Wertschätzung: Ist-Stand erfassen

Soll das Thema Wertschätzung stärker in den betrieblichen Fokus rücken, steht am Anfang eine Bestandsaufnahme. Dafür bieten sich Interviews mit den Beschäftigten an.

Wenn Unternehmen sich für das Thema Wertschätzung einsetzen wollen, haben sie meist gute Gründe dafür. I. d. R. haben Mitarbeiterbefragungen oder Gefährdungsbeurteilungen ergeben, dass Beschäftigte über Wertschätzungsdefizite klagen.

Sie fühlen sich nicht hinreichend als Mensch gesehen, sondern auf ihre Rolle als Leistungserbringer reduziert. Oder sie finden, dass ihre Leistungen nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich arbeitsbedingte psychosoziale Gesundheitsgefahren, die es zu beseitigen gilt.

Wertschätzung kann man nicht "einführen"

Wertschätzung ist nichts wirklich Neues. Sie ist keine neue Aufgabe für Führungskräfte und sie kommt auch nicht von außen. Man kann sie nicht "einführen" wie ein betriebliches Gesundheitsmanagement. Genauso wenig wie man wertschätzendes Führungsverhalten oder eine wertschätzende Unternehmenskultur oder überhaupt Werte "einführen" kann. Man kann sie auch nicht durch das Verfassen von Leitbildern oder Führungsgrundsätzen ins Unternehmen locken.

Hilfreich ist die Haltung: Wertschätzung ist immer schon da. Man muss sie nur entdecken und ihr zur Entfaltung verhelfen. Das geht, indem man sich über diese Themen austauscht, sich mit den Inhalten auseinandersetzt, zur Reflexion der eigenen Haltung und des eigenen Verhaltens bereit ist und das Augenmerk auf positive Aspekte des Unternehmens, des Teams, des Einzelnen legt.

Wertschätzung zeigen

Man zeigt seine Wertschätzung z. B., indem man die Beschäftigten

- von ihrer Arbeit berichten lässt,

- ihren Anteil am Ganzen spüren lässt,

- ihren Anteil am Ganzen zeigen lässt,

- eine Chance gibt, sich mit ihrer Arbeit zu identifizieren,

- fragt, wie und was sie arbeiten möchten,

- fragt: "Was kann ich dazu beitragen, dass die Arbeit für Sie wichtiger/attraktiver/interessanter wird?".

Es muss darum gehen, Strukturen zu schaffen, die es Führungskräften und Mitarbeitenden erleichtern, sich entsprechend zu verhalten. Das ist das Ziel der im Folgenden vorgestellten Vorschläge.

Datenerhebung

Falls keine entsprechenden Daten vorliegen, kann man in Interviews erheben, wie Beschäftigte derzeit die Wertschätzung(sdefizite) im Betrieb erleben. Der folgende Gesprächsleitfaden hat sich dabei bewährt:

Fragen für das Mini-Interview

„Wir wollen bei der nächsten Mitarbeiterbefragung eine höhere Zufriedenheitsquote beim Thema Wertschätzung. Nun suchen wir Anregungen, was wir alle dazu beitragen können, dass das klappt. Daher haben wir einige Fragen an Sie. Danke, dass Sie sich dafür die Zeit nehmen.

1. Woran merken Sie, dass Sie in unserem Unternehmen wertgeschätzt werden?

2. Bei welchen Erlebnissen hatten Sie in der Vergangenheit das Gefühl, wichtig zu sein für Ihre Führungskraft und für unser Unternehmen insgesamt?

3. Was müsste passieren, damit Sie beim nächsten Mal diesem Punkt in der Mitarbeiterbefragung zustimmen?

4. Wie kann Ihre Führungskraft konkret dazu beitragen, dass Sie diesem Punkt zustimmen?

5. Angenommen, Sie wären der Chef unseres Unternehmens: Was würden Sie tun, damit die Beschäftigten diesem Punkt leichter zustimmen können?

6. Wie tragen Sie selber mit dazu bei, dass sich Ihre Kolleginnen und Kollegen als wichtigstes Kapital fühlen?“

Arbeitskreis Wertschätzung

Die Durchführung dieser Interviews erfordert u. U. die Gründung eines "Arbeitskreises Wertschätzung". Dieser sollte mit Vertretern unterschiedlichster betrieblicher Gruppen besetzt sein und kann aus der Arbeitsschutz-Ausschuss-Sitzung (ASA), ergänzt um einzelne interessierte Mitarbeitende und Führungskräfte, hervorgehen.

Wichtig: Eine Befragung ist eine Intervention

Bei der Befragung handelt es sich bereits um eine Intervention! Dass sich jemand im Betrieb überhaupt mit dem Thema und mit ihnen beschäftigt, wird von den Befragten i. d. R. bereits als Ausdruck von Wertschätzung empfunden.

Allerdings weckt jede Befragung auch Erwartungen. Es müssen weitere Maßnahmen folgen, damit die Befragten nicht den Eindruck bekommen, dass ihr Interview ergebnislos bleibt.