Tz. 132

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Bereits für das Geschäftsjahr 1994 hatten einige an deutschen Börsen notierte Aktiengesellschaften den für die Zulassung an internationalen Börsen relevanten Konzernabschluss erstmalig nach den damaligen IAS aufgestellt. Ihnen folgten 1995 weitere multinationale Unternehmen. Dabei wurden verschiedene Wege beschritten. Sie reichten von der mit den IAS übereinstimmenden Ausübung bestehender Ansatz- und Bewertungswahlrechte gemäß HGB und der gleichzeitigen Offenlegung zusätzlicher Informationen im Anhang sowie der Segmentberichterstattung und Kapitalflussrechnung bis zur ausschließlichen Orientierung an den IAS (vgl. Niehus, DB 1995, S. 937ff., S. 1341; Auer, 1998, S. 32f.). Unter Berücksichtigung der Zusammenarbeit zwischen IASB und der IOSCO stellten diese Unternehmen bereits frühzeitig auf die erhoffte und seit Mai 2000 von der IOSCO empfohlene weltweite Anerkennung der IAS als börsentaugliche Rechnungslegungsstandards ab (vgl. Pellens/Fülbier/Ackermann, DB 1996, S. 285).

 

Tz. 133

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Um deutschen Global Players die Möglichkeit zu eröffnen, ihren Abschluss nach IAS oder US-GAAP aufzustellen, wurde 1998 mit dem Kapitalaufnahmeerleichterungs-Gesetz (KapAEG) – ergänzt durch das Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) – deutschen Mutterunternehmen, die einen organisierten Markt iSd. § 2 Abs. 5 WpHG in Anspruch nehmen, "das Wahlrecht eingeräumt, anstelle der Konzernrechnungslegung nach §§ 290315 HGB einen Konzernabschluss und -lagebericht nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen aufzustellen" (Busse von Colbe, 1999, S. 403). Für börsennotierte Gesellschaften sah § 292a HGB in erster Linie nach IAS oder US-GAAP aufgestellte Konzernabschlüsse als befreienden Ersatz für deutsche Konzernabschlüsse vor. Diese Öffnung des deutschen Konzernbilanzrechts erfolgte zur Entlastung von Unternehmen, die den damaligen Auflagen der deutschen (vormals: Neuer Markt) oder US-amerikanischen Börsen entsprechen mussten. Diesen Unternehmen sollte auf diesem Wege eine teurere "und Verwirrung stiftende doppelte Rechnungslegung" (Schildbach, DB 1999, S. 645) erspart werden.

 

Tz. 134

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Als Folge der IAS-Verordnung aus dem Jahr 2002 wurde im Rahmen des Bilanzrechtsrefomgesetzes der vormalige § 315a HGB (heute § 315e HGB) in das dritte Buch des HGB aufgenommen. Die Vorschrift ersetzte § 292a HGB und bildet seit dem 01.01.2005 die deutsche Rechtsgrundlage für die Konzernrechnungslegung nach IFRS. In § 315e Abs. 3 HGB wird zudem die Wahlrechtsausübung der IAS-Verordnung für den Konzernabschluss konkretisiert. Demnach ist für Mutterunternehmen, deren Wertpapiere auf einem geregelten Markt gehandelt werden bzw. die eine Zulassung von Wertpapieren iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG zum Handel an einem organisierten Markt iSv. § 2 Abs. 5 WpHG beantragt haben, die Anwendung der nunmehr IFRS genannten Regelungen verpflichtend (§ 315e Abs. 1 und 2 HGB), während allen anderen Mutterunternehmen ein Wahlrecht zur Anwendung der IFRS im Konzernabschluss eingeräumt wird (§ 315e Abs. 3 HGB). Daneben dürfen separate und isolierte Einzelabschlüsse nach den IFRS anstelle des handelsrechtlichen Jahresabschlusses offengelegt werden. Wird von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht, so sind die IFRS vollständig zu befolgen (§ 325 Abs. 2a und 2b HGB; hierzu ausführlich vgl. IFRS-Komm., Teil A, Kap. III, Tz. 37ff).

Weitere wesentliche Schritte in die Richtung der Internationalisierung deutscher Rechnungslegung stellten die Verabschiedungen des Bilanzrechtsmodernisierungs-Gesetzes (BilMoG) in 2009, das neben der offensichtlichen Verringerung bisheriger Ansatz- und Bewertungswahlrechte im HGB die Übernahme von Ansatz- und Bewertungsregelungen der IFRS in deutsches Recht vornahm, und im Weiteren des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BilRuG) in 2015 dar, das die bisherige 4. und 7. EG-Bilanzierungsrichtlinien modernisierte und ersetzte.

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