Unternehmen mit mittlerer bis hoher Kundenanzahl können nicht ohne Weiteres jeden einzelnen Kunden in einem manuellen Prozess bewerten. Dennoch können auch diese Unternehmen von der Darstellung ihrer Kunden in einem Kundenportfolio profitieren. Zur Visualisierung der hohen Kundenanzahl im Portfolio müssen diese zunächst in Gruppen zusammengefasst werden. Dafür stehen zwei Ansätze zur Verfügung:

  1. Die Kunden werden im Vorfeld durch eine A-priori-Segmentierung zusammengefasst.
  2. Die Kunden werden unmittelbar auf Basis der Ausprägung ihrer Dimension in das Portfolio eingeordnet.

Zusammenfassung durch A-priori-Segmentierung

Eine A-priori-Segmentierung bietet sich z. B. auf Basis der Branchenzugehörigkeit oder der Unternehmensgröße an. Die einzelnen Kundensegmente werden dann hinsichtlich der Dimensionen "Kundenattraktivität" und "Eigene Positionierung" bewertet. Eine A-priori-Segmentierung ist von Vorteil, wenn man gezielt seine Positionierung in einer fest definierten Kundengruppe untersuchen möchte. Oftmals steht in der Praxis aber im ersten Schritt die Identifikation der attraktiven Kunden im Vordergrund. Eine Charakterisierung der attraktiven Segmente erfolgt dann erst im Nachgang. Dadurch lässt sich feststellen, ob z. B. ein signifikanter Zusammenhang zwischen Kundenattraktivität und Branchenzugehörigkeit besteht.

Zusammenfassung durch direkte Einordnung

Bei der Zusammenfassung durch direkte Einordnung werden die Einzelkunden direkt hinsichtlich ihrer Ausprägungen bewertet und in das Portfolio einsortiert. Um dies zu gewährleisten, sollte für die Dimensionen "Kundenattraktivität" sowie "Eigene Positionierung" jeweils nur ein Kriterium gewählt werden. Dies ist erforderlich, da durch die Zusammenfassung der Kunden in Gruppen es ansonsten bei mehreren Kriterien eine sehr hohe Anzahl an Kundengruppen geben kann, die nicht mehr anschaulich im Portfolio darstellbar sind. Bei nur einem Kriterium pro Achse und einer Skala von 1 bis 5 ist die maximale Anzahl an Kundengruppen auf 5 × 5 = 25 beschränkt, wodurch das Portfolio noch auswert- und darstellbar bleibt. Die Blasengröße kann entweder über die Anzahl der Unternehmen oder über den kumulierten Umsatz der Kunden ermittelt werden. Wie bereits zuvor erwähnt, können die Segmente im Nachgang anhand externer Kriterien wie der Branche oder der Unternehmensgröße beschrieben werden. Dadurch kann festgestellt werden, ob die externen Kriterien überhaupt eine signifikante Bedeutung für die Zusammensetzung der Gruppen haben.

Auswahl des richtigen Kriteriums

Bei der direkten Einordnung der Kunden in das Portfolio sollte das gewählte Kriterium für die Bewertung der Kundenattraktivität und der eigenen Positionierung nach Möglichkeit direkt aus der Systemlandschaft extrahierbar sein. Im Falle der Kundenattraktivität eignet sich z. B. der Istumsatz, besser noch, wenn vorhanden, das Potenzial oder der Customer Lifetime Value. Insbesondere Umsatz und Potenzial können meist direkt aus dem ERP oder aus dem CRM-System entnommen werden.

Die automatische Abbildung der eigenen Positionierung gestaltet sich für viele Unternehmen schwieriger. Manche Unternehmen haben den Lieferanteil beim Kunden in Form des "Share of Wallet"[1] im CRM hinterlegt. Im Maschinen- und Anlagenbau besteht oftmals die Möglichkeit, den eigenen Maschinenbestand gegen den durch den Vertrieb oder Service erfassten Gesamtmaschinenbestand des Kunden laufen zu lassen und so die Kundendurchdringung zu bestimmen.

 

Abb. 7: Praxisbeispiel Kundenportfolio

Praxisbeispiel Kundenportfolio

Liegen Istumsatz und Potenzial für alle Kunden bei einem Unternehmen vor, können diese Werte herangezogen werden, um eine aufeinander abgestimmte, zweifache Klassifizierung zu generieren. Sowohl Umsatz als auch Potenzial werden dabei z. B. anhand einer A-E-Klassifizierung kategorisiert. Ein C/A-Kunde würde demnach einen Kunden mit C-Umsatz, aber A-Potenzial darstellen. Das Potenzial kann in diesem Fall direkt als Kriterium für die Kundenattraktivität und der Umsatz als Kriterium für die eigene Positionierung dienen. Dabei werden für Umsatz wie auch für Potenzial die gleichen monetären oder stückbezogenen Spannen herangezogen. Ein solches Portfolio ist bei einer A–E-Klassifizierung inhaltlich auf 15 Felder begrenzt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Umsatz nicht höher sein kann als das Potenzial des Kunden. Ein Beispiel für ein Kundenportfolio, welches aus einer solchen zweifachen Klassifizierung entstanden ist, wird in Abb. 7 dargestellt. Die Beschriftung der Blasen bezieht sich dabei auf die Anzahl der Kunden innerhalb der Segmente.

Im Portfolio zeigt sich, dass immerhin 25 % der bestehenden Kunden ein hohes zusätzliches Potenzial aufweisen. Hier liegt der größte Handlungsbedarf. Bei weiteren 27 % der Kunden ist die Umsatzklassifizierung eine Stufe unterhalb der Potenzialklassifizierung. 49 % der Kunden werden weitestgehend vollständig ausgeschöpft; bei diesen Kunden sind Umsatz- und Potenzialklasse identisch. Sie tragen den Status "Ideal".

[1] Mit "...

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