Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Akkumulationsrücklage bei Gewerbesteuer

 

Leitsatz (NV)

Die nach § 3 Abs. 2 StÄndG DDR gebildete Rücklage ist auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrages zu berücksichtigen.

 

Normenkette

StÄndG DDR § 3 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Thüringer FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt im Land Thüringen seit 1988 eine Fahrschule, in der er auch im Jahr 1990 einen entsprechend ausgebildeten Mitarbeiter als Fahrlehrer beschäftigte. Der Kläger ermittelte den Gewinn für das 2. Halbjahr nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes vom 18. September 1970 (Gesetzblatt DDR -- GBl DDR -- Sonderdruck Nr. 670) i. d. F. des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung steuerlicher Rechtsvorschriften bei Einführung der Währungsunion mit der Bundesrepublik Deutschland (Steueranpassungsgesetz -- StAnpG DDR --) vom 22. Juni 1990 (GBl DDR Sonderdruck Nr. 1427) -- EStG DDR -- durch Einnahme-Überschuß- Rechnung. Den für das 2. Halbjahr mit ... DM ermittelten Gewinn minderte er um eine Rücklage gemäß § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung der Rechtsvorschriften über die Einkommen-, Körperschaft- und Vermögensteuer (Steueränderungsgesetz -- StÄndG DDR --) vom 6. März 1990 (GBl DDR I 1990, 136 -- Akkumulationsrücklage --) von ... DM. Den verbleibenden Gewinn erklärte er als Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) beurteilte abweichend von der Erklärung des Klägers dessen im 2. Halbjahr 1990 bezogene Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG DDR mit der Begründung, er habe eine qualifizierte Hilfskraft beschäftigt (§ 14 Abs. 1 der Anordnung über die Besteuerung der Gewerbetreibenden, selbständig Tätigen und anderer steuerpflichtiger Bürger -- Besteuerungsrichtlinien -- vom 24. August 1979, GBl DDR Sonderdruck Nr. 1016). Das FA setzte dementsprechend im Rahmen der zusammengefaßten Steuerrate für das 2. Halbjahr Gewerbesteuer fest. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes vom 18. September 1970 -- GewStG DDR -- (GBl Sonderdruck Nr. 672) berücksichtigte es -- anders als bei der Einkommensteuer für das 2. Halbjahr -- die Akkumulationsrücklage nicht mindernd. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.

Der Kläger begehrte mit seiner Klage, die Festsetzung der Gewerbesteuer aufzuheben.

Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, der Kläger sei zwar gewerbesteuerpflichtig, weil er im entscheidungserheblichen Zeitraum eine qualifizierte Hilfskraft beschäftigt habe. Entgegen der Auffassung des FA sei jedoch die geltend gemachte Akkumulationsrücklage auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrages zu berücksichtigen.

Die Frist für die Revision gegen den dem FA am 10. September 1993 zugestellten Gerichtsbescheid endete am 11. Oktober 1993. Die Revision des FA vom 5. Oktober 1993 ist erst am 12. Oktober 1993 beim FG eingegangen. Auf einen entsprechenden Hinweis durch den Vorsitzenden des erkennenden Senats beantragte das FA fristgerecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trug vor, die Revisionsschrift sei am Dienstag, den 5. Oktober 1993, durch Einschreiben an das FG abgesandt worden.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist zulässig. Dem FA war wegen unverschuldeter Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 56 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Das FA hat die -- zutreffend an das zuständige Thüringer FG in Gotha adressierte -- Revisionsschrift am 5. Oktober 1993 durch Einschreiben zur Post gegeben. Es konnte damit rechnen, daß innerhalb von sechs Tagen bis zum Ablauf der Revisionsfrist am 11. Oktober 1993 bei normaler Postlaufzeit die Sendung rechtzeitig beim FG eingehen werde.

2. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Rücklage den Gewerbeertrag mindert.

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat bereits mit Urteil vom 15. März 1994 XI R 10/93 (BFHE 174, 241, BStBl II 1994, 813) entschieden, daß die sog. Akkumulationsrücklage nach § 3 Abs. 2 StÄndG DDR in die Gewinnermittlung eingeht und daher gemäß § 7 GewStG DDR auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Entscheidung Bezug genommen. Der BFH hat daran wiederholt festgehalten (Urteile vom 16. März 1994 I R 146/93, BFHE 175, 22, BStBl II 1994, 941; vom 15. September 1994 XI R 20/93, BFHE 176, 130, BStBl II 1996, 609; vom 15. September 1994 XI R 44/93, BFH/NV 1995, 393; vom 26. April 1995 I R 49/94, BFH/NV 1996, 130; zuletzt vom 26. Oktober 1995 IV R 86/93, BFHE 179, 143, BStBl II 1996, 579, und IV R 8/94, nicht veröffentlicht).

Die Steuervorteile der Akkumulationsrücklage kommen auch Inhabern von Gewerbebetrieben zugute, die -- wie der Kläger -- ihren Gewinn nicht durch Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG DDR, sondern durch Einnahme-Überschuß-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG DDR ermitteln (BFH-Urteile in BFHE 175, 22, BStBl II 1994, 941; in BFH/NV 1996, 130, und in BFHE 179, 143, BStBl II 1996, 579). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Das FG hat danach zu Recht den Gewerbeertrag um die Rücklage gemäß § 3 Abs. 2 StÄndG DDR gemindert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65810

BFH/NV 1997, 439

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