Hannes Erler, Strategic Director of Innovation Ecosystems bei Swarovski, berichtete auf der 21. Jahreskonferenz Strategie & Transformation über die Transformation sowie den Open Innovation Ansatz von Swarovski. Erler verbindet in seiner aktuellen Position wissenschaftliche Erkenntnisse rund um Ökosysteme mit der Unternehmenspraxis und versucht, Start-Up Logiken im Unternehmenskontext zu etablieren.
Die Swarovski-DNA
Hannes Erler berichtet zu Anfang seines Vortrags von der Auffassung bzw. dem Gedanken, dass die Innovations-DNA eines Unternehmens in den ersten vier Jahren des Entstehens geprägt werde. Daniel Swarovski entwickelte 1891 eine elektrische Kristallschleifmaschine, meldete in 1892 ein entsprechendes Patent an und gründete 1895 das Unternehmens Swarovski. Swarovski ist also ein Unternehmen, das seine Wurzeln in der Innovation und Neuerfindung hat. Dafür benötige es nach Erler eine Startup DNA nach dem Prinzip "Explore, Experiment and Deliver" – so sei auch Daniel Swarovski damals vorgegangen.
Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmensausrichtung
Ein weiterer, wichtiger Bestandteil der Transformation bei Swarovski ist der neue Markencharakter und insbesondere das Thema Nachhaltigkeit. Im Unternehmen selbst nennt Swarovski diese Unternehmensausrichtung "planet-centric innovation". Diesem Prinzip zufolge sollen alle Bestrebungen des Unternehmens auch einem Nachhaltigkeitsgedanken folgen. Das Grundmaterial von Swarovski, das Kristallglas, ist dafür ein gutes Beispiel. Es baut in seiner Grundversion auf Sand, also einem sehr nachhaltigen und natürlichen Material auf.
Neue Logiken von Ökosystemen
Im November 2015 wurde Swarovski mit dem "Open Innovation Award" der Zeppelin Universität in Deutschland in der Kategorie "Bestes Open Innovation Netzwerk" ausgezeichnet. Dies hat Swarovski sehr dabei geholfen, den Innovationsgedanken im Unternehmen weiter voranzutreiben, insbesondere in der Zusammenarbeit in Netzwerken.
Externe Partner einzubeziehen war für Swarovski nichts Neues, aber dies auf verschiedenen Ebenen der Organisation zu tun und diese Zusammenarbeit in die tägliche Arbeit zu integrieren, erforderte sowohl eine Veränderung der Denkweise als auch den Erwerb neuer Fähigkeiten. Dennoch habe man schnell das enorme Potenzial erkannt, das in der Umwandlung der Ergebnisse aus verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen großer Industrieunternehmen und Forschungsinstituten steckt, und dieses in die eigenen Märkte übertragen.
Strategische Allianzen und Initiativen
Die Abteilung Open Innovation Networks von Swarovski wurde 2013 offiziell gegründet, um eine Grundlage für strategische Allianzen und Initiativen mit Fokus auf technische Innovationen von außen und langfristige Beziehungen zu implementieren. Die Swarovski Open Innovation Journey begann damit, Suchfelder öffentlich zu machen, um sich Wissen aus unterschiedlichen Industrien in das Unternehmen zu holen. Ziel war es, mit Unternehmen zu kooperieren, die bereit waren, ihre Entwicklungen mit Swarovski zu teilen. Aus dieser Open Innovation Strategie heraus konnte ein neues Netzwerk an Partnerschaften, insbesondere im Bereich Materialienproduktion gebildet werden.
Open Innovation
Der Begriff Open Innovation stammt von dem US-Amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Henry William Chesbrough und beschreibt Open Innovation als ein Paradigma, das davon ausgeht, dass Firmen sowohl externe als auch interne Ideen sowie interne und externe Wege zum Markt nutzen können und sollten, um ihre Technologien voranzutreiben. Das Innovationsökosystem von Swarovski verbindet die Ökosysteme von Wissenschaft und Wirtschaft miteinander (s. Abbildung oben). Dabei werden die folgenden Schritte chronologisch verfolgt:
- Want,
- Find,
- Get und
- Manage.
Übersetzt bedeutet dies, dass die Fragestellungen "was suche ich?", "was will ich finden?", "was bekomme ich?" und "wie manage ich es?" beantwortet werden.
Wissenschaft und Wirtschaft vereinen
Diese Innovationsökosysteme bestehen immer aus zwei Bereichen und folgen einer gewissen Ambidextrie. Diese organisationale Ambidextrie beschreibt die Fähigkeit, gleichermaßen effizient und innovativ zu sein und dabei die Wissenschaft (Exploration) mit der Wirtschaft (Exploitation) zu vereinen. Die sogenannten "Science Ecosystems" sind Institute und Universitäten, die etwas Neues erfinden oder Forschung betreiben, aber nicht unbedingt einen kommerziellen Umsetzungsdruck verspüren. Die "Business Ecosystems" hingegen sind geprägt von einem umsetzungsorientierten Denken und müssen aus den Ideen bzw. Innovationen aus den Science Ecosystems einen nachhaltigen, wirtschaftlichen Erfolg schaffen.
Herr Erler betont in seinem Vortrag, dass das Besondere an diesen Prozessen sei, dass jeder bei seinen Kompetenzen abgeholt werde und letztlich die Überlagerung von unterschiedlichen Kompetenzen zu einer Innovation führe. Dies zeigen auch namhafte Publikationen wie beispielsweise diese von Oliver Gassmann, Professor der Universität St. Gallen und Koryphäe im Bereich Innovationsmanagement.
Open Innovation Erfolgsbeispiel - 3D Glasdruck
Ein Erfolgsbeispiel, welches aus dem Open Innovation Model heraus entstanden ist und zeigt, wie man Digitales und Physisches miteinander kombiniert, ist der 3D Glasdruck. Durch den Open Innovation Ansatz ist Swarovski vor einiger Zeit auf ein 3D Glasdruck-Start-up aufmerksam geworden und hat nach einer zweijährigen Experimentier- und Kollaborationsphase die Basistechnologie und Rechte daran übernommen. Zusammen mit Partnern aus dem Innovationsökosystem konnten Maschinen entwickelt werden, die dem digitalen Produktstatus der Zukunft gerecht werden. Diese Innovation ermöglicht es, Digitalisierung, Handwerkskunst sowie Kernkompetenzen von Swarovski zu kombinieren und dadurch auf den Wurzeln der Vergangenheit in die Zukunft zu schreiten. Die absolute Neuheit in der Industrie soll durch Partnerschaften, auch aus anderen Industrien, ein Format bekommen und dabei durch inside-out Prozesse weiter skalieren.
Nicht nur auf internes Wissen setzen
Die Open Innovation Prinzipien von Swarovski zeigen, dass es wichtig ist nicht nur auf internes Wissen zu setzen, sondern den Erfolg auch bei der Integration von Technologien aus anderen Industrien zu sehen und mit innovativen Partnern zusammenzuarbeiten, um Transformationen zu realisieren. Open Innovation ist nicht nur ein wichtiger Treiber für die Beschleunigung von Innovationsprozessen, sondern auch eine Schnittstelle für Inspirationen aus anderen Branchen und für die Zusammenarbeit mit externen Partnern.