Tz. 28

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Gemäß IAS 37.14 sind Rückstellungen zu passivieren, wenn die folgenden drei Ansatzkriterien kumulativ erfüllt sind:

  • ein Unternehmen hat aus einem Ereignis der Vergangenheit eine gegenwärtige Verpflichtung;
  • der Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist wahrscheinlich, und
  • die zuverlässige Schätzung der Höhe der Verpflichtung ist möglich.
 

Tz. 29

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Wenn auch nicht ganz wortgleich, so stimmen diese Ansatzkriterien für Rückstellungen gem. IAS 37 dennoch weitgehend mit den allgemeingültigen Passivierungskriterien für Schulden des framework 2010 überein (vgl. ähnlich ADS Int 2002, Abschn. 18, Tz. 30, sowie Theile, 2019, Rz. 26.7.). Eine Anpassung der Ansatzkriterien für Rückstellungen in IAS 37 an die Passivierungskriterien des framework 2018 (vgl. dazu IFRS-Komm., Teil A, Kap. II., Tz. 96–119) ist bisher nicht erfolgt. Anders als im Fall der Definition einer "Schuld" in IAS 37.10 (vgl. Tz. 15) wurde in IAS 37.14 keine Fußnote ergänzt, in der auf die fehlende Anpassung an das framework 2018 explizit hingewiesen wurde. Eine Anpassung an das überarbeitete framework 2018 erfolgte indes bisher auch nicht. Es bleibt abzuwarten, ob im Rahmen des Projekts "Provisions – Targeted Improvements", welches im Januar 2020 auf die Agenda des IASB gesetzt wurde (vgl. Tz. 3), eine stringente Anpassung der Ansatzkriterien an das framework 2018 erfolgt.

Im framework 2010 wird die Passivierungsfähigkeit von Schulden respektive Rückstellungen zweistufig geregelt. In der ersten Stufe ist zunächst zu prüfen, ob eine Schuld iSd. Definition des framework 2010 vorliegt. Eine Schuld wird im framework 2010 definiert als eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens resultierend aus Ereignissen der Vergangenheit, für deren Erfüllung erwartet wird, dass aus dem Unternehmen Ressourcen abfließen, die wirtschaftlichen Nutzen verkörpern (F.4.4 (b) (2010)). Diese erste Stufe des Ansatzes von Schulden im framework 2010 ähnelt dem ersten Ansatzkriterium gem. IAS 37.14. So wird in IAS 37 wie im framework 2010 verlangt, dass die Komponenten "gegenwärtige Verpflichtung" und "Resultat aus vergangenen Ereignissen" vorliegen. Die weitere Definitionskomponente für eine Schuld iSd. framework 2010, der erwartete Nutzenabfluss, wird im ersten Ansatzkriterium von IAS 37 allerdings nicht angeführt. Der Verzicht auf diese Definitionskomponente bedeutet indes keine inhaltliche Differenz, da entsprechend dem zweiten Ansatzkriterium des IAS 37 ein Nutzenabfluss nicht nur erwartet wird, sondern dieser wahrscheinlich sein muss.

Dieses zweite Ansatzkriterium gem. IAS 37 entspricht dem ersten Ansatzkriterium der zweiten Stufe der Passivierungsfähigkeit von Schulden iSd. framework 2010. So ist für die Passivierung von Schulden iSd. framework 2010 in einem zweiten Schritt – sofern eine Schuld vorliegt – zu untersuchen, ob die folgenden zwei Ansatzkriterien kumulativ erfüllt sind (F.4.38 (2010) iVm. F.4.46 (2010)):

  • Es ist wahrscheinlich, dass sich aus der Erfüllung einer gegenwärtigen Verpflichtung ein direkter Abfluss von Ressourcen ergibt, die künftigen wirtschaftlichen Nutzen enthalten, und
  • der Wert der Verpflichtungen respektive der Erfüllungsbetrag kann verlässlich ermittelt werden.

Das zweite Kriterium der zweiten Stufe des framework 2010 (Bewertbarkeit) entspricht dem dritten Ansatzkriterium von IAS 37, wobei der Wortlaut des dritten Ansatzkriteriums in IAS 37 den Besonderheiten der Rückstellungen besser Rechnung trägt und damit bereits konkreter ist als das allgemeine Ansatzkriterium des framework 2010.

 

Tz. 30

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Sofern eines der Ansatzkriterien von IAS 37 nicht erfüllt wird, besteht ­keine passivierungsfähige Rückstellung. Vielmehr werden solche nicht passivierungsfähigen Rückstellungen als Eventualverbindlichkeiten definiert (vgl. auch Tz. 21 ff.). Sofern die Wahrscheinlichkeit des Abflusses von Ressourcen nicht nur gering ist, sind verschiedene Anhangangaben über die Eventualverbindlichkeiten verpflichtend. Ist die Wahrscheinlichkeit des Nutzenabflusses hingegen lediglich gering, sind die Eventualverbindlichkeiten überdies nicht angabepflichtig (vgl. Tz. 62 ff.).

 

Tz. 31

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Die Erfassung von ungewissen Verpflichtungen in der Bilanz oder zumindest im Anhang kann systematisch mithilfe des folgenden Ablaufschemas (s. Abbildung 1) geprüft werden.

Abb. 1: In Anlehnung an IAS 37, Anh. B; vgl. auch Ernsting/von Keitz, DB 1999, S. 2484

 

Tz. 32

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Zusätzlich zu den grundsätzlichen Ansatzvorschriften des IAS 37 für sämtliche ungewisse Verpflichtungen enthält IAS 37 für drei Arten von ungewissen Verpflichtungen weitere konkrete Vorschriften bzw. Erläuterungen:

  • künftige betriebliche Verluste (vgl. Tz. 71 ff.);
  • belastende Verträge (vgl. Tz. 75 ff.);
  • Restrukturierungsmaßnahmen (vgl. Tz. 82 ff.).

Darüber hinaus wird in folgenden Interpretationen unter Rückgriff auf IAS 37 der Ansatz ausgewählter Sachverhalte/Frage...

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