Tz. 96

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

IAS 12 (2000) liegt als Abgrenzungskonzept die (bilanzorientierte) liability-Methode zugrunde. Entsprechend diesem Konzept sind zur Berechnung der Steuerlatenzen grundsätzlich künftige Steuersätze anzuwenden. Im Einzelnen gilt dabei Folgendes:

 

Tz. 97

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

1) Für tatsächliche Steuerschulden und -guthaben, welche die laufende Periode oder frühere Geschäftsjahre betreffen, ist grundsätzlich der Betrag der entstandenen Steuerschuld bzw. -forderung anzusetzen. Dabei sind der Steuersatz bzw. die Steuergesetze zugrunde zu legen, die am Bilanzstichtag in Kraft sind bzw. deren Inkrafttreten am Bilanzstichtag mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann (substantively enacted; IAS 12.46). Die Frage, ob bei Vorliegen eines gespaltenen Steuersatzes für die Bemessung des Steueraufwands der Ausschüttungsvorschlag oder der Ausschüttungsbeschluss der zuständigen Organe heranzuziehen ist, relativiert sich durch die Einführung des Teileinkünfteverfahrens in Deutschland, da hierdurch das Anrechnungsverfahren (und damit auch der gespaltene Körperschaftsteuersatz) abgeschafft wurde. Nach IAS 12.52B wäre der Ausschüttungsbeschluss maßgebend. Dieses hat allerdings Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Berücksichtigung der Steuerabgrenzung. Nach IAS 12.52B ist die Abgrenzung erst im Jahr des Beschlusses zu berücksichtigen, während die Abgrenzung im HGB schon in das Ergebnis des den Unterschied betreffenden (Vor-)Jahres einzurechnen ist (vgl. Walter, S. 847f.).
 

Tz. 98

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

2) Künftige Steuersätze, dh. die bei Auflösung der temporary differences zu erwartenden geltenden Steuersätze, sind anzuwenden für die Abgrenzung latenter Steuerverbindlichkeiten und -guthaben. Die zu erwartenden künftigen Steuersätze sind dabei auf der Grundlage der Steuersätze und Steuergesetze festzulegen, die zum Bilanzstichtag in Kraft sind bzw. deren Inkrafttreten mit hinreichender Sicherheit angenommen werden kann (substantively enacted; IAS 12.47). Grundlage für Letzteres sind bereits für die Zukunft beschlossene Gesetzesänderungen. In Deutschland ist dafür die Zustimmung des Bundesrates (und nicht erst die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten) ausreichend (vgl. Walter, S. 859).
 

Tz. 98a

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

3) Umbewertungseffekte aus der Änderung des Steuersatzes für die Bewertung der latenten Steuerpositionen sind gemäß IAS 12.60 ergebniswirksam zu verrechnen, sofern auch die Entstehung der latenten Steuer ergebniswirksam erfolgte.
 

Tz. 99

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

4) In den Fällen, in denen sich der Steuersatz mit der Höhe des zu versteuernden Einkommens verändert, ergibt sich ein exakt nicht zu lösendes Prognoseproblem. IAS 12.49 fordert hier den Ansatz eines durchschnittlichen Steuersatzes, der sich bei Annahme eines voraussichtlichen steuerpflichtigen Einkommens im Zeitpunkt der Auflösung der temporary difference ergibt. Aufgrund der aktuellen Rechtssituation ergibt sich die Problematik eines progressiven Steuertarifs für nach deutschem Steuerrecht veranlagte Unternehmen nicht. Die Einkommensteuer, die einem progressiven Tarif unterliegt, betrifft im Bereich der Personenhandelsgesellschaften und Einzelfirmen die Sphäre der Gesellschafter und ist deshalb für den Ansatz latenter Steuern irrelevant.
 

Tz. 100

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

5) IAS 12 enthält auch eine Bestimmung zur Behandlung einbehaltener Kapitalertragsteuern. Da diese nicht das Unternehmen finanziell belasten, sondern zu Lasten der Ausschüttung abgeführt werden, sind sie als Bestandteil der Dividende direkt dem Eigenkapital zu belasten (IAS 12.65A). Folgendes Beispiel soll diese Vorgehensweise verdeutlichen: Ein Tochterunternehmen zahlt seiner Konzernmutter eine Dividende in Höhe von 100 GE. Eine vorhandene Quellensteuer führt jedoch dazu, dass die Mutter nur 95 GE erhält, der Saldo von 5 GE wird von den Steuerbehörden einbehalten. Gemäß IAS 12.65A ist die Quellensteuer (5 GE) mit dem Eigenkapital als Teil der Dividende zu verrechnen. Auf Ebene des Tochterunternehmens wird also die Brutto-Dividende mit dem Eigenkapital verrechnet. Im Konzernabschluss stellt der Betrag der einbehaltenen Quellensteuer jedoch tatsächlichen Steueraufwand dar.
 

Tz. 101

Stand: EL 39 – ET: 11/2019

6) Bei der Bemessung des Steuersatzes für latente Steuern im internationalen Konzernabschluss stellt sich die weitere Frage, ob der Steuersatz des bilanzierenden Mutterunternehmens, des betroffenen Tochterunternehmens oder ein durchschnittlicher Konzernsteuersatz gewählt werden soll (vgl. auch Bella­vite-Hövermann/Prahl, 1997, S. 96f.). IAS 12 enthält keine explizite Vorschrift zum Steuersatz im Konzern. Da gem. IAS 12.11für die Berechnung der temporary difference der Steuerwert des betroffenen Vermögenswertes (bzw. der Verbindlichkeit) des jeweiligen Konzernunternehmens heranzuziehen ist (vgl. Tz. 54), ist konsequenterweise auch der jeweilige lokale Steuersatz des betroffenen Konzernunternehmens für die Berechnung der latenten Steuerabgr...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Baetge, Rechnungslegung nach IFRS (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge