Controlling als strategischer Partner der Supply Chain


Controlling als strategischer Partner der Supply Chain

Der Congress der Controller 2025 stellte unter dem Motto "Global Competition" die strategische Rolle des Controllings im internationalen Wettbewerb in den Mittelpunkt. Sabrina Bouchenak, Partnerin bei BCG, zeigte in ihrem Vortrag, wie sich Controlling in der Supply Chain vom operativen Zahlenwerk zum strategischen Steuerungsinstrument wandelt – als Antwort auf Disruption, geopolitische Risiken und steigende Transparenzanforderungen.

Congress der Controller 2025

Der globale Wettbewerb stellt Unternehmen wie Controller gleichermaßen vor neue, komplexe Herausforderungen. Auf dem Congress der Controller 2025 widmete sich der Themenschwerpunkt "Global Competition" genau dieser Realität und zeigte, wie das Controlling zur strategischen Navigation in einem zunehmend widersprüchlichen Umfeld beitragen kann. Die Veranstaltung fand am 28. und 29. April 2025 in München statt.

Im Mittelpunkt der Vorträge standen die Neuausrichtung der Controlling-Funktion zur Unterstützung der Wertschöpfung, die wachsende Bedeutung globaler Lieferketten für die Wettbewerbsfähigkeit sowie konkrete Einblicke in die strategischen Antworten eines Automobilzulieferers auf weltweite Marktveränderungen. Gemeinsam machten die Beiträge deutlich: Wer international bestehen will, muss Controlling nicht nur operativ, sondern auch als gestaltende Kraft im Unternehmen verstehen.

In dieser Serie werden wichtige Erkenntnisse aus drei Vorträgen zusammengefasst und vorgestellt - wie nachfolgend der Vortrag von Sabrina Bouchenak, Partnerin, The Boston Consulting Group:

Controlling in der Supply Chain

Auch die Rolle des Controllings in der Supply Chain erlebt einen tiefgreifenden Wandel, wie Sabrina Bouchenak hervorhebt. Lieferketten haben sich durch geopolitische Risiken, volatile Märkte und gestiegene Kundenerwartungen von operativen Prozessen zu strategischen Hebeln entwickelt. Heute sind Geschwindigkeit, Resilienz, Effizienz und Transparenz in der Lieferkette nicht nur operative Kennzahlen, sondern zentrale Wettbewerbsvorteile.

Disruption ist das neue Normal

Lieferketten stehen heute unter massivem Druck. Politische Spannungen, neue Handelsbarrieren – wie die 2025 eingeführten US-Zölle – und wirtschaftliche Unsicherheiten zwingen Unternehmen weltweit dazu, ihre Beschaffungs- und Produktionsstrategien neu auszurichten. Gleichzeitig erwarten Kunden und Regulierungsbehörden mehr Transparenz, Nachhaltigkeit und Liefertreue. All das führt dazu, dass Supply Chains nicht mehr nur operative Einheiten sind, sondern strategische Erfolgsfaktoren.

BCG-Daten zeigen: Unternehmen mit leistungsfähigen Lieferketten erzielten im Vergleich zu ihren Wettbewerbern deutliche Gewinnzuwächse. Es verdeutlicht sich: Wer seine Supply Chain beherrscht, kann schneller reagieren, effizienter wirtschaften und Wettbewerbsvorteile realisieren.

Zentrale Veränderungen im Supply Chain Management

Hier wird Controlling zum strategischen Partner der Supply Chain: Es schafft Transparenz über Leistung und Kosten, unterstützt durch Szenarioanalysen Entscheidungen, trägt zur Risikosteuerung bei und hilft, Zielkonflikte, etwa zwischen Kosten und Service oder Effizienz und Widerstandsfähigkeit, zu moderieren. Zudem ist es in der Lage, durch vorausschauende Planung, Rolling Forecasts und datengestützte Analysen die Zukunft aktiv mitzugestalten. Damit leistet das Controlling einen entscheidenden Beitrag zur Resilienz und Anpassungsfähigkeit der Lieferkette.

Vier entscheidende Fähigkeiten der Lieferkette

Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit sind vier Fähigkeiten entscheidend (vgl. folgende Abbildung):

Die vier entscheidenden Fähigkeiten der Lieferkette

  1. Resilienz und Anpassungsfähigkeit – schnelle Reaktion auf Störungen: Unternehmen müssen in der Lage sein, schnell und effektiv auf Störungen zu reagieren – sei es durch geopolitische Konflikte, Lieferengpässe oder Nachfrageschwankungen. Das bedeutet: robuste Prozesse, flexible Liefernetzwerke und die Fähigkeit, in Echtzeit umzuplanen.
  2. Kosteneffizienz mit Agilität – Gesamtwert statt niedrigstem Preis: Der klassische Fokus auf den niedrigsten Preis ist überholt. Stattdessen geht es heute darum, den Gesamtwert einer Entscheidung zu optimieren – etwa durch kürzere Reaktionszeiten, bessere Servicelevels oder geringere Risiken. Agilität und Wirtschaftlichkeit schließen sich nicht aus, sie bedingen einander.
  3. Transparenz und Risikomanagement – lückenlose Sichtbarkeit: Nur wer seine gesamte Lieferkette durchgängig im Blick hat, kann Risiken frühzeitig erkennen und gegensteuern. Moderne Unternehmen setzen auf End-to-End-Transparenz, digitale Dashboards und proaktive Risikomodelle – und machen so Unsicherheiten beherrschbar.
  4. Datenbasierte Entscheidungen – Verbindung von SC- und Finanzkennzahlen: Zukunftsfähige Unternehmen verknüpfen operative und finanzielle Daten, simulieren Szenarien und treffen Entscheidungen auf Basis fundierter Analysen. Gerade hier wird das Controlling zur zentralen Schnittstelle – es verbindet Lieferketten-Performance mit finanzieller Steuerung.

Strategisches Controlling spielt als Steuerungszentrale eine Schlüsselrolle

In einem zunehmend volatilen Umfeld sind Supply Chains kein Selbstläufer mehr. Sie müssen aktiv gesteuert, bewertet und flexibel angepasst werden. Genau hier kommt das Controlling ins Spiel, und zwar nicht als rückblickender Zahlenlieferant, sondern als strategischer Co-Pilot, der die Komplexität der Lieferkette in steuerbare Größen übersetzt.

Das moderne Controlling begleitet sämtliche Wertschöpfungsschritte – vom Einkauf über die Produktion bis zur Auslieferung – mit einem ganzheitlichen Blick auf Kosten, Effizienz und Risiken (vgl. nachfolgende Abbildung). Es ermöglicht:

  • Transparenz in Echtzeit: Durch digitale Dashboards werden operative Kennzahlen wie Durchlaufzeiten, Lagerreichweiten oder Logistikkosten tagesaktuell sichtbar gemacht – und mit finanziellen KPIs wie Deckungsbeiträgen oder Cashflows verknüpft.
  • Fundierte Entscheidungsvorbereitung: Controlling liefert nicht nur Zahlen, sondern fundierte Analysen und Handlungsempfehlungen. Szenarioplanungen – etwa bei Nachfrageeinbrüchen, Preisschwankungen oder Lieferantenausfällen – werden gemeinsam mit SCM und Einkauf entwickelt und bewertet.
  • Risikomanagement mit Weitblick: Ob Währungsrisiken, geopolitische Entwicklungen oder Ausfallrisiken bei Lieferanten – das Controlling quantifiziert diese Unsicherheiten und hilft, Puffer und Notfallpläne finanziell abzusichern.
  • Strategische Ausrichtung: Schließlich achtet das Controlling darauf, dass operative Supply-Chain-Entscheidungen im Einklang mit den übergeordneten Unternehmenszielen stehen. Es hilft, Trade-offs bewusst zu machen – zum Beispiel zwischen Servicegrad und Lagerkosten, oder zwischen Effizienz und Resilienz.

Sabrina Bouchenak betonte hier vor allem die Wichtigkeit einer funktionsübergreifenden Zusammenarbeit des Controllings, um die Transformation der Lieferkette erfolgreich durchzuführen.

Controlling zur Steuerung des Erfolgs der Lieferkette

Best-Practice: Integrierte Planung in der Praxis

Ein Praxisbeispiel zeigt, wie ein deutscher Industriezulieferer durch die Integration von Controlling in seine Planungsprozesse große Fortschritte machte. Ausgangspunkt war ein traditionelles S&OP-Modell, das vor allem operativ ausgerichtet war. Finanzielle Zielsetzungen waren oft abgekoppelt. Durch die Einführung eines integrierten Planungsansatzes, stärkerer Einbindung des Controllings und gemeinsamer Dashboards (IBP-Cockpit) konnte das Unternehmen seine Planungsgenauigkeit um 22 % verbessern, das Working Capital um 11 % senken und operative Maßnahmen direkt auf ihre Margenwirkung hin überprüfen.

In einer Welt voller Unsicherheiten können nur Unternehmen bestehen, die funktionsübergreifend denken und handeln. Die Integration von Controlling in die Steuerung der Lieferkette ermöglicht genau das. Hier wandelt sich die Rolle des Controllings weg vom reaktiven Berichtswesen hin zum Risiko-Antizipator, strategischen Impulsgeber und agilen Planer, der Vorausschau ermöglicht. Denn wer Transparenz schafft, datenbasiert entscheidet und vorausschauend plant, macht seine Organisation nicht nur robuster, sondern auch wettbewerbsfähiger.

Referentin: Sabrina Bouchenak, Partnerin, The Boston Consulting Group

Buchtipp: Controlling im Zeitalter geopolitischer Spannungen

Die makroökonomischen Veränderungen im Spannungsfeld von Globalisierung und Deglobalisierung erfordern strategische Neuausrichtungen der Unternehmenssteuerung. Dazu werden zunächst die geopolitischen Veränderungen analysiert und Auswirkungen auf die Unternehmen in der EU abgeleitet. Konkret empfohlen wird der Auf- und Ausbau der Steuerungsgrundlage ReProFlex. Dazu werden für jede Dimension, Resilienz, Prognosefähigkeit und Flexibilität, die Rolle des Controllings, die Weiterentwicklung etablierter Konzepte sowie die Integration in das Risikomanagement erarbeitet.

Herausgeber: Internationaler Controller Verein

Bestell-Nr.: E01401_47 / ISBN: 978-3-648-18512-4
Umfang: 131 Seiten / Einband: Broschur / Preis: 34,95 € inkl. MwSt.

Weitere Informationen:  Controlling im Zeitalter geopolitischer Spannungen - Resilienz, Prognosefähigkeit und Flexibilität als Steuerungsgrundlage