Rz. 11

Grundformen der Patronatserklärung

Patronatserklärungen sind in Konzernstrukturen weit verbreitet und stellen typischerweise Erklärungen einer Muttergesellschaft (Patron) gegenüber den Gläubigern ihrer Tochtergesellschaft (Protegé) mit dem Ziel dar, die Kreditwürdigkeit dieser zu fördern bzw. zu erhalten.[1] Patronatserklärungen stellen daher – wie die Bürgschaft oder die Sicherheitsgestellung – Kreditsicherungsmittel im weiteren Sinne dar. Wie Rangrücktrittsvereinbarungen können Patronatserklärungen zur Abwendung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung eingesetzt werden.

Der Terminus "Patronatserklärung" ist gesetzlich nicht definiert. Aufgrund ihrer konkreten inhaltlichen Ausgestaltung sind Patronatserklärungen verschiedenen Unterkategorien zuzuordnen.[2] Verpflichtet sich die Muttergesellschaft, bestimmte Maßnahmen durchzuführen oder zu unterlassen, so spricht man von "harten" Patronatserklärungen, z. B. Zusagen dergestalt, Tochtergesellschaften mit ausreichend Liquidität oder Kapital auszustatten, sodass sie ihren Verbindlichkeiten aus dem Kreditvertrag nachkommen können.[3] Rechtlich betrachtet handelt es sich bei den harten Patronatserklärungen um einen einseitig verpflichtenden Vertrag zwischen der Patronin und dem jeweiligen Gläubiger der Tochtergesellschaft. Kommt die Patronin der im Rahmen der Patronatserklärung übernommenen Verpflichtung nicht nach, sind sogar Schadensersatzansprüche denkbar.

Enthält die Erklärung der Muttergesellschaft hingegen bloße Darlegungen zur gegenwärtigen Geschäftspolitik (und damit keinerlei Verpflichtungen), so spricht man typischerweise von "weichen" Patronatserklärungen. Häufig werden Patronatserklärungen im Konzernkreis eingesetzt. Häufiger werden Patronatserklärungen in der Praxis jedoch auch von GmbH-Gesellschaftern zugunsten ihrer GmbH abgegeben. Aufgrund der Vielzahl und der unterschiedlichen Erscheinungsformen von Patronatserklärungen unterscheidet IDW RH HFA 1.013 in Rz. 8 und 10 ff. zwischen nachfolgenden Grundkategorien:

Die Muttergesellschaft sagt dem Gläubiger der Tochtergesellschaft zu, für die Dauer des Kreditverhältnisses

  1. das Gesellschaftsverhältnis mit der Tochtergesellschaft beizubehalten,
  2. den Unternehmensvertrag mit der Tochtergesellschaft nicht zu ändern, aufzuheben oder zu kündigen,
  3. die Tochtergesellschaft dahin zu beeinflussen, dass sie ihren Verbindlichkeiten (gegenüber dem Gläubiger) nachkommt,
  4. die Tochtergesellschaft finanziell so ausgestattet zu halten, dass sie ihren Verbindlichkeiten (gegenüber dem Gläubiger) nachkommen kann,
  5. eine bestimmte Kapitalausstattung bei der Tochtergesellschaft aufrechtzuerhalten.

Bei den Grundformen 1 .– 3. handelt es sich danach um weiche Patronatserklärungen. Sie sind nicht auf eine Zahlungsverpflichtung gerichtet, sondern lediglich auf sonstige Handlungen wie Auskünfte, Informationen oder bestimmte Verhaltensweisen. Davon zu unterscheiden sind die Grundformen 4. und 5., die auch als harte Patronatserklärungen bezeichnet werden. Eine harte Patronatserklärung kann rechtlich als ein aufschiebend bedingtes Darlehensversprechen bewertet werden und begründet einen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch.

Des Weiteren ist in der Unternehmenspraxis zwischen internen und externen Patronatserklärungen zu differenzieren. Bei externen Patronatserklärungen kommt es zwischen dem Patron und einem Gläubiger des Protegés zum Abschluss eines Patronatsvertrags. Bei der internenPatronatserklärung handelt es sich hingegen um einen direkten schuldrechtlichen Vertrag zwischen Patron und Protegé.[4]

 

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Berücksichtigung von Patronatserklärungen im Rahmen der Überschuldungsprüfung

Für die Überschuldungsprüfung sind zunächst lediglich harte und interne Patronatserklärungen überhaupt von Relevanz.[5] Dabei ist nach der Bedeutung im Rahmen der Fortbestehensprognose und nach der etwaigen Berücksichtigung im Rahmen der Aufstellung eines Überschuldungsstatus zu unterscheiden.

Die Erstellung einer Fortbestehensprognose wird bei Vorlage einer harten und internen Patronatserklärung zunächst ohne Berücksichtigung der monetären Zuflüsse aus dieser erfolgen. Erst wenn sich nach der Prognoserechnung eine Zahlungsmittelunterdeckung zeigt, ist die Inanspruchnahme aus der Patronatserklärung überwiegend wahrscheinlich und der monetäre Zufluss rechnerisch zu berücksichtigen. In der Regel wird sich dadurch – temporär und betragsmäßig ausreichende Patronatserklärung unterstellt – eine positive Fortbestehensprognose ergeben.

Da der Überschuldungsstatus auf die Realisierbarkeit von Vermögenswerten und Abzug sämtlicher relevanter Schuldpositionen ausgerichtet ist, können nach herrschender Meinung Patronatserklärungen nur unter folgenden Voraussetzungen Berücksichtigung finden:[6]

  • Es handelt sich um interne Patronatserklärungen, die also nicht auf vertraglichen Vereinbarungen mit einzelnen Gläubigern basieren;
  • es handelt sich der Formulierung nach um eine harte Patronatserklärung.

Der BGH führt zur Berücksichtigung von "harten" Patronatserklärungen aus:

"(...)In d...

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