Handlungsprinzipien für nachhaltigeres Wirtschaften

Um nachhaltiger zu wirtschaften, haben Unternehmen verschiedene Handlungsmöglichkeiten. Diese folgen grundsätzlich drei Prinzipien. In diesem Artikel stellt Bernd Hinrichs drei Handlungsprinzipien vor, die Organisationen sich zunutze machen können.

Handlungsprinzipien sind keine fertigen Lösungen. Sie können als Leitlinien für die Gestaltung von Produkten, Leistungen und Lösungen sowie von Prozessen und Projekten verstanden werden. Sie haben unterschiedliche Ansatzpunkte und erfordern mehr oder weniger große Anpassungen von Verhalten, Infrastrukturen und Systemen. Und sie lösen unterschiedliche Probleme:

Hinrichs Handlungsprinzipien

Eine Herausforderung für die Gestaltung einer nachhaltigeren Wirtschaft ist der verschwenderische Umgang mit Energie und Rohstoffen sowie die Emission von Schadstoffen bei der Produktion und beim Konsum von Waren und Dienstleistungen. Diese Kategorie von Herausforderungen kann mit dem Handlungsprinzip ›Öko-Effizienz‹ begegnet werden. Eine weitere Herausforderung ist die Verwendung nicht umwelt- und gesundheitsverträglicher Materialien und Energien bei der Produktion oder bei der Nutzung von Waren und Dienstleistungen. Hier kommt das Handlungsprinzip ›Konsistenz‹ zum Einsatz. Letztlich ist insbesondere der materielle Lebensstil der Industrieländer nicht auf alle Länder übertragbar, ohne den Planeten Erde zu überfordern. Diese Wirtschaftsweise und dieser Lebensstil erschöpfen die Umwelt und die Menschen. Für diese Form von Herausforderungen kann das Handlungsprinzip ›Suffizienz‹ genutzt werden.
 

Hinrichs Matching

Aus dem Matching-Prozess der skizzierten Diskurspositionen zu den Zukünften einer nachhaltigeren Wirtschaft mit den Handlungsprinzipien ergibt sich das Rohmaterial für Innovationen und Zielbilder für ein nachhaltigeres Wirtschaften von Unternehmungen. Nachfolgend werden zunächst die richtungsgebenden Lösungsansätze erläutert, die sich hinter den drei Handlungsprinzipien verbergen.

Öko-Effizienz

Hinter dem Handlungsprinzip „Öko-Effizienz“ verbergen sich Lösungsansätze für die technische Weiterentwicklung von Produktionsprozessen, die mit weniger Ressourcen pro Produkteinheit auskommen. Ziel von Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz ist es, vor allem Rohstoffe und Energie, aber nicht unbedingt Kosten einzusparen. Effizienz zielt darauf ab, eine ökonomische Leistung mit geringstmöglichem Einsatz an Material und Energie herzustellen, in dem das Input-Output-Verhältnis verbessert wird. Konkret bedeutet dies eine Steigerung der Material-, Rohstoff- und Energieeffizienz. Der Effekt besteht in einer relativen Senkung des Ressourcenverbrauchs. Auf Effizienz beruhende Lösungen werden auch als ›inkrementelle Innovationen‹ bezeichnet, da sie darauf abzielen, ein vorhandenes Anschauungsobjekt weiter zu optimieren. Die Wirkung effizienter Lösungen kann an der Steigerung der Rohstoffproduktivität, der Energieproduktivität und an der Senkung der CO2-Emissionen festgemacht werden. Aber auch die Senkung der Herstellungskosten, die Gestaltung besserer Arbeitsbedingungen oder ein Zeitgewinn innerhalb der Arbeitsprozesse sind Wirkungsziele. Weitere Details zu diesem Handlungsprinzip finden Sie im Artikel „Öko-Effizienz“.

Konsistenz

Bei dem Handlungsprinzip „Konsistenz“ steht der Ersatz von umwelt- und gesundheitsschädlichen Materialien und Energien durch weniger schädliche Materialien und Energien entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Mittelpunkt. Die Herstellung von Waren und Dienstleistungen erfordert oft ein neues Design von Produkten (Produktinnovationen), sodass diese leichter recycelt bzw. bedenkenlos in ökologische und technische Kreisläufe zurückgegeben werden können. Konsistenz richtet sich auf naturverträgliche Technologien, welche die Stoffe und die Leistungen der Ökosysteme nutzen, ohne sie zu zerstören. In intelligenten Systemen gibt es keine Abfälle, nur Produkte (Systeminnovationen). Um dieses Handlungsprinzip anzuwenden, muss viel radikaler gedacht und innoviert werden, damit die Rohstoff- und Energieproduktivität gesteigert oder die CO2-Emissionen gesenkt werden können. Damit gehen nicht selten veränderte Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeitenden und ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strukturwandel einher. 

Suffizienz

„Suffizienz“ steht in der Nachhaltigkeitsforschung und in der Umwelt- und Naturschutzpolitik für das Bemühen um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch. Suffizienz ist die Suche nach dem rechten Maß sowohl in Bezug auf Selbstbegrenzung, Konsumverzicht oder Askese, aber auch in Bezug auf Entschleunigung und Abwerfen von Ballast. Mit dem Verzicht von Unternehmungen auf weiteres Geschäftswachstum und materialintensive Produktion stellt das Handlungsprinzip Suffizienz insofern mehr auf den Umgang mit Waren und Dienstleistungen innerhalb des Wirtschaftssystems ab. Alle Beteiligten – egal ob Hersteller oder Verbraucher – sollen bei Anwendung dieses Handlungsprinzips weniger verbrauchen, anders und/oder umweltschonender agieren. Die Menschen werden aufgefordert, ihr Konsumverhalten auf den Prüfstand zu stellen und ihren Lebensstil dauerhaft zu verändern. Immaterielle Dinge wie beispielsweise Zeit für- und miteinander sollen eine größere Bedeutung erhalten und mehr wertgeschätzt werden. Unternehmungen werden hiernach aufgefordert, mehr Wert auf gerechte und sozialverträgliche Arbeitsbedingungen zu legen und Nutzungsinnovationen hervorzubringen. Das Leitmotiv von suffizienten Lösungen ist demnach Reduktion, Substitution und Anpassung. Ein wirtschaftlicher Strukturwandel – getragen von suffizienten Handlungen und geprägt durch weniger Wirtschaftswachstum – erfordert ein Umdenken auf allen Ebenen unserer Gesellschaft und gleicht einem grundlegenden Wertewandel.


--
Dieser Artikel ist ein Ausschnitt aus dem Buch Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie, das 2021 bei Haufe erschienen ist. Hier geht es zum Buch.

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Ökologie, Unternehmensführung