Die vermeintlich einfachere Kundenwertrechnung ist die, die Sie aus Unternehmenssicht vornehmen können oder möglicherweise schon einmal vorgenommen haben. Bei dieser Form der Kundenwertrechnung können Sie Ihre Kunden anhand unterschiedlicher Faktoren bewerten und eine Rangfolge der Kunden erstellen oder die Kunden in Klassen einteilen wie z. B. in Premiumkunden, sehr gute, gute, mittlere und schlechte Kunden.

Die Kunden mit dem für Sie höchsten Kundenwert oder Kunden in den höchsten Klassen sollten Sie aktiv bedienen und fördern. Bei Kunden mit mittlerem Wert muss im Einzelfall geprüft werden, ob sich eine individuelle Förderung lohnt. Gibt es z. B. Hinweise auf steigendes Potenzial, ist eine aktive Förderung sicher empfehlenswert. Ist absehbar, dass sich Kunden zurückziehen, müssen Sie entscheiden, ob Sie sich vom Kunden trennen wollen oder ob die Möglichkeit besteht, Kunden aktiv zurückzugewinnen. Kunden mit geringem Wert und sinkendem Potenzial sollten Sie nicht mehr aktiv ansprechen.

Abb. 2: Kundenwert aus Unternehmenssicht

Kundenwertrechnung

Eine Kundenwertrechnung hat das Ziel, den Wert Ihrer Kunden aus Ihrer Sicht nach bestimmten Bewertungskriterien zu ermitteln. Dabei sollten Sie möglichst mit monetären und nichtmonetären Größen arbeiten. Wenn Sie mit nichtmonetären Größen arbeiten, sollten Sie für die Bewertung eine Punktwertrechnung oder ein Scoring-Modell verwenden. Im Folgenden wird eine mögliche Vorgehensweise skizziert:

  1. Legen Sie 3-6 Faktoren fest, anhand derer Sie Ihre Kunden bewerten möchten. Neben klassischen monetären Größen wie Kundenumsatz oder Deckungsbeitrag können das z. B. Kaufhäufigkeiten, Zahlungsverhalten, Reklamationsverhalten oder Dauer der Kundenbeziehung sein.
  2. Legen Sie fest, welches Gewicht Sie einzelnen Faktoren zuordnen möchten. Die Summe aller maximal möglichen Punkte sollte immer 100 betragen. Beispiel: Deckungsbeitrag (gewichtet mit maximal 40 Punkten), Zahlungsverhalten (30 Punkte), Reklamationsverhalten (20 Punkte), Kundenbeziehungsdauer (10 Punkte).
  3. Legen Sie fest, bei welchem Wert Sie welche Punktzahl vergeben. Beispiel Deckungsbeitrag: Kunden mit einem Deckungsbeitrag von mehr als 6.000 Euro erhalten 30 Punkte, Kunden mit einem Wert von 5.800 Euro erhalten 29 Punkte, Kunden mit einem Wert von 5.600 Euro erhalten 28 Punkte usw.
  4. Führen Sie die Berechnung für alle Faktoren und Kunden durch und erstellen Sie aus den erreichten Punkten eine Rangliste, bei der die Kunden mit den meisten erreichten Punkten oben und die Kunden mit den wenigsten erreichten Punkten unten stehen. Legen Sie ggf. Klassen fest, mit der Sie Ihre Kunden grundlegend bewerten, z. B. 90-100 Punkte = Premiumkunden, 80-90 Punkte sehr gute Kunden.
  5. Leiten Sie individuelle Maßnahmen zur Förderung der Kundenbeziehung ab.
  6. Berücksichtigen Sie, dass es Ausnahmekunden gibt, die Sie noch nicht abschließend bewerten können, etwa Neukunden oder Kunden, die nach längerer Abwesenheitszeit wieder bei Ihnen kaufen. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Kunden zunächst weiter zu beobachten und erst zu einem späteren Zeitpunkt zu entscheiden. Lässt sich erkennen, dass ein Neukunde Potenzial hat, kann er frühzeitig aktiv bedient werden und umgekehrt. Ob Sie für Neukunden eine eigene Kategorie erstellen oder lediglich einen Vermerk setzen, ist unerheblich. Wichtig ist, dass Sie diese Kunden im Blick behalten können.
 
Praxis-Tipp

Um den Arbeitsaufwand zu begrenzen, können Sie Werte oder Zeiten im ersten Schritt schätzen. Bei der Kundenwertrechnung geht es in erster Linie darum, Kunden zu klassifizieren, also z. B. in sehr gute, gute, mittlere und schwächere Klassen einzuteilen. Ob dann z. B. eine Kundenbeziehung schon seit 5 oder 5,5 Jahren besteht und ob der Kunde später 88, 87 oder 86 Punkte erhält, ist weniger entscheidend. Er ist in jedem Fall ein guter Kunde für Ihren Betrieb. Mit jeder weiteren Berechnung können Sie dann die Schätzwerte durch reale Daten ergänzen.

Tab. 2 : Beispiel für eine einfache Kundenwertanalyse (Auszug)

 

Kundenwertrechnung für mehrere Jahre vornehmen

Führen Sie die Kundenwertrechnung nicht nur für das laufende Jahr durch, sondern über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren. Dadurch können Sie Veränderungen besser erkennen: Hat es Verschiebungen bei den Top-Kunden gegeben? Hat sich das Verhalten Ihrer Stammkunden geändert? Sind viele neue Kunden hinzugekommen? Hat es in größerem Umfang Kundenverluste gegeben?

 
Hinweis

Mit der Anwendung Kundenportfolio-Analyse ist es möglich, den Wert von Kunden zu ermitteln und in einer Portfolio-Matrix darzustellen.

 
Kundenklasse Punktwert Mögliche strategische Zielrichtung
Premium > 90 Individuelle Angebote, persönliche Betreuung durch Vertriebsleitung, Zusammenarbeit langfristig ausrichten, Aufbau strategischer Partnerschaften, Eingehen von Kooperationen
Sehr gut > 80 Wie zuvor, aber Betreuung durch Key-Accounter
Gut > 60 Fallweise individuelle Angebote, persönliche Betreuung durch Vertriebsmitarbeiter, langfristige Zusammenarbeit aufbauen, Einzelbetreuung durch Key-Acc...

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