Tz. 17

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Der IFRS-Abschluss ist grundsätzlich unter Beachtung des Stichtagsprinzips zu erstellen. Demnach sind etwa die Vermögenswerte und Schulden in der Bilanz nach den Verhältnissen zum Ende der Berichtsperiode zu erfassen. Ereignisse, die nach der Berichtsperiode bekannt werden, aber bereits vor dem Ende der Berichtsperiode verursacht wurden (wertaufhellende Tatsachen), sind im Wege eines geänderten oder erstmaligen Wertansatzes noch im aufzustellenden Abschluss (Bilanz, Gesamtergebnisrechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung, Kapitalflussrechnung oder Anhang) zu berücksichtigen (IAS 10.8; zur Aktualisierungspflicht des Anhangs vgl. Tz. 34f.). In IAS 10.9 werden einige (nicht abschließende) Beispiele für wertaufhellende Tatsachen genannt:

  • ein nach der Berichtsperiode ergehendes Gerichtsurteil, das bestätigt, dass die Gesellschaft eine Verpflichtung zum Ende der Berichtsperiode hatte, erfordert eine Anpassung der bisher passivierten Verpflichtung oder eine erstmalige Berücksichtigung der aus dem Urteil resultierenden Verpflichtung als Rückstellung anstatt lediglich der Angabe als Eventualschuld (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Beispiel 10 in IAS 37 Appendix C, wonach bei Ansatz und Bewertung einer Schadenersatzrückstellung auf den Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Freigabe des Abschlusses zur Veröffentlichung abzustellen ist; im Detail vgl. Tz. 18). Die Wertaufhellung kann sich insoweit sowohl auf die Bewertung als auch den Ansatz einer Rückstellung beziehen. Ebenfalls als wertaufhellend wird im obigen Sinne ein nach dem Abschlussstichtag geschlossener Vergleich über einen anhängigen Rechtsstreit einzustufen sein (vgl. Ohmen/Seidler, BB 2015, S. 3054);
  • der Erhalt von Informationen nach der Berichtsperiode über die Werthaltigkeit von Vermögenswerten, die zu einem Wertberichtigungsbedarf bzw. zur Anpassung einer bereits vorgenommenen Wertberichtigung führen; zB

    • bestätigt die Insolvenz eines Schuldners nach der Berichtsperiode idR, dass die Bonität des Schuldners bereits am Ende der Berichtsperiode beeinträchtigt war und dass daher eine Anpassung des Buchwerts vorzunehmen ist; soweit die Insolvenz des Schuldners jedoch (allein) auf ein Ereignis nach der Berichtsperiode zurückzuführen ist (was wohl in der Praxis eher eine Ausnahme sein wird), zB die Zerstörung von dessen Produktionsanlagen durch ein Feuer nach der Berichtsperiode, liegt uE in Einklang mit den handelsrechtlichen Vorschriften ein wertbeeinflussendes Ereignis vor mit der Folge, dass in diesem Fall keine Anpassung des Buchwerts vorzunehmen ist (so auch Ernst & Young, IGAAP 2022, Ch. 33, 3.3.; Ohmen/Seidler, BB 2015, S. 3053); zu den sich hieraus ggf. ergebenden Angabepflichten vgl. Tz. 36f. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall des Zahlungseingangs auf eine wertberichtigte Forderung; auch hier wird der Zahlungseingang nach dem Ende der Berichtsperiode regelmäßig als ein Indiz für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners am Ende der Berichtsperiode zu werten sein.
    • können Verkäufe von Vorräten nach der Berichtsperiode als Anhaltspunkte zur Ermittlung des Nettoveräußerungserlöses dieser Vorräte zum Ende der Berichtsperiode herangezogen werden (zB Verkauf von "Ladenhütern" oder Saisonware nach der Berichtsperiode zu einem niedrigeren Verkaufspreis; vgl. auch IAS 2.30, wonach Preis- und Kostenänderungen im Zusammenhang mit wertaufhellenden Tatsachen bei der Ermittlung des Nettoveräußerungserlöses zu berücksichtigen sind). Das Problem hierbei ist, zu bestimmen, warum die Verkaufserlöse gefallen sind, dh., ob Auslöser Bedingungen sind, die bereits am Ende der Berichtsperiode existierten oder erst danach eingetreten sind. Insoweit ist die Einstufung als wertaufhellend oder -begründend zT ermessensabhängig. Fallen Preise nach der Berichtsperiode etwa aufgrund eines zunehmenden Wettbewerbs bzw. des Eintritts eines neuen Wettbewerbers oder aufgrund der Einführung eines neuen Produktes eines Wettbewerbers, so erscheint es eher unwahrscheinlich, dass diese Entwicklungen "über Nacht" eingetreten sind, sondern diese Entwicklungen zeigen eher Bedingungen an, die bereits zum Ende der Berichtsperiode bestanden. Eine Abwertung kommt infolge gefallener Verkaufspreise dagegen bspw. nicht für commodities oder handelbare Wertpapiere in Betracht, für die es einen entsprechenden aktiven Markt gibt (siehe hierzu Ernst & Young, IGAAP 2022, Ch. 33, 3.1.; vgl. auch Tz. 21);
    • die nach der Berichtsperiode vorgenommene Ermittlung der Anschaffungskosten bzw. Verkaufserlöse von vor dem Ende der Berichtsperiode erworbenen bzw. verkauften Vermögenswerten;
    • die nach der Berichtsperiode vorgenommene Ermittlung der Höhe von Gewinn- oder Erfolgsbeteiligungen, soweit die Gesellschaft aufgrund von Ereignissen der Vergangenheit zum Ende der Berichtsperiode rechtlich oder faktisch dazu verpflichtet war, solche Leistungen zu gewähren (vgl. auch IAS 19.19 und IAS 19.22(b)). Dies betrifft auch Verpflichtungen, die vom Periodenergebnis des (noch zu genehmigenden) Abschlusses ...

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