Bürokratieabbau im Arbeitsschutz

Abschaffung von rund 123.000 Sicherheitsbeauftragten


Abschaffung von rund 123.000 Sicherheitsbeauftragten

Die Bundesregierung hat am 5. November 2025 per Kabinettsbeschluss entschieden, Maßnahmen zum Bürokratieabbau umzusetzen. Dabei wurde auch die Reduzierung der Sicherheitsbeauftragten beschlossen. Kritiker warnen vor einer Gefährdung der Arbeitssicherheit, während die Regierung Effizienzgewinne betont. 

Im Rahmen der Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung hat das Bundeskabinett am 5. November 2025 unter anderem 50 „Eckpunkte“ zur Entlastung von Wirtschaft und Bürgern beschlossen. Diese sollen in erster Linie bürokratischen Aufwand und Kosten deutlich reduzieren. Die Eckpunkte sind wiederum die Grundlage für sogenannte „Entlastungsgesetze“, die in den kommenden Monaten umgesetzt werden. Die Bürokratiekosten für die Unternehmen sollen dadurch um 25 % bzw. rund 16 Milliarden Euro reduziert werden. Die Maßnahmen beim Arbeitsschutz sind dabei besonders umstritten, denn nun wird für Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten die Verpflichtung entfallen, einen Sicherheitsbeauftragten zu bestellen. Größere Unternehmen bis 250 Beschäftigte sollen sich künftig auf einen einzigen Sicherheitsbeauftragten beschränken können. Insgesamt könnten dadurch bis zu 123.000 Sicherheitsbeauftragte wegfallen.

Massive Kritik im Vorfeld

Seit der Ankündigung von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) wurde der geplante Abbau der Sicherheitsbeauftragten scharf kritisiert. Die Kritiker, darunter die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), warfen Bas vor, Bürokratieabbau auf Kosten der deutschen Arbeitsschutzstandards und damit der Sicherheit in den Betrieben vorzunehmen. Die Arbeitsministerin verneinte dies und betonte, dass alle relevanten Arbeitnehmer- und Arbeitsschutzstandards weiter eingehalten werden. In den kommenden Jahren will Bas im Dialog mit der Wirtschaft klären, inwiefern das bisherige Arbeitsschutzrecht noch weiter vereinfacht und entbürokratisiert werden können.

Antreiber Digitalministerium

Auslöser der Entlastungsmaßnahmen waren neben den Festlegungen des Koalitionsvertrags ein regierungsinterner Plan zur Modernisierung und Digitalisierung der Bundesverwaltungen. Dabei sollen bis Ende 2025 erste Maßnahmen in allen Bundesministerien verabschiedet und möglichst auch bereits umgesetzt sein. Initiator des umfassenden Bürokratieabbaus sei vor allem Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) gewesen, der im August in einem Brief alle Bundesministerinnen und -minister aufforderte, bis zum 15. September 2025 Pläne für konkrete Maßnahmen vorzulegen.

Digital anstatt „Schriftform“

Ein wichtiger Punkt des Digitalministers ist dabei die Digitalisierung aller wesentlichen Dokumente. Daher sollen die vielfachen bisherigen Anforderungen an die Schriftform gelockert werden. In Bezug auf die Pläne des Arbeitsministeriums hieße dies unter anderem das Ende der analogen schriftlichen Bestellung von Sicherheitsbeauftragten bzw. der nicht-digitalen schriftlichen Festlegung seiner Aufgaben im Unternehmen. Seit Jahren ist die Abschaffung von „entbehrlichen Formerfordernissen“ und deren Ersetzung durch die Dokumentation in elektronischer Form eine wesentliche Forderung der Arbeitgeberverbände gewesen. 

Druckluftverordnung wird abgeschafft

Ein weiterer Meilenstein der durch Bärbel Bas beschlossenen Änderungen ist auch die Außerkraftsetzung der Druckluftverordnung („Verordnung über Arbeiten in Druckluft“, DruckLV). Das Regelwerk gilt für Arbeiten in Druckluft und soll stattdessen mit seinen unentbehrlichen Teilen in bestehende Arbeitsschutzverordnungen integriert werden. Besonders betroffen von dieser Gesetzesderogation wären Beschäftigte im Tiefbau und in der Metallverarbeitung, wo besonders viel mit Druckluftanlagen und Druckluftbehältern gearbeitet wird.

Druckluftbeauftragte

Druckluftanlagen und Druckluftbehälter müssen regelmäßig überprüft werden. Je nach betrieblichem Kontext können bzw. müssen diese Prüfungen durch einen Spezialisten für die energetische Optimierung von Druckluftanlagen („Druckluft-Spezialist“) oder eine befähigte Person, die für die Prüfung von Anlagen zuständig ist, durchgeführt werden. Bei Letzterem handelt es sich um die „Fachkundige Person/Fachkundiger Druckluftanlagen“, oft auch nur „Druckluftbeauftragter“ genannt. Zu ihren Aufgaben zählen auch wichtige sicherheitsrelevante Maßnahmen wie die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, die Festlegung der daraus resultierenden Schutzmaßnahmen, die Erstellung von Arbeitsanweisungen für die Arbeiten in Druckluft sowie die Erstellung von Prüfprotokollen. Es handelt sich bei ihnen aber nicht um Sicherheitsbeauftragte im eigentlichen Sinne, da Letztgenannte nur eine allgemeine Aufsichtsfunktion in Hinsicht auf den Arbeitsschutz ausüben, beispielsweise die Überprüfung der Schutzausrüstungen der Beschäftigten.

Gefahren könnten steigen

In den vergangenen Jahren gab es mehrere Gerichtsverfahren aufgrund von Explosionen in Druckluftbehältern und -anlagen eingeleitet. Ursache waren dabei oft Fehler bei der Arbeitsvorbereitung oder der Ausführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten, wie etwa die Verwendung ungeeigneter Werkzeuge. Es ist daher durchaus diskutabel, ob durch den Wegfall der befähigten Personen die Sicherheitslage in einschlägigen Unternehmen durch diese Maßnahmen eher schlechter als besser wird.


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