Kostenführerschaft oder Leistungs­überlegenheit herstellen

Sowohl die betriebliche Praxis als auch die Wissenschaft kommen zu der wichtigen Erkenntnis, dass Wettbewerbsvorteile des eigenen Unternehmens gegenüber der Konkurrenz einen zentralen Erfolgsfaktor darstellen[1]. Nach Porter kommt es darauf an, Kostenführerschaft oder Leistungsüberlegenheit im Markt herzustellen. Wenn Leistungsüberlegenheit ein erfolgreiches Überleben sicherstellen soll, so sollte sie sich auf Leistungsmerkmale beziehen, die die folgenden drei Anforderungen erfüllen:

  1. Es muss sich um für den Kunden wichtige Leistungsmerkmale handeln.
  2. Das Leistungsniveau muss jeweils vom Kunden bewusst wahrgenommen werden können.
  3. Der Leistungsvorsprung gegenüber der Konkurrenz sollte nicht (schnell) einholbar sein.

Analysiert man die heutigen Kontextbedingungen unter diesen wettbewerbsstrategischen Aspekten, so kristallisieren sich bestimmte Fähigkeiten heraus, die besonders geeignet erscheinen, die Überlegenheit eines Unternehmens zu sichern. Im Einzelnen sollen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – folgende Fähigkeiten als besonders prägend im Hinblick auf zukünftige wettbewerbsstrategische Innovationen herausgestellt werden (s. Abb. 1):

Abb. 1: Unternehmenskontext und Wettbewerbsvorteile[2]

  • Die Fähigkeit eines Unternehmens, Vertrauen aufzubauen, bestimmt auf Dauer die Beziehungen der Stakeholder und Märkte zu diesem Unternehmen. Vertrauensdefizite bedeuten damit klare Wettbewerbsnachteile; Kunden, Kapitalgeber, Mitarbeiter oder auch der Staat werden in solchen Fällen in andere Beziehungen investieren, wo ihre – subjektiv oder objektiv begründete – Unsicherheit bezüglich des zukünftigen Verhaltens geringer und damit die Erfolgsaussichten der Beziehungen höher sind.
  • Die Fähigkeit und Bereitschaft eines Unternehmens zur Individualisierung beinhaltet im Kern die fallspezifische Gestaltung der Beziehung des Einzelkunden zum Unternehmen. Im Extremfall kann dies bedeuten, dass jedem Kunden zu dem für ihn optimalen Zeitpunkt in der ihm gemäßen Ansprache und mit den auf seine individuellen Verhältnisse zugeschnittenen Argumenten und Konditionen ein maßgeschneidertes Leistungsangebot gemacht wird. Im Investitionsgüterbereich, speziell auf Märkten mit begrenzter Kundenzahl und spezifikationsbedürftigen Produkten, konnte dieses individuelle Verhältnis Unternehmen – Kunde immer schon gepflegt werden. Bemerkenswert ist aber, dass dieser Ansatz zunehmend auch auf Massenmärkte mit Millionen von Kunden übertragen wurde und wird. Offensichtlich führt das Zusammenwirken von Wettbewerbsdruck und neuen technologischen Möglichkeiten wieder zu einem stärkeren Eingehen auf das Individuum und damit auf die Diversität – die Verschiedenartigkeit der Kundenanforderungen. Hierfür scheinen im Übrigen im soziokulturellen Bereich auch neue Anknüpfungspunkte vorhanden zu sein.
  • Zur wettbewerbsstrategischen Bedeutung der Schnelligkeit sind in den letzten Jahren zahlreiche Veröffentlichungen erschienen, weshalb hierzu nur wenige Ausführungen gemacht werden sollen: Wer neue Entwicklungen im Markt rascher feststellt, wer neue Produkte schneller entwickelt, wer in Kundenverhandlungen zügiger ein ausgearbeitetes Angebotskonzept präsentieren kann und wer schließlich den Auftrag zeitiger ausliefert, hat damit in vielen Fällen entscheidende Wettbewerbsvorteile.
  • Zunehmende Lernfähigkeit ist von Unternehmen wie auch von Individuen gefordert, wenn die Komplexität der technologischen, rechtlich-politischen, ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Umwelt zunimmt. Wie schwierig und schmerzlich Lernprozesse für die Gesellschaft als Ganzes wie auch für einzelne Unternehmen sein können, hat sich in den letzten Jahrzehnten z. B. im ökologischen Bereich gezeigt. Aber auch im rein ökonomischen Bereich ist Lernfähigkeit erforderlich, wenn auf die Dauer Produktentwicklungszyklen verkürzt, Ausbeuteziffern erhöht, Erfahrungskurveneffekte ausgenutzt und Perfektion bzw. Null-Fehler-Niveau erreicht werden sollen.
  • Die wettbewerbsstrategische Bedeutung von Kostenvorteilen wird in einer engen Beziehung vor allem zum Preisbewusstsein heutiger Kunden gesehen.
  • Die wettbewerbsstrategische Bedeutung der Innovationsfähigkeit schließlich ergibt sich vor allem daraus, dass durch nichts anderes so hohe Gewinne erzielt werden können wie durch echte (Markt‐)Innovationen mit den daraus resultierenden monopolistischen Preisspielräumen.

Insgesamt gilt festzuhalten, dass Wettbewerbsvorteile nur dann Erfolgsfaktoren sein können, wenn sie – wie in Abb. 1 hervorgehoben – sorgfältig aus einer Analyse des Kontextes (d. h. der Märkte, der Kunden, der Konkurrenten usw.) abgeleitet werden. Wo z. B. keine Diversität in der Branche gewünscht oder notwendig ist, kann Individualisierung nicht positiv, d. h. erfolgssteigernd, sondern nur negativ, d. h. kostensteigernd, wirken.

[1] Vgl. im Folgenden Link (2011), S. 39 ff.
[2] Link (2011), S. 40.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt ProFirma Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge