Gefährdungsbeurteilung digitalisieren

Im Interview mit Cornelia von Quistorp, seit mehr als 30 Jahren als Arbeitsschutzberaterin im überbetrieblichen Dienst in Betrieben aller Branchen tätig, sprach die Haufe Online Redaktion über die Besonderheiten bei Gefährdungsbeurteilungen, über die Form der Dokumentation und die Akzeptanz von digitalen Gefährdungsbeurteilungen in den Unternehmen.
Kerndokument im Arbeitsschutz
Haufe Online Redaktion: Frau von Quistorp, Sie haben Ihre Schwerpunkte auf die Organisationsberatung im Arbeitsschutz, Schulung und Unterweisung, Ergonomie, Brandschutz und Betriebliches Gesundheitsmanagement gelegt. Dadurch haben Sie in Ihrem Alltag auch viel Kontakt mit der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen. Gibt es hier Auffälligkeiten oder Besonderheiten, die Sie in den letzten Jahren beobachten konnten?
Cornelia von Quistorp: Die Gefährdungsbeurteilung ist seit ihrer Etablierung Mitte der 1990er-Jahre unbestritten das Kerndokument im Arbeitsschutz. Das hat sich wirklich durchgesetzt. Aber meiner Meinung nach wird zu oft übersehen, dass Gefährdungsbeurteilungen keinen Selbstzweck haben. Sie sollen Leitlinie und Entscheidungshilfe für unternehmerisches Handeln sein. Dafür ist es wichtig, dass Führungskräfte bereit und in der Lage sind, Gefährdungsbeurteilungen zu lesen und zu verstehen. Also ist nicht etwa die detaillierteste und längste Gefährdungsbeurteilung die beste, sondern die, die für den Arbeitsbereich, der damit umgehen muss, am besten zu handhaben ist.
Digitale Gefährdungsbeurteilungen sind heute Standard
Haufe Online Redaktion: Wie werden die Gefährdungsbeurteilungen meistens durchgeführt? Nutzt die Mehrheit noch Stift und Papier oder wird digital dokumentiert?
Cornelia von Quistorp: Ich kenne kein Unternehmen mehr, in dem wirklich noch mit Klemmbrett und Stift Gefährdungsbeurteilungen dokumentiert werden. Die meisten bearbeiten und verteilen die Dokumente schon elektronisch, aber es sind eben einfache digitale Dokumente, also Word oder Excel. Aktive Systeme, die in der Lage sind, die aufgenommenen Daten wirklich zu verarbeiten und z. B. eine automatische Maßnahmenverfolgung zu generieren, sind noch nicht allzu weit verbreitet.
Digitale Gefährdungsbeurteilungen leichter aktuell zu halten
Haufe Online Redaktion: Was sind die Nachteile von Gefährdungsbeurteilungen in Papierform? Warum sollten die Gefährdungsbeurteilungen digitalisiert werden?
Cornelia von Quistorp: Sagen wir mal so: es gibt gute Gründe, warum Gefährdungsbeurteilungen in echt digitaler Form, also z. B. Datenbanksysteme, sinnvoll sein können. Oft geht es dabei um die Nachvollziehbarkeit. Wenn z. B. ein Unternehmen mit vielen Standorten einen einheitlichen Arbeitsschutzstand sicherstellen möchte, hilft ein solches System viel weiter. Es ist damit auch zuverlässig möglich, Gefährdungsbeurteilungen auf aktuellem Stand verfügbar zu halten, egal von wo aus.
Haufe Onlinetraining GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG DIGITALISIEREN - Was in der Praxis zu beachten ist Die Gefährdungsbeurteilung ist eine verpflichtende Analyse von Gefährdungen an Arbeitsplätzen, deren Form Unternehmen frei wählen können. Früher wurden sie oft auf Papier dokumentiert, doch digitale Lösungen gewinnen an Bedeutung. Das kostenlose Seminar bietet praxisnahe Informationen, Tipps zur digitalen Umsetzung und Raum für Fragen. Termin: 13.3.2025, 10:00 Uhr Preis: kostenlos |
Akzeptanz digitaler Gefährdungsbeurteilungen
Haufe Online Redaktion: Wie groß ist die Akzeptanz, Gefährdungsbeurteilungen zu digitalisieren?
Cornelia von Quistorp: Ich denke, dass das tatsächlich eine Frage der Persönlichkeit und wohl auch des Alters ist. Viele altgediente Fachkräfte, die sich schon zu oft über Datenverarbeitungsprobleme geärgert haben, verspüren nur wenig Lust, sich in ein Datenbanksystem zur Gefährdungsbeurteilung einzuarbeiten, wenn es die Ausdrucke im guten alten Aktenordner doch auch tun. Aber es bleibt dabei: Die Zielgruppe für die Gefährdungsbeurteilung sind eigentlich die Führungskräfte, die damit umgehen müssen. Und da gibt es mehr und mehr, die auf die Vorzüge von intelligenten Datenverarbeitungssystemen nicht verzichten wollen.
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