Transformation im CFO-Bereich funktioniert nur im Dialog

Die steigende Komplexität der Aufgaben im Finance-Bereich stellt ein Command and Control-Prinzip immer öfter in Frage. Doch welcher Führungsstil ist zukünftig der richtige? Jan-Henrik Lafrentz und Jan von Bibra-Achenbach waren sich einig: Es kann nicht nur einen geben.

Steigende Komplexität erfordert kontinuierliche Anpassungen des Führungsstils

Die Verbreitung digitaler Technologien hat dazu geführt, dass Ideen und Gedanken schneller verteilt werden. Dadurch steigt die Komplexität der individuellen Informationsselektion und darauf müssen Führungskräfte vorbereitet werden. Jan von Bibra-Achenbach (Partner von Coan PartG) hat Jan-Henrik Lafrentz (CFO MAN SE bis Ende September 2019, jetzt CFO Bentley Motors Ltd.) bei der Transformation des Finanzbereichs der MAN SE begleitet. Im Dialog sprechen die beiden über diese Transformation sowie die notwendige Änderung des Führungsstils einer Führungskraft am Beispiel von Lafrentz.

Komplexität hat das Spiel verändert – für immer.

Das ist die erste Kernerfahrung, die Lafrentz und von Bibra-Achenbach diskutieren. Die Komplexität ergibt sich laut Lafrentz durch die zunehmende Vernetzung zwischen Themen, nicht nur im Sinne der Digitalisierung, sondern auch wie politische Rahmenbedingungen sich auf Unternehmen auswirken. Die führt zu einem kontinuierlichen Veränderungsbedarf. Analog zum Fußball gebe es in Unternehmen „heute auch nicht nur immer ein System. Früher hat man das von Spiel zu Spiel verändert, heute macht man das während des Spiels.“ Während der Planungsphasen ist dieser kontinuierliche Veränderungsbedarf besonders zu spüren. Im VW Konzern, wo Lafrentz bis Ende September CFO der MAN SE war, wird mit einem Fünfjahresplan gearbeitet. Jedoch führt die kontinuierliche Veränderung dazu, dass sich während des Planungsprozesses noch Prämissen und Annahmen ändern. Um das zusammen mit den Mitarbeitern anzugehen, muss man die Mitarbeiter auch anders führen. Unterstützt durch von Bibra-Achenbach, führte Lafrentz Retrospektiven mit seinem Führungsteam bei MAN durch. In diesen regelmäßigen Terminen wurden Programme zum Beispiel anhand der Komplexitätsmatrix von Boos und Mitterer eingestuft und der Führungsstil dafür individuell angepasst:

  • Stabile und einfach einzuordnende Programme können über „Command and Control“ gemanagt werden,
  • Programme mit hoher Vielfalt und Volatilität dagegen über ein übergeordnetes Leitbild inklusive Sinn und Werte.

Dieses gemeinsame Reflektieren soll auch helfen, dass das Führungsteam mehr mitdenkt, reflektiert und sich aktiv einbringt. Um die Kommunikation im Team dann über die Ebenen hinaus zu erleichtern helfen agile Ansätze.

Offener Austausch als Kernstück einer modernen und agilen Führung

Agilität braucht Disziplin – neue Ansätze brauchen Erdung.

Um agiler zu führen müssen aber auch neue Methoden diszipliniert ausprobiert und zu Ende geführt werden. Dies erläuterten die beiden Vortragenden am Beispiel eines Strategieworkshops bei der MAN. Hier hatten 40 Führungskräfte zwei Tage lang einen Strategieworkshop in Sprints abgehalten. Dabei war ein Sprint ein Iterationszyklus der Strategieerarbeitung. Der CFO moderierte und managte lediglich diesen agilen Prozess. Dadurch nahm er inhaltlich weniger an der Diskussion teil, schaffte aber Freiräume für die Ideen seines Führungsteams. Das Ergebnis war aus seiner Sicht belastbarer, kam schneller zustande und benötigte weniger Berater als der bisherige Strategieprozess. Dabei fiel es Ihm nicht einfach sich inhaltlich weniger einzubringen. Ohne diese Zurückhaltung hätte er diesen Prozess jedoch nicht zu Ende durchführen können. Hier betonte von Bibra-Achenbach, dass es wichtig sei, neue Methoden diszipliniert zu Ergebnissen zu führen.

Selbstorganisiertes Team statt „Alphatier-CFO“

Eine weiteres Diskussionsthema war das Schaffen neuer Bürowelten. Dies führe nur zum Erfolg, wenn auch die Arbeitsweise angepasst wird und Informationen transparenter geteilt werden. Über die anfangs beschriebene Komplexität führen kleine Veränderungen in einem Teil des Systems potentiell zu großen Änderungen in einem anderen. Durch stärkere Transparenz kann ein Team schneller und intuitiver reagieren. Dafür muss man als Führungskraft aber loslassen und Mitarbeiter selbst machen lassen. Dies funktioniere aber laut Lafrentz aber nur, wenn die richtigen Mitarbeiter im Team sind, die wiederum ihre Teams langfristig in die richtige Richtung steuern. „Das richtige Team erkennt man daran, dass es sich selbst organisiert.“ Durch diese Autarkie verändere sich allerdings auch die Rolle des CFOs selbst. Er ist nichtmehr das „Alphatier“, das alleine jede Entscheidung treffen kann und muss. Vielmehr ist es die Kernaufgabe der modernen Führungskraft, die Kommunikation im Team zu fördern, Transparenz zu schaffen, zu moderieren und den Transformationsprozess ständig in Gang zu halten, den Transformationsprozess der Organisation und den Transformationsprozess der Führungskraft und ihres Führungsstils.

Haufe Online Redaktion