Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Kostenfestsetzung nach § 126 Abs. 1 ZPO

 

Leitsatz (NV)

Hat das FG nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache die Kosten des Verfahrens dem FA auferlegt (§ 138 Abs. 2 FGO) und hat dieses die Kostenerstattung mittels Verrechnung mit rückständigen Dauerforderungen vorgenommen, so kommt die Bewilligung einer Prozeßkostenhilfe und eine Kostenfestsetzung zugunsten des Prozeßvertreters im eigenen Namen (§ 126 Abs. 1 ZPO) nicht mehr in Betracht.

 

Normenkette

FGO §§ 138, 142 Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 114, 126 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer hat die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für ein nach beiderseitiger Abgabe von Erledigungserklärungen durch Kostenbeschluß (Beschluß vom 25. November 1983) gemäß § 138 FGO abgeschlossenes Klageverfahren - für dessen Durchführung bereits die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe begehrt worden war - beantragt. In dem Kostenbeschluß waren die Kosten des Klageverfahrens dem FA auferlegt worden (§ 138 Abs. 2 FGO).

Im Anschluß hieran hatte die Geschäftsstelle des FG auf Antrag des Beschwerdeführers eine Kostenfestsetzung vorgenommen, in der die diesem vom FA zu erstattenden Kosten (des außergerichtlichen Vorverfahrens und des Klageverfahrens) auf 29 000 DM festgesetzt sind. Die Erstattung dieses Betrages hat das FA gegenüber dem Beschwerdeführer in der Weise durchgeführt, daß es mit einer rückständigen Forderung wegen Einkommensteuer 1979 aufrechnete. Da eine Erstattung durch Barauszahlung somit unterblieb, war der - im übrigen mittellose - Beschwerdeführer nicht in der Lage, die Honorarforderung seines Prozeßbevollmächtigten zu begleichen.

Der Beschwerdeführer macht zur Begründung seines erneuten Prozeßkostenhilfebegehrens geltend, er sei wegen der erfolgten Aufrechnung seitens des FA außerstande gesetzt worden, die Honorarforderung seines Prozeßbevollmächtigten zu begleichen. Auch könnten die insoweit entstandenen Kosten nicht mehr gemäß § 126 ZPO in dessen eigenen Namen festgesetzt werden.

Das FG hat den Antrag abgelehnt. Es fehle hierfür das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Beschwerdeführer die ihm aufgrund der zu seinen Gunsten ergangenen Kostenentscheidung (§ 138 Abs. 2 FGO) zu erstattenden Kosten tatsächlich - wenn auch durch Aufrechnung - erstattet erhalten habe. Der Beschwerdeführer sei somit unter Kostengesichtspunkten nicht mehr beschwert. Eine Beschwer liege allenfalls in der Person des Prozeßbevollmächtigten vor, weil dieser - wegen Zahlungsunfähigkeit des Beschwerdeführers - gehindert sei, seine Honorarforderung zu realisieren. Eine solche in der Person eines Dritten liegende Beschwer reiche nicht aus, um ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Prozeßkostenhilfeverfahren nach längst erfolgtem Abschluß des Rechtsstreits durchzuführen, für das es beantragt werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Zwar kann Prozeßkostenhilfe in besonderen Ausnahmefällen auch noch nach Abschluß eines Rechtsstreits (oder Beendigung einer Instanz) bewilligt werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Nachdem das FG aufgrund der von den Parteien beiderseits abgegebenen Erledigungserklärungen zur Hauptsache mit Beschluß vom 25. November 1983 die gesamten Kosten des Klageverfahrens dem FA auferlegt hatte, war das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers für eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe entfallen. Denn eine noch günstigere Entscheidung über die Kosten des Verfahrens konnte und kann der Beschwerdeführer aus seiner Position heraus nicht erreichen.

Sinn und Zweck des Prozeßkostenhilfeverfahrens ist es, die prozessuale Stellung von Bemittelten und Unbemittelten in bezug auf die mit einem Rechtsstreit verbundenen Kosten weitgehend anzugleichen, damit der unbemittelten Partei die Verfolgung ihrer Rechte nicht unverhältnismäßig erschwert werde (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 1978 II ZR 124/76, BGHZ 70, 235, 237 mit Hinweisen). Dagegen fällt es nicht in den Bereich der Prozeßkostenhilfe, die Beziehungen zwischen der unbemittelten Partei und deren Prozeßbevollmächtigten oder die Realisierung von Honoraransprüchen der letzteren zu regeln. Um einen Vorgang der letztgenannten Art handelt es sich hier, nachdem der Beschwerdeführer die Honorarforderung seines Prozeßbevollmächtigten (wegen der Aufrechnung des FA gegen seinen Kostenerstattungsanspruch) nicht mehr begleichen kann. Der Prozeßbevollmächtigte hätte sich vor der hier eingetretenen Situation dadurch schützen können, indem er spätestens bei Beantragung der Kostenfestsetzung (Schriftsatz vom 29. November 1983) darauf bestanden hätte, daß vor der Festsetzung der dem Beschwerdeführer zu erstattenden Prozeßkosten (Beschluß vom 16. Dezember 1983) über den damals bereits vorliegenden Antrag auf Prozeßkostenhilfe entschieden werde, um seine Gebühren und Auslagen von dem in die Prozeßkosten verurteilten Gegner - dem FA - im eigenen Namen beizutreiben (§ 126 Abs. 1 ZPO). Wenn ein solcher Antrag nicht gestellt wurde, so kann dies nicht mehr dadurch nachgeholt werden, daß dem Beschwerdeführer nachträglich Prozeßkostenhilfe für ein abgeschlossenes Verfahren gewährt wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414077

BFH/NV 1986, 756

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