Sechs Handlungsfelder von Industrie 4.0

In welchen Handlungsfeldern der Unternehmen sind strategische und operative Aktivitäten zu setzen, um einen oder mehrere der drei in der Einleitung beschriebenen Nutzen (Effizienz, Flexibilisierung, neue Geschäftsmodelle) von Industrie 4.0 erreichen zu können?

Abb. 2: Sechs Handlungsfelder von Industrie 4.0

Für die Unternehmenspraxis kann das modellhaft bedeuten (siehe Abbildung 2), dass…

1 der Automatisierungsgrad in Fertigung, (innerbetrieblicher) Logistik sowie Planung und Steuerung der Leistungserstellung steigt,
2 der Einbindungsgrad von Kunden und Geschäftspartnern in die Wertschöpfungsprozesse weiter zunimmt (Supply Chain Management),
3 der Digitalisierungsgrad im gesamten Unternehmen, speziell bei Automatisierung und Kunden-/Geschäftspartner-Einbindung, stark steigt (Hier sind die I4.0-Technologiefelder Embedded Systems und Cyber-Physische Systeme (CPS), Smart Factory, robuste Netze, Cloud Computing und IT-Security eingeschlossen.)[1],
4 vor dieser Digitalisierung (noch) schlankere Prozesse (Lean Production/Management) notwendig werden,
5 sich daraus – evolutionär oder disruptiv – Chancen und Risiken durch neue Geschäftsmodelle ergeben, die zu mehr Umsatz und/oder mehr Effizienz und/oder höheren Margen führen, und
6 sich die Anforderungen an die Mitarbeiter in Hinblick auf Aus-/Weiterbildung und Veränderungsbereitschaft erhöhen.
[1] Vgl. Bauer et al. 2014, S. 18.

3.1 Handlungsempfehlungen für Industrie-4.0-Strategien

Roadmap zu Industrie 4.0 ist individuell

Die Entwicklungen in den sechs beschriebenen Handlungsfeldern wurden in den Unternehmen bisher unterschiedlich stark verfolgt, weshalb jedes Unternehmen seinen eigenen Industrie 4.0-Pfad (I4.0-Roadmap) benötigt, abhängig von seinen Möglichkeiten (Ressourcen) und Notwendigkeiten (Markterfordernissen). Wenn das "Wieviel" an mehr Automatisierung, Supply Chain Management, Lean Production/Management, Digitalisierung etc. nicht explizit festlegbar ist, unterstützen Basis-Normstrategien als Handlungsempfehlungen jene Unternehmen, die Ihre Industrie 4.0-Ziele noch nicht (endgültig) definiert haben:

  • Normstrategie 1: Schlanke Prozesse einführen (Lean Management als Voraussetzung für Normstrategie 2/Digitalisierung und allgemein für I4.0),
  • Normstrategie 2: In die Digitalisierung aller Unternehmensbereiche investieren (IT als Voraussetzung für I4.0 und speziell für neue Geschäftsmodelle),
  • Normstrategie 3: Das dazugehörige Know-how in allen Mitarbeiterebenen steigern, um von Beginn an eine größtmögliche Wirkung von Lean Management und Digitalisierung zu ermöglichen (ausgebildete und überzeugte Mitarbeiter als Enabler für I4.0).

Normstrategien ebnen den Weg zu Industrie 4.0

Diese Basis-Normstrategien erhöhen – über Jahre hinweg systematisch verfolgt – den Industrie 4.0-Reifegrad eines Unternehmens und sollen neben Akzeptanz auch zu neuen Ideen für sinnvolle Automatisierung/Technologieinnovationen und Supply-Chain-Optimierungen führen. Eine Sonderstellung nehmen die durch neue Rahmenbedingungen (technische Möglichkeiten, Datenmenge/-qualität etc.) entstehenden Chancen der Digitalisierung ein. Sie führen zu einer Normstrategie, die als Ziel bzw. Ergebnis zu weniger Kosten und/oder mehr Umsatz und somit zu mehr Deckungsbeitrag (siehe Nutzen) führen soll:

  • Normstrategie 4: Neue, digitalisierungsorientierte Geschäftsmodelle entwickeln.

Diese Normstrategie baut auf den vorangegangenen drei Strategien auf – nicht für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, aber für deren Umsetzung, beispielsweise mit neuen (Massen-)Daten, neuen Analysetechnologien (z. B. Big Data, Predictive Analytics), neuem/neu geschulten Personal.

3.2 Rolle des Controllings

Operative Controlling-Implikationen…

Welche Rolle spielt nun das Controlling in einem Unternehmen, das sich in Richtung Industrie 4.0 transformiert? Obigen Handlungsfeldern entsprechend, sind die Auswirkungen auf die Controlling-Hauptprozesse unterschiedlich:[1] Bei dem operativen Controlling-Kreislauf (operative Planung/Budgetierung, Forecasting, Kosten-/Leistungs-/Ergebnisrechnung und Management Reporting), dem Projekt- und Investitions-Controlling und dem Risikomanagement sind es jeweils vor allem neue KPIs, mehr Flexibilität, Echtzeitanwendungen, Simulationsmöglichkeiten und höhere Transparenz.

…und strategische Handlungsfelder

Daneben müssen Controller aber auch in der strategischen Planung aktiv werden. Als Business Partner können sie hierzu zwei grundlegende Aufgaben wahrnehmen, ergänzt um zwei zusätzliche Funktionen im unmittelbaren Aufgabenfeld einer Controllingabteilung:[2]

  • Initiative und Beteiligung bei bzw. Moderation des Prozesses zu einer Industrie-4.0-Strategie: Interdisziplinäre Teams bewerten die Wirkung von Industrie 4.0 auf die bestehenden Geschäftsmodelle, Start der drei Basis-Normstrategien für eine Fundierung zukünftiger Industrie-4.0-Aktivitäten auf schlanken und digitalisierten Prozessen mit Mitarbeitern, die Digitalisierung akzeptieren und leben.
  • Identifikation neuer Geschäftsfelder: Bewertung und Risikomanagement neuer (digitalisierungsbasierter) Geschäf...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt ProFirma Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge