Tz. 68

Stand: EL 30 – ET: 09/2016

Um den Nutzungswert eines Vermögenswerts zu bestimmen, sind die geschätzten künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse im zweiten Schritt mit einem angemessenen Abzinsungssatz zu diskontieren. Im Gegensatz zur unternehmensbezogenen Schätzung der künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse ist der Abzinsungssatz marktbezogen zu ermitteln. Begründet wird dieses Vorgehen damit, dass ein unternehmensbezogener Abzinsungssatz nicht objektiv verifiziert werden kann (IAS 36.BCZ54). Der Abzinsungssatz ist ein Vorsteuersatz, der die gegenwärtigen Markteinschätzungen über den Zeitwert des Geldes und die spezifischen Risiken eines Vermögenswerts widerspiegelt (IAS 36.55). Unter den Risiken ist entsprechend dem investitionstheoretischen Risikobegriff und ebenso wie in der Unternehmensbewertung die Streuung der geschätzten künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse zu verstehen. Eine größere Streuung der erwarteten Mittelzuflüsse und -abflüsse erfordert einen entsprechend höheren Risikozuschlag auf den Abzinsungssatz, da ein risikoaverses Verhalten des Investors unterstellt wird. Um Doppelzählungen zu vermeiden, darf der Abzinsungssatz indes keine Risiken erfassen, die in den Schätzungen der künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse bereits erfasst worden sind (IAS 36.55 iVm. IAS 36.56). Ferner fordert der Standard, dass der Abzinsungssatz unabhängig von der Kapitalstruktur des Unternehmens und unabhängig von der Art der Finanzierung des Vermögenswerts sein muss (IAS 36 Appendix A19).

 

Tz. 68a

Stand: EL 30 – ET: 09/2016

Aus der Basis for Conclusions geht hervor, dass nach Ansicht des IASB ein auf Basis von Nachsteuergrößen ermittelter Nutzungswert einem auf Basis von Vorsteuergrößen ermittelten Nutzungswert zumindest theoretisch entsprechen sollte (IAS 36.BCZ85). Sofern der Abzinsungssatz, wie in der Praxis üblich, auf der Grundlage einer Betrachtung nach Steuern ermittelt wurde, ist diese Grundlage trotzdem anzupassen und ein für eine Vorsteuerrechnung zutreffender Abzinsungssatz zu ermitteln (IAS 36.55 iVm. IAS 36 Appendix A20).Anhand eines Beispiels in IAS 36.BCZ85 werden zwei Ermittlungsmethoden gezeigt, um einen Nachsteuersatz in einen Vorsteuersatz umzuwandeln. Eine Möglichkeit ist, den Nachsteuersatz hochzurechnen, um so einen fiktiven Vorsteuersatz zu ermitteln. Bei dieser Methode wird der Nachsteuersatz dividiert mit dem Term (1 – Steuerquote). Allerdings betont das IASB, dass der auf diese Weise hochgerechnete Nachsteuersatz nicht immer dem Vorsteuersatz entspricht (IAS 36.BCZ85). Eine Identität ist hier nur gegeben für den Fall im Zeitablauf konstanter Cashflows (also im einfachen Rentenfall, vgl. IDW RS HFA 40, Tz. 53). Bei in der Planungsperiode schwankenden Cashflows sollte der Vorsteuersatz hingegen mithilfe eines iterativen Verfahrens bestimmt werden (vgl. IDW RS HFA 40, Tz. 53). Üblicherweise wird der Nutzungswert hierbei direkt unter Anwendung von Nachsteuergrößen berechnet und anschließend iterativ unter Berücksichtigung des Ergebnisses aus der Nachsteuerrechnung ein "echter" Vorsteuersatz (real pre-tax rate) ermittelt (IAS 36.BCZ85). Allerdings erschöpft sich die Funktion des iterativen Verfahrens darin den Vorsteuersatz für Zwecke der Anhangangaben zu generieren (vgl. KPMG, Tz. 3.10.310.25).

 

Tz. 69

Stand: EL 30 – ET: 09/2016

Ein marktbezogener Abzinsungssatz ist die Rendite, die ein Investor für eine vergleichbare Finanzinvestition verlangen würde. Unter einer vergleichbaren Finanzinvestition ist nach IAS 36 eine Investition zu verstehen, die dem zu prüfenden Vermögenswert hinsichtlich der Höhe, der zeitlichen Abfolge und den erwarteten Risiken der künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse entspricht (IAS 36.56). Zunächst sollte das Unternehmen versuchen, den Abzinsungssatz eines Vermögenswerts aus dem Satz abzuleiten, der bei gegenwärtigen Markttransaktionen für vergleichbare Vermögenswerte verwendet wird(IAS 36.56 iVm. IAS 36.BCZ55). Dieses Vorgehen beruht auf der Konzeption des IAS 36, den Transaktionspreis vergleichbarer Vermögenswerte als Barwert der geschätzten künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse zu interpretieren (IAS 36.BCZ11). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Abzinsungssatz aus den gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten eines börsennotierten Unternehmens, das einen Vermögenswert (oder einen Bestand an Vermögenswerten) mit einem vergleichbaren Leistungspotenzial und Risiko besitzt, abzuleiten (IAS 36.56 iVm. IAS 36 Appendix A16).

 

Tz. 69a

Stand: EL 30 – ET: 09/2016

Kann der Abzinsungssatz nicht auf diese Weise bestimmt werden, hat das Unternehmen den vermögenswertspezifischen Abzinsungssatz auf einer anderen Grundlage zu ermitteln, die eine möglichst marktbezogene Beurteilung der künftigen Entwicklung des Zeitwerts des Geldes und der zeitlichen und betragsmäßigen Risiken der künftigen Mittelzuflüsse und -abflüsse des Vermögenswerts erlaubt (IAS 36.57 iVm. IAS 36 Appendix A16). Als mögliche Ausgangspunkte für eine derartige indirekte Ermittlung eines marktbezogenen Abzin...

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