Regeneratives Wirtschaften: Pioniere und Herausforderer

Wer regenerativ wirtschaften will, darf längst nicht mehr nur Schäden minimieren, sondern muss aktiv zur Wiederherstellung der Erde beitragen, meint Jan Schmirmund in seinem Gastbeitrag. Wie die doppelte Transformation abläuft und warum es Ökosysteme braucht.

Die Weltwirtschaft steht am Anfang einer umfassenden Transformation, die größer ist als die Digitalisierung. Nicht wenige Menschen sind der Auffassung, dass diese Veränderung eher mit der industriellen Revolution vergleichbar ist: Gemeint ist die globale Nachhaltigkeitsrevolution. Märkte und Kundenanforderungen verändern sich, regulatorische Anforderungen wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU nehmen drastisch zu. Nachhaltigkeit ist damit zum relevanten Wettbewerbsfaktor geworden.

Neue Regeln der Wirtschaft

Egal ob B2B oder B2C, bei sonst vergleichbarer Leistung kaufen Kundinnen und Kunden immer häufiger das nachhaltigere Produkt. Gerade im B2B-Bereich, wo die Lieferkette ein entscheidender Faktor für die eigene Nachhaltigkeitsbewertung darstellt, ist dieser Trend besonders wirkmächtig. All das löst gerade eine Welle der Innovation aus. So schreiben Vorreiter gerade die Regeln der Wirtschaft neu, indem sie ihr Geschäftsmodell vorausschauend hinterfragen und entsprechend anpassen.

Die meisten Unternehmen sind allerdings noch damit beschäftigt, alles zu tun, damit ihr althergebrachtes Geschäftsmodell möglichst weniger schädlich für den Planeten ist. Diese Strategien, häufig mit dem Fokus auf Verringerung des CO2-Ausstoßes, reichen angesichts des bereits erheblichen ökologischen Schadens, den wir unserem Planeten zugefügt haben, nicht mehr aus. Eine neue Denkweise ist gefordert, die über „Do less harm" – also weniger Schaden anzurichten - hinausgeht.

Nachhaltiges Umdenken: Die Heilung der Welt 

Pioniere der Bewegung wie zum Beispiel Ecosia, Einhorn, Wildling, die Carbonauten und Patagonia – um nur einige zu nennen – betrachten ihre Geschäftsmodelle nicht nur durch die Linse des Schadens, den sie vermeiden möchten, sondern durch die Möglichkeiten, die sie zur Regeneration unseres Planeten beitragen können. Das Ziel lautet nicht nur, Schäden zu minimieren, sondern aktiv zur Heilung und Wiederherstellung der Erde beizutragen und daraus ein funktionierendes Geschäft zu machen.

Das bisherige Denken wird umgedreht. Anstatt zu sagen: „Wir müssen so viel Geld wie möglich verdienen und dabei möglichst wenig kaputt machen“ lautet die neue Devise: „Wir müssen unser Handeln zuerst am Wohl der Menschen und des Planeten ausrichten und dabei wirtschaftlich sein“. Es geht also darum, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, die die planetaren Bedürfnisse – wie die Wiederherstellung der Biodiversität, die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre und die Eliminierung von Schadstoffen aus der Umwelt – berücksichtigen und aktiv adressieren.

Diese „planetaren Bedürfnisse" sind nicht nur ethische und ökologische Herausforderungen, sondern bieten in Wahrheit immense Geschäftschancen. Unternehmen, die sich diesem Paradigmenwechsel stellen und die planetaren Bedürfnisse als Chancen erkennen, können ihren Beitrag zur Lösung globaler Probleme leisten und gleichzeitig völlig neue Erlösquellen erschließen.

Doppelte Transformation: Innovative Unternehmen, die Neues umsetzen

Das erfordert jedoch eine doppelte Transformation. Damit Unternehmen regenerative Innovationen in Form von Produkten und Geschäftsmodellen entwickeln können, müssen sie sich in der ersten Stufe der Transformation zu einem innovativen Unternehmen entwickeln, dass sowohl das Bestehende kontinuierlich weiterentwickelt und iterativ transformiert als auch über eine Struktur verfügt, die dauerhaft neue Innovationen entwickelt. Wichtig ist dabei, bereits hier die Ziele und das Mindset in Richtung regenerative Zukunft zu setzen und zu schärfen. 

In der zweiten Transformation gilt es dann, entsprechend der regenerativen Innovationen, das Unternehmen so umzubauen, dass es die neu entwickelten Geschäftsmodelle auch umsetzen kann. Das betrifft dann alle Bereiche wie IT, HR, Logistik, Value-Chain, aber auch das wirtschaftliche Ökosystem, innerhalb dessen das Unternehmen agiert. Ebenso, wie es keine Circular Company, sondern nur eine Circular Economy gibt, ist auch regeneratives Wirtschaften nur im entsprechenden Ökosystem möglich. Auch dieses System gilt es aufzubauen.

Regenerative Unternehmen brauchen wirtschaftliche Ökosysteme

Die Pioniere dieser Bewegung bilden deswegen bereits regenerativ ausgerichtete Netzwerke, um das wirtschaftliche Ökosystem neu zu gestalten. Schon heute gibt es viele Unternehmen, die in den Startlöchern stehen und bereit sind, sich dem Paradigmenwechsel zu stellen und ihren Beitrag zur Regeneration unseres Planeten zu leisten. Die Transformation zum regenerativen Unternehmen bietet enorme Chancen. Es ist ein anspruchsvoller Weg, aber die Belohnungen - für Unternehmen, unsere Gesellschaft und unseren Planeten - sind es wert. Wer diesen Weg einschlägt, kann Teil der Lösung werden. Und sich auf eine nachhaltige und ertragreiche Zukunft freuen.

Ein guter Start, um in die Thematik einzusteigen ist eine Ecosia-Suche mit den Begriffen „Regenerative Business“, „Regenerative Business Models“ oder „Regenerative Transformation“.

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Innovation