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Die IFRS sehen für selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte kein Ansatzwahlrecht, sondern eine Ansatzpflicht vor. Ansonsten sind die grundsätzlichen Ansatzvorschriften vergleichbar. Besondere Herausforderungen ergeben sich allerdings aus der Definition der Vermögenswerte, da diese einen zukünftigen Nutzenzufluss aus dem betreffenden Potenzial voraussetzt.[1] Dies ist etwa bei Umweltschutzinvestitionen oder Arbeitsschutzmaßnahmen zunächst fraglich. Der Ansatz eines Vermögenswerts im Anlagevermögen setzt neben dem Vorhandensein eines überhaupt bestehenden Anspruchspotentials (abstrakte Bilanzierungsfähigkeit) auch das Fehlen eines spezifischen Aktivierungsverbots für die mit dem Erwerb verbundene Ausgabe (konkrete Bilanzierungsfähigkeit) voraus.[2] Nach dem Rahmenkonzept des IASB (Conceptual Framework for IFRS, CF)[3] ist ein Ansatz – die abstrakte und konkrete Bilanzierungsfähigkeit vorausgesetzt – vorgesehen, wenn den Abschlussadressaten über die Aufnahme in die Bestandsrechnung (entscheidungs-)nützliche Informationen bereitgestellt werden. Maßstab für die Beurteilung sind die allgemeinen Anforderungen der Relevanz und der tatsachengetreuen Darstellung der Vermögens- und Finanzlage des Bilanzierungssubjekts (CF 5.7 f.). Der Ansatz eines Vermögenswerts scheidet mangels Relevanz bereits aus, wenn das Bestehen eines Anspruchs unsicher ist oder die Wahrscheinlichkeit des künftigen Zuflusses von Ressourcen sehr gering ist (CF 5.14 ff.). Das Prinzip der Tatsachentreue kann gegen einen Ansatz sprechen, wenn die Bewertung des identifizierten und belegten Anspruchs durch sehr hohe Unsicherheiten geprägt ist (CF 5.19). Die Vorgaben des CF sind für die Beurteilung der Ansatzfähigkeit eines Vermögenswerts nicht ausreichend, es ist daher auf die spezifischen Anforderungen innerhalb der IFRS-Vorgaben abzustellen. Für die abstrakte Bilanzierungsfähigkeit bedarf es des Nachweises der kumulativen Erfüllung der folgenden Charakteristika:

  • Es besteht ein identifizierbarer und (rechtlich) durchsetzbarer Anspruch auf einen zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen,
  • der in der Kontrolle/Verfügungsmacht des Unternehmens steht und
  • dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten verlässlich messbar sind.

Der Ansatz eines Vermögenswerts scheidet daher aus, wenn es an einer gesicherten Anspruchsgrundlage, also der Möglichkeit einen zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen zu realisieren, fehlt. Dient eine Investition in eine Umweltmaßnahme lediglich der allgemeinen Außendarstellung, stellt also im weiteren Sinne eine Ausgabe in die eigene Marke und das Image dar, scheidet ein Ansatz der Kosten aus (so auch explizit IAS 38.63). Es bedarf des Nachweises eines (sicheren) künftigen wirtschaftlichen Nutzens, der sich in zusätzlichen Ressourcenzuflüssen oder in einer Reduzierung erwarteter künftiger Abflüsse manifestiert. In Abhängigkeit von Art und Natur der vorgenommenen Investition in den Umweltschutz ist in Abhängigkeit des Bilanzierungsobjekts zu differenzieren:

  • Resultiert aus der Investition ein eigenständig verwertbarer und rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf künftige Zuflüsse oder eine Entlastung von erwarteten Abflüssen (etwa über die Zuteilung von CO 2-Zertifikaten), ist eine Aktivierung als (im-)materieller Vermögenswert geboten.
  • Fehlt es an der eigenständigen Nutzbarkeit einer nicht lediglich dem eigenen Image abstrakt dienenden Umweltmaßnahme, bedarf es einer Beurteilung, ob die Anforderungen für die Behandlung als (nachträgliche) Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bereits vorhandenen (materiellen) Bilanzierungsobjekts erfüllt sind.

Im Bereich des materiellen Vermögens sind Ausgaben für die Sicherheit und Umweltaspekte, die im Zusammenhang mit der Anschaffung/Herstellung eines Vermögenswerts anfallen, selber aber keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen stiften, dagegen grundsätzlich aktivierungspflichtig (IAS 16.11). Exemplarisch wird die Ansatzfähigkeit für die Investition eines (Chemie-)Unternehmens in neue Prozesse zur Aufbewahrung und Verarbeitung von gefährlichen Substanzen, die sich aus Anforderungen des Umweltschutzes ergeben, angeführt. Die resultierende Erweiterung der bestehenden (Produktions-)Anlagen ist als eigenständiger Vermögenswert anzusetzen, wenn die Fortführung der bestehenden Aktivitäten ohne Investition nicht mehr gewährleistet wäre. Dient eine Umweltmaßnahme der Erfüllung einer behördlichen Auflage, ist die Ansatzfähigkeit der anfallenden Ausgaben als Initialkosten eines Vermögenswerts belegt.

Für den Nachweis des zukünftigen Nutzenzuflusses ist nicht isoliert auf die einzelne Maßnahme abzustellen, es reicht aus, wenn ein zukünftiger Nutzen (indirekt) abgeleitet werden kann (IAS 16.7). Auch abseits der Erstanschaffung eines Vermögenswerts sind Investitionen in den Umweltschutz nicht von einer Ansatzfähigkeit ausgeschlossen. Ein explizites Ansatzverbot besteht für Ausgaben, die ausschließlich im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit eines Bilanzierungsobjekts, also lediglic...

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