Leitsatz (amtlich)

Die Aufwendungen und Spenden, die nach § 4 Abs. 5 EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1, § 11 Nr. 5 KStG nicht abzugsfähig sind, gehören im Fall einer Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag nicht zu dem Einkommen, das die Organgesellschaft zu versteuern hat.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 1, § 11 Nr. 5; EStG § 4 Abs. 5

 

Tatbestand

Zwischen der Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), einer GmbH (Organgesellschaft), und der Firma H AG (Organträger) besteht seit dem 1. Juli 1952 ein steuerrechtlich anerkanntes Organverhältnis mit Ergebnisabführungsvertrag. In dem Einkommen der Steuerpflichtigen, das der Revisionsbeklagte (das FA) der Körperschaftsteuer für das Streitjahr 1961 unterwarf, sind die folgenden Beträge enthalten:

1 nichtabzugsfähige Spenden 879 DM

2. nichtabzugsfähige Ausgaben 2 164 DM

3. Minderung des Verlustvortrages aus

dem Wirtschaftsjahr 1960 um die gemäß

§ 4 Abs. 5 EStG nichtabzugsfähigen

Betriebsausgaben des Wirtschaftsjahres

1960 in Höhe von 4 064 DM

Die Klage, mit der sich die Steuerpflichtige gegen die Behandlung dieser Beträge als ihr eigenes Einkommen wandte, blieb ohne Erfolg. Das FG, dessen Entscheidung in EFG 1967 S. 255 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, nach ständiger Rechtsprechung des BFH bleibe im Fall eines Organverhältnisses die Organgesellschaft subjektiv und objektiv steuerpflichtig. Abzuführen und daher der Obergesellschaft zuzurechnen sei das tatsächlich erzielte Ergebnis der Organgesellschaft. Das sei nicht der Handelsbilanzgewinn, sondern der nach den Grundsätzen des Steuerrechts zu ermittelnde Gewinn. Die nichtabzugsfähigen Spenden und Ausgaben seien im Steuerbilanzgewinn nicht enthalten. Sie verminderten den Handelsbilanzgewinn und den Steuerbilanzgewinn und würden erst bei der Ermittlung des Einkommens dem Steuerbilanzgewinn außerhalb der Bilanz wieder hinzugerechnet. Daher seien sie nicht dem abzuführenden Gewinn, sondern dem eigenen Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen.

Mit der Revision rügt die Steuerpflichtige unrichtige Anwendung der Vorschriften des KStG über die Ermittlung des eigenen körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens einer Organgesellschaft (§§ 6 ff. KStG). Die Steuerpflichtige ist der Meinung, der BFH habe durch sein Urteil I 249/61 S vom 4. März 1965 (BFH 82, 233, BStBl III 1965, 329) - Steuerfreiheit der Schachteleinnahmen im Falle einer Organschaft - den Gedanken der Bilanzierungstheorie abgelehnt und sich, wenn auch nicht in vollem Umfang, wieder der in der Rechtsprechung des RFH vertretenen Zurechnungstheorie genähert, nach der die nichtabzugsfähigen Ausgaben von der Obergesellschaft zu versteuern seien. Aus dem BFH-Urteil I 249/61 S, a. a. O., folge, daß nicht sämtliche positiven und negativen außerhalb der Bilanz zu erfassenden Einkommensteile zum eigenen Einkommen der Organgesellschaft gehörten.

Nach Ansicht der Steuerpflichtigen zählen zum eigenen Einkommen der Organgesellschaft nur die nichtabzugsfähigen Ausgaben, mit denen die Organgesellschaft öffentlich-rechtliche oder satzungsmäßige Verpflichtungen erfüllt. Dafür spreche außer den Gründen der Praktikabilität, daß der Gesetzgeber in § 12 KStG nichtabzugsfähige Ausgaben aufgezählt und damit besonders hervorgehoben habe. Es handle sich dabei um Ausgaben, mit denen die Gesellschaft die ihr obliegenden öffentlich-rechtlichen oder satzungsmäßigen Verpflichtungen erfülle. Für die Entscheidung der vorliegenden Rechtsfrage sei auch von Bedeutung, daß die Organgesellschaft für Rechnung der Obergesellschaft tätig sei und daher die in § 4 Abs. 5 EStG, § 11 Nr. 5 KStG bezeichneten Aufwendungen im Interesse der Obergesellschaft mache. Die Aufwendungen hätten daher materiell einen völlig anderen Inhalt, als die in § 12 KStG bezeichneten nichtabzugsfähigen Ausgaben.

Die Steuerpflichtige beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid 1961 aufzuheben und der Neuveranlagung ein um 7 107 DM niedrigeres Einkommen zugrunde zu legen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet.

Die Aufwendungen, die nach § 4 Abs. 5 EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht abzugsfähig sind, und die Spenden, soweit sie nicht nach § 11 Nr. 5 KStG abzugsfähig sind, gehören im Fall einer Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag nicht zu dem Einkommen, das die Organgesellschaft zu versteuern hat. Der BFH hat in der steuerrechtlichen Beurteilung einer Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag stärker als der RFH die rechtliche Selbständigkeit der Organgesellschaft betont und entschieden, daß auch die Organgesellschaft eigenes Einkommen haben könne und mit diesem Einkommen körperschaftsteuerpflichtig sei (BFH-Urteile I 109/53 U vom 24. November 1953, BFH 58, 281, BStBl III 1954, 21; I 73/54 U vom 8. März 1955, BFH 60, 489, BStBl III 1955, 187; I 73/55 U vom 14. Februar 1956, BFH 62, 407, BStBl III 1956, 151; BFH-Gutachten I D 1/56 S vom 27. November 1956, BFH 64, 368, BStBl III 1957, 139). Daran hat der BFH bis in die jüngste Zeit grundsätzlich festgehalten (BFH-Urteile I 249/61 S, a. a. O.; I 167/63 U vom 23. März 1965, BFH 82, 581, BStBl III 1965, 456; I 280/63 vom 17. November 1966, BFH 87, 253, BStBl III 1967, 118; I R 28/66 vom 12. März 1969, BFH 95, 184, BStBl III 1969, 352). Zum eigenen Einkommen einer Organgesellschaft hat die Rechtsprechung bisher gerechnet: Die nichtabzugsfähigen Steuern vom Einkommen und die Vermögensteuer nach § 12 Nr. 2 KStG (BFH-Urteil I 109/53 U, a. a. O.), die zur Tilgung eines Kapitalentwertungskontos oder zum Ausgleich von Fehlbeträgen am Stamm- oder Grundkapital oder der gesetzlichen Rücklage erforderlichen Beträge (BFH-Urteil I 73/55 U, a. a. O.), die von der Obergesellschaft an die Minderheitsgesellschafter der Organgesellschaft bezahlte garantierte Dividende (BFH-Gutachten I D 1/56 S, a. a. O.; BFH-Urteil I 104/60 S vom 25. Juli 1961, BFH 73, 597, BStBl III 1961, 483), die nichtabzugsfähigen Teile der Vierteljahresraten der Vermögensabgabe (BFH-Urteil I 7/62 U vom 16. März 1965, BFH 82, 578, BStBl III 1965, 455). Allgemein kann der bisherigen Rechtsprechung entnommen werden, daß der Organgesellschaft die Beträge verbleiben müssen und daher zu ihrem eigenen Einkommen zählen, die sie benötigt, um ihr obliegende öffentlich-rechtliche oder satzungsmäßige Verpflichtungen zu erfüllen oder um ihr obliegende zwingende gesetzliche Vorschriften einzuhalten (BFH-Urteil I 73/55 U, a. a. O.; vgl. Abschn. 31 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 KStR 1964). Die Finanzverwaltung ist im Laufe der Zeit darüber hinausgegangen und hat auch die von der Organgesellschaft bezahlten Spenden, soweit sie nicht nach § 11 Nr. 5 KStG abzugsfähig sind, und die von der Organgesellschaft gezahlten Aufwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG, soweit sie vom Abzug ausgeschlossen sind, zum eigenen Einkommen der Organgesellschaft gerechnet (Abschn. 31 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 KStR 1964). Diese Erweiterung des eigenen Einkommens der Organgesellschaft erscheint dem Senat nicht gerechtfertigt. Die handelsrechtliche und steuerrechtliche Selbständigkeit der Organgesellschaft, auf der die Rechtsprechung des BFH über das eigene Einkommen der Organgesellschaft letztlich beruht, gebietet es allenfalls, ihr die Beträge zu belassen, deren sie zur Erfüllung gesetzlicher oder in der Satzung bestimmter Pflichten bedarf. Dazu gehören aber nicht die Spenden und Aufwendungen, die nach § 11 Nr. 5 KStG und § 4 Abs. 5 EStG nicht abzugsfähig sind.

Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, die nichtabzugsfähigen Spenden und Aufwendungen seien von der Organgesellschaft geleistet und könnten daher nicht an die Obergesellschaft abgeführt werden. Dem Einkommen der Obergesellschaft wird aufgrund der Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag nicht der tatsächlich abgeführte Handelsbilanzgewinn zugerechnet, sondern das nach den Grundsätzen des Steuerrechts ermittelte Einkommen der Organgesellschaft, also auch das steuerrechtliche Mehrergebnis gegenüber dem Ergebnis der Handelsbilanz (vgl. BFH-Urteil I 249/61 S, a. a. O.), obwohl dieses Mehrergebnis, das z. B. auf der Anwendung der steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften des § 6 EStG beruhen kann, tatsächlich nicht an die Obergesellschaft abgeführt wird (vgl. dazu Thiel, Der Betriebs-Berater 1965 S. 743 [746]).

Die Körperschaftsteuer 1961 war demnach unter Aufhebung der Vorentscheidung ohne Zurechnung der streitigen nichtabzugsfähigen Ausgaben und Spenden zum eigenen Einkommen anderweit auf 26 831 DM festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68939

BStBl II 1970, 346

BFHE 1970, 165

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