Ursachen von körperlichen Beschwerden durch Staubsaugen

Die Arbeit mit schweren Arbeitsgeräten wie Staubsaugern verursacht bei vielen Beschäftigten in der Gebäude- bzw. Unterhaltsreinigung physische Beschwerden. Doch in welchen Körperregionen genau finden die meisten Bewegungsabläufe statt, die zu potenziellen Fehlbelastungen führen können? Ein aktuelles Forschungsprojekt ermittelt anhand der Bewegungsprofile von nicht-professionellen Probanden, in welchen Teilen des Körpers die meiste Bewegungsdynamik und damit die höchste Arbeitsschwere beim Staubsaugen erfolgt.

Professionelle Reinigungsarbeiten sind körperlich sehr anstrengend. Die Tätigkeiten müssen oft in gestreckter, gebückter oder kniender Haltung durchgeführt werden. Sehr häufig kommen bei der Gebäudereinigung auch schwere Arbeitsgeräte zum Einsatz. Bei der Bedienung dieser Geräte kann es zu ernsten gesundheitlichen Folgen, beispielsweise Verletzungen oder starken körperlicher Beschwerden kommen. Ein wichtiger Grund für die gesundheitlichen Probleme: Die Griffe an den Arbeitsgeräten oder das Produktdesign allgemein sind nicht an die Größe und die Körpereigenschaften des Anwenders angepasst. Ein anderer Grund sind ständig wiederholende und oft auch asymmetrische Bewegungsabläufe, die zu Fehlbelastungen führen können.

Risikofaktor Staubsauger

Staubsauger sind sowohl bei der beruflichen Anwendung als auch im Haushalt ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Professionelle Reinigungskräfte verwenden einen Staubsauger durchschnittlich 80 bis 120 Minuten pro Tag. Die viele Arbeit damit kann zu Überlastungen des Muskel-Skelett-Systems führen, da sich das Staubsaugen durch ständig wiederholende Bewegungen unter Einsatz des Rumpfes und der Arme auszeichnet. Besonders körperlich belastend ist die Reinigung in Ecken und unter Möbeln, da die Bewegungsläufe hier zumeist asymmetrisch erfolgen. Dadurch können sich Muskel-Skelett-Beschwerden bzw. Schmerzen ergeben, wie Untersuchungen unter anderem bei professionellen Reinigungskräften in Großbritannien gezeigt haben. Bei ihnen wurde das Auftreten von Muskel-Skelett-Beschwerden bei bis zu 74 Prozent der Beschäftigten im Laufe eines Jahres festgestellt. Berufsassoziierte Beschwerden, so konnte eine weitere Studie aus Taiwan ermitteln, äußerten sich bei Reinigungskräften vornehmlich in der Hand bzw. dem Handgelenk (42 %), der Schulter (41 %), dem unteren Rücken (38 %), dem Ellbogen (33 %) und im oberen Rückenbereich (3%).

Forschungsprojekt  „Motion Capture Vacuuming“

Welche der Bewegungsabläufe und Rotationsbewegungen beim Staubsaugen sind aufgrund ihrer besonders großen Dynamik potenzielle Auslöser von Belastungen? Und in welchen Körperregionen findet die meiste Bewegungsdynamik statt? Mit Hilfe von Probanden (nicht professionelle Reinigungskräfte) will ein Forschungsteam des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Frankfurt/Main im Rahmen des Projekts „Motion Capture Vacuuming – MoCapVac“ Antworten auf diese Fragen finden. Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, erste Ergebnisse wurden aber bereits publiziert. Die Forscher untersuchen die Probanden mit den Methoden des „Motion Capturing“, also der Bewegungsanalyse und der Erfassung kinematischer Daten mittels statistischer Verfahren wie dem „Statistical Parametrical Mapping“ und sensorbasierten Bewegungserfassungssystemen, um den Ursachen für die Beschwerden auf den Grund zu gehen. Im Rahmen dieser Studie nehmen Probanden im Alter von 18 - 66 Jahren teil, die sich als gesund beschreiben und weder aktuelle Verletzungen noch einschlägige Erkrankungen, Wirbelsäulendeformationen, versteife Wirbelsäulengelenke sowie genetische Muskelerkrankungen aufweisen. Dabei werden 8 verschiedene Staubsauger von 4 unterschiedlichen Herstellern verwendet, die jeweils auf zwei verschiedenen Bodenbelägen (PVC- und Teppichboden) zum Einsatz kommen.

Bewegungsdynamik beim Staubsaugen

Die ersten Untersuchungen zeigten, dass die Bewegungsprofile beim Saugen in typischer Schrittstellung und Saugrichtung starke Rotationsbewegungen in Hals, Rumpf und Hüfen mit vergleichsweise geringen Bewegungen in der Sagittalebene (gedachte Linie, die den Körper in einen rechten und linken sowie einen unteren und oberen Teil aufteilt) aufwiesen. Im rechten Arm waren starke Veränderungen in der Sagittalebene in Schulter, Ellenbogen und Handgelenk erkennbar. Im Bewegungsablauf schienen die Kopfgelenke und die Halswirbelsäule entgegengesetzt zum Rumpf zu rotieren. Dieses Bewegungsmuster konnte auch auf die Hüften erweitert werden. So rotierten Kopfgelenke, Halswirbelsäule und die rechte Hüfte ähnlich, während der Rumpf und die linke Hüfte entgegenrotierten.

Unterschiede bei Bodenbelägen

Durchaus deutliche Unterschiede waren beim Vergleich der Bodenbeläge zu beobachten. So wurde die Vorwärts- und Rückwärtsbewegung des Rumpfes auf PVC-Boden vorwiegend durch die Hüftgelenke initiiert, beim Teppichboden dagegen deutlich weniger. Weiterhin war die Bewegungsdynamik in der Brustwirbelsäule bei Arbeiten auf PVC aufgrund der damit verbundenen begrenzten Bewegungsmöglichkeiten geringer als in der Hals- und Lendenwirbelsäule.

Gelenkwinkel-Messungen

Weiterhin zeigte sich, dass die Streuung der Gelenkwinkel (als Gelenkwinkel wird der Bewegungsumfang eines Gelenks in Winkelgraden bezeichnet) in den Armen deutlich höher ausfiel ist als in Rumpf und Hüfte. Die Gelenkwinkel in Rumpf und Nacken wiesen dagegen keine Extremwerte auf. Aus ersten Ergebnissen des MoCapVac-Projekts wird deutlich, dass Staubsaugen eine dynamische Tätigkeit mit einer großen Bewegungsvariabilität in den Armen ist, während die Dynamik in Rumpf und Hüfte vergleichsweise gering ist.

Fazit

Die Identifikation gefährdeter Bewegungssegmente kann zukünftig dabei helfen, positiv auf Entwicklung von Muskel-Skelett-Erkrankungen beim Staubsaugen einzuwirken und entsprechende Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung zu entwickeln.

Die wichtigsten Risiken in der Gebäudereinigung

Neben der Ergonomie müssen die Beschäftigten der Branche vor allem auch folgende Risiken beachten:

Absturz von höher gelegenen Arbeitsplätzen: Auf höher gelegenen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen besteht bei Reinigungsarbeiten die Gefahr des Absturzes von Personen auf eine tiefer gelegene Fläche oder einen Gegenstand. Als Absturz gilt aber auch das Durchbrechen durch eine nicht tragfähige Fläche oder das Hineinfallen sowie das Versinken in flüssigen oder körnigen Stoffen.

Stolpern, Rutschen, Stürzen: Auf glatten und feuchten Böden oder auf Treppen können Beschäftigte schnell stolpern oder ausrutschen.

Kontakt mit Gefahrstoffen: Bei der Gebäudereinigung können die Beschäftigten durch den Einsatz von Reinigungs-, Desinfektions- und Pflegemitteln oder durch Tätigkeiten, bei denen Stäube bzw. Aerosole freigesetzt werden, in Kontakt mit Gefahrstoffen kommen.

Elektrischer Strom: Elektrische Wechselspannungen von mehr als 50 Volt stellen immer eine potenzielle Gefahr dar, da sie bei Kontakt mit dem menschlichen Körper Durchströmungen mit tödlichem Ausgang verursachen können. Im Arbeitsbereich sind elektrische Freileitungen oder elektrische Anlagen in Gebäuden anzutreffen, von denen eine Gefährdung ausgehen kann. Weiterhin können Gefährdungen durch Fehler in elektrischen Anlagen, unzureichende Schutzmaßnahmen oder ungeeignete Arbeitsmittel entstehen.

Arbeit auf Leitern: Leitern werden als Arbeitsplätze und als Zugang zu hochgelegenen Arbeitsplätzen genutzt. Der Einsatz von Leitern ist mit einem hohen Risiko verbunden, auch bereits bei niedriger Höhe.

Quelle: Branche Gebäudereinigung. DGUV Regel 101-605.

F. Holzgreve, C. Maurer-Grubinger, L. Fraeulin, E. M. Wanke, D. A. Groneberg, D. Ohlendorf: Motion Capture Vacuuming – MoCapVac: Studienbeschreibung und Zusammenfassung erster Bewegungsanalyseergebnisse, in: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, Online am 8. Juli 2023.

Schlagworte zum Thema:  Ergonomie, Studie, Prävention