestimmt:

„(1)      Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.

(2)       Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)

die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden;

…“

4

Artikel 18 der Sechsten Richtlinie mit dem Titel „Einzelheiten der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug“ sieht vor:

„(1)      Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige

a)

über die nach Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a abziehbare Steuer eine nach Artikel 22 Absatz 3 ausgestellte Rechnung besitzen;

…“

Nationales Recht

5

In den Artikeln 2 und 3 der am 1. Dezember 1991 in Kraft getretenen VAT (Input Tax) (Person Supplied) Order 1991 (Mehrwertsteuerverordnung von 1991, nachstehend: Mehrwertsteuerverordnung) ist Folgendes vorgesehen:

„2.       Artikel 3 ist anwendbar, wenn Kraftstoff an ...

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