Gefährdungsbeurteilung im Büro richtig durchführen

Büroarbeit bedeutet normalerweise Bildschirmarbeit. Anforderungen und Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen sind im Anhang Nr. 6 der Arbeitsstättenverordnung festgelegt. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Büro müssen körperliche, psychische und visuelle Gefährdungen betrachtet und geeignete Maßnahmen festgelegt werden.

Das gilt verbindlich für Bildschirmarbeit am Unternehmensstandort sowie für Telearbeit. Allerdings: Auch im Homeoffice bzw. beim mobilen Arbeiten und unterwegs müssen Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet sein.

Definitionen: Mobiles Arbeiten, Telearbeit, Homeoffice

Beim mobilen Arbeiten wird eine Bildschirmtätigkeit außerhalb der Betriebsstätte ausgeübt, z.B. im Restaurant, Zug oder Hotel.

Telearbeit stellt dabei einen Sonderfall dar. Denn die Arbeitsstättenverordnung definiert Telearbeitsplätze als „vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat“ (§ 2 Abs. 7 ArbStättV).

Obwohl Homeoffice häufig synonym benutzt wird, bedeutet es lediglich die „sporadische, nicht einen ganzen Arbeitstag umfassende Arbeit mit einem PC oder einem tragbaren Bildschirmgerät (zum Beispiel Laptop, Tablet) im Wohnbereich des Beschäftigten …“ (Ausschuss für Arbeitsstätten, ASTA). Obwohl also bisher nur für Telearbeitsplätze verbindliche Regeln nach ArbStättV gelten, sollten diese auch beim Homeoffice berücksichtigt werden.

Welche Gefährdungen gibt es im Büro und bei Bildschirmarbeit?

Mögliche Gefährdungen im Büro und durch Bildschirmarbeit können körperlich, psychisch oder visuell sein. Die DGUV-I 215-410 „Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung“ liefert nützliche Hinweise für die Praxis. Monitore zur Überwachung oder Registrierkassen sind nach dieser Information übrigens keine Bildschirmgeräte. Eine neue ASR A6 „Bildschirmarbeitsplätze“ wird weiter erarbeitet (www.baua.de).

Körperliche Gefährdungen in der Gefährdungsbeurteilung Bildschirmarbeit

Mögliche Gefährdungen im Büro und am Bildschirmarbeitsplatz sind v.a. ungünstige Körperhaltung, einseitige Belastung, Bewegungsmangel sowie unzureichende Arbeitsmittel bzw. Arbeitsorganisation.

Körperliche Belastungen können die Folge sein. Sie wirken sich i.d.R. auf den gesamten Bewegungsapparat aus. Muskel-Skelett-Beschwerden können z.B. die Entstehung des sog. Maus-Arms sein oder Handgelenk, Unterarm, Schulter-Arm-Bereich sowie Hals- und Lendenwirbelsäule betreffen. Auch Kopf- und Nackenschmerzen treten häufig auf. Ursache von Beschwerden können auch Muskelverspannungen sein.

Für Bildschirmarbeitsplatz und Arbeitsmittel gelten deshalb die Grundsätze der Ergonomie: PC, separate Tastatur, Maus und Bildschirm sowie Schreibtisch und Bürostuhl müssen ergonomisch gestaltet und angeordnet sein. Grundsätzlich sollten Smartphone oder Tablet nur für eine kurze Bearbeitung genutzt werden. Und während für längeres Arbeiten ein Notebook und zusätzlich Tastatur, Maus, Bildschirm und geeignete Möbel erforderlich sind, reicht für stundenweises Arbeiten häufig ein Notebook ohne eine derartige zusätzliche Ausstattung aus.

Geeignete Maßnahmen sind u.a. wechselnde Haltungen und regelmäßige Bewegung wie Aufstehen, Ausgleichsübungen oder der Gang zum Drucker.

Psychische Gefährdungen in der Gefährdungsbeurteilung Bildschirmarbeit

Ob eine Belastung zur Beanspruchung wird, ist individuell verschieden, je nach körperlicher und psychischer Konstitution der Beschäftigten. Belastung ist dabei definiert als Gesamtheit der Einflüsse, die im Arbeitssystem auf den Organismus beziehungsweise die Leistungsfähigkeit des Versicherten einwirken. Beanspruchung ist dagegen die individuelle Auswirkung der Belastung auf den Versicherten.

Mögliche psychische Gefährdungen sind – nicht nur für den Bildschirmarbeitsplatz - u.a.

  • Unzufriedenheit mit der Arbeit,
  • monotone Arbeitsinhalte,
  • geringer Handlungsspielraum,
  • Isoliertheit im Einzelbüro oder Lärm im Großraumbüro,
  • hoher Zeitdruck,
  • Arbeitsunterbrechungen von außen,
  • Hitze oder Kälte oder
  • soziale Beziehungen zu Kunden, Kollegen und Vorgesetzten.

Zusätzlich kann Bildschirmarbeit psychisch belastend sein, wenn z.B. verwendete Software für die Arbeitsaufgabe nicht geeignet ist, die Darstellung der Zeichen nicht an eigene Bedürfnisse angepasst werden kann oder Mängel in der ergonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes bestehen. Und schließlich können sich psychische Belastungen körperlich auswirken.

Insbesondere beim Arbeiten im Homeoffice ergeben sich neben Chancen auch beachtliche Risiken. Es besteht u.a. die Gefahr einer höheren Belastung durch entgrenzte Arbeitszeiten. Manche Beschäftigte empfinden auch das Eindringen ins Private als belastend, z.B. bei WebMeetings. Zoom-Müdigkeit bzw. Erschöpfung durch virtuelle Kommunikation und Kooperation kann zu verminderter Konzentration, Ungeduld, erhöhter Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Rücken- und Magenschmerzen bis hin zu Schlafstörungen führen. Technostress entsteht durch Überforderung durch (neue) technische Geräte oder Systeme. Weitere psychische Belastungsfaktoren sind u.a.

  • soziale Isolation,
  • familiäre Aufgaben (z.B. Kinderbetreuung, Homeschooling),
  • ein Gefühl der Dauererreichbarkeit,
  • fehlende oder verkürzte Pausen,
  • fehlende Strukturierung des Arbeitsalltags sowie
  • mangelnde Balance zwischen Arbeit und Freizeit.

Visuelle Gefährdungen in der Gefährdungsbeurteilung Bildschirmarbeit

Die Tätigkeit am Bildschirmarbeitsplatz stellt besondere Anforderungen an Sehschärfe, Ausrichtung und Koordination der Sehachsen. Auch die Fähigkeit des Auges, Gegenstände in unterschiedlicher Entfernung scharf zu sehen wird beansprucht. Da diese Akkommodation mit dem Alter abnimmt, ist die Beanspruchung bei älteren Beschäftigten oft höher als bei jüngeren. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können Kopfschmerzen, brennende und tränende Augen sowie Flimmern vor den Augen sein.

Bildschirme mit störenden Reflexionen, Spiegelungen und Blendungen, reflektierende Tisch- oder Arbeitsflächen, ungenügende Beleuchtung am Arbeitsplatz (mind. 500 lux (ASR A3.4)) sowie Dauerbildschirmarbeit können das Sehvermögen beeinträchtigen. Weitere Kriterien für die Gefährdungsbeurteilung sind v.a.

  • Kontrast zwischen Bildschirm und Arbeitsumgebung,
  • Wärmebelastung,
  • Schärfe und Größe der Text- und Grafikdarstellungen,
  • Zeichen- und Zeilenabstand,
  • Bildflimmern,
  • Verzerrungen,
  • Helligkeit und Kontrast,
  • Größe, Form und Neigbarkeit des Bildschirms sowie
  • Eignung der verwendeten Software.

Wirksame Maßnahmen sind, z.B. die Arbeit am Bildschirm zu unterbrechen und andere Tätigkeiten auszuüben sowie regelmäßige Erholungszeiten einzulegen.

So führt man die Gefährdungsbeurteilung Büro durch

Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchgeführt wird und dabei die physischen und psychischen Belastungen sowie bei Bildschirmarbeitsplätzen die Belastungen der Augen oder die Gefährdung des Sehvermögens berücksichtigen (§ 3 ArbStättV). Dies gilt für Bildschirmarbeitsplätze in der Betriebsstätte sowie für Telearbeitsplätze verbindlich und sollte für alle Formen des mobilen Arbeitens berücksichtigt werden. Dabei werden Arbeitsstätte, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitszeit und Arbeitsumgebung systematisch untersucht und auf Gefährdungen für die Beschäftigten hin überprüft.

Die Gefährdungsbeurteilung muss vor Aufnahme der Tätigkeiten dokumentiert werden. Geforderte Inhalte sind mindestens, welche Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten können und welche Maßnahmen durchgeführt werden, um eine Gefährdung auszuschließen oder zu minimieren. Dies kann z.B. ein zusätzlicher Bildschirm zum Notebook sein oder eine Brille, die dem individuellen Sehvermögen und der Arbeitsaufgabe angepasst ist (Bildschirmarbeitsplatz-Brille). Der Arbeitgeber muss die Kosten dafür übernehmen.

Für den Telearbeitsplatz muss die Gefährdungsbeurteilung bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes erfolgen (§ 1 ArbStättV).

Ziel der Beurteilung ist es, Gefährdungen zu vermeiden und Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern. Maßnahmen müssen den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene und sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen.

Nach ASR V3 muss die Gefährdungsbeurteilung kontinuierlich überprüft und aktualisiert werden. Auch bei wesentlichen Änderungen wie

  • neuen Arbeitsmitteln (auch Software),
  • Umgestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung sowie
  • gesundheitlichen Beschwerden

ist eine erneute Beurteilung erforderlich.

Zu den Pflichten des Arbeitgebers gehört auch, Angebotsvorsorge zu organisieren und Wunschvorsorge zu ermöglichen. U.a. gilt die Arbeitsmedizinische Regel AMR 14.1 „Angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens“.

Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsstätten durchführen

Für Büros mit oder ohne Bildschirmarbeitsplatz empfiehlt sich eine Sicherheitsbegehung, zusammen mit dem Geschäftsführer oder Abteilungsleiter, unterstützt durch Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt, in deren Rahmen die Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsstätte durchgeführt werden kann. Weitere Kriterien hier sind u.a.

  • Größe der Bewegungsfläche,
  • Tageslicht und Sichtverbindung nach außen,
  • Ausführung von Oberflächen, Kanten und Ecken,
  • Standsicherheit der Arbeitsmittel,
  • elektrische Betriebsmittel sowie
  • Anpassbarkeit der Arbeitsmittel an individuelle Bedürfnisse der Beschäftigten.

Checklisten oder geeignete Software erleichtern die Arbeit und ermöglichen eine zuverlässige Dokumentation. Nützliche Arbeitshilfen zur Beurteilung von Bildschirmarbeitsplätzen sind z.B. die Checklisten Bildschirmarbeitsplatz oder Telearbeit und Homeoffice.

Gemäß Anhang Nr. 6 ArbStättV kann damit geprüft werden, ob die Forderungen erfüllt bzw. welche Maßnahmen erforderlich sind, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten. Zur Beurteilung psychischer Belastung kann zusätzlich eine Bewertung durch die Beschäftigten mithilfe standardisierter Erhebungsinstrumente erfolgen.