Ich möchte mit diesem Kapitel nicht bestehende Unternehmen davon überzeugen, ihre Gesellschaftsform zu ändern. Ich möchte lediglich darauf aufmerksam machen, dass es Rechtsformen gibt, die – automatisch – Nachhaltigkeit besser unterstützen als andere. Und ich möchte explizit darauf hinweisen, dass diese Unternehmen nicht zur (finanziellen) Erfolglosigkeit verdammt sind, sondern – ganz im Gegenteil – durch die eher langfristige Perspektive ihres Handelns auch im ökonomischen Sinne existenzsichernd und gewinnbringend arbeiten können. Ein überzeugendes Beispiel für dieses Argument stellt die GLS-Bank dar, die genossenschaftlich organisiert ist. Nicht nur, dass sie von der Finanzkrise 2008/09 praktisch nicht betroffen war, weil sie keine "windigen" Geschäfte getätigt hatte, sondern sie hat im Gegenteil von der Finanzkrise sogar profitiert, weil sie einen eklatanten Kundenzuwachs verzeichnen konnte. Eine große Zahl von Menschen, die von ihren "alten" Banken enttäuscht waren, haben zu dieser Bank gewechselt, zu der sie offenbar Vertrauen haben können.

Ferner möchte ich mit dem Titel dieses Kriteriums nicht Gewinnerzielung per se verteufeln, sondern ich möchte "nur" den Fokus ein wenig verschieben. Auch bei den Genossenschaften spielt die Gewinnerzielung eine wichtige Rolle, weil sie den Beitrag der Organisation zur Unterstützung der eigenen Mitglieder darstellt. Und dagegen ist auch gar nichts einzuwenden. Der Fokus ist aber eben nicht auf die Befriedigung von Dividendenforderungen der Anteilseigner gerichtet, sondern auf den Erhalt der Organisation zum gemeinsamen Nutzen aller Beteiligten. Und diese "Fokusverschiebung" ist auch in anderen Unternehmen, auch in Kapitalgesellschaften, möglich, wenn die Anteilseigner ihr Hauptaugenmerk nicht auf die "Verzinsung ihrer Kapitalanlage" richten, sondern auf den eigentlichen Zweck des Unternehmens, nämlich die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse von Menschen. Während also bei Genossenschaften immer noch Gewinnerzielung ein wichtiges ökonomisches Zielkriterium ist, stellen die sogenannten gemeinnützigen Organisationen ihre nicht gewinnorientierte Ausrichtung explizit in den Vordergrund. Daher werden sie heute häufig auch als "Not-for-Profit-Organisationen" bezeichnet. Den (älteren) Begriff "Non-Profit-Organisation" halte ich für irreführend, weil er unterstellt, dass gar kein "Profit" gemacht wird. Darum geht es aber gar nicht, es geht darum, dass gemeinnützige Unternehmen "nicht für den Gewinn" arbeiten, sondern eine andere Hauptzielsetzung verfolgen, die zudem als gemeinnützig anerkannt ist. Der erwirtschaftete Gewinn einer gemeinnützigen Gesellschaft darf eben nicht an Mitglieder der Organisation "ausgeschüttet" werden, sondern muss für die in der Satzung festgelegten Zwecke verwendet werden.

Mögliche Rechtsformen für gemeinnützige Gesellschaften sind neben der Genossenschaft die gGmbH (gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung), gAG (gemeinnützige Aktiengesellschaft), gUG (gemeinnützige Unternehmergesellschaft), gemeinnütziger e. V. (gemeinnütziger Verein) und die Stiftung. Laut § 52 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft "gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern."[1] Danach folgt ein Katalog mit 26 verschiedenen Zielsetzungen, die als "Förderung der Allgemeinheit" anzuerkennen sind. Dazu gehören z. B. die Förderung von Wissenschaft und Forschung, aber auch die Förderung von Kunst und Kultur sowie die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz. § 55 AO klärt, was "selbstlos" in diesem Zusammenhang bedeutet, nämlich, dass die Mittel der Organisation nur zu den satzungsmäßigen Zwecken verwendet werden dürfen und nicht z. B. für gewerbliche Zwecke. Außerdem dürfen Mitglieder der Organisation keine Gewinnanteile aus Mitteln der Körperschaft erhalten.[2]

Gemeinnützigkeit ist ein steuerrechtlicher Tatbestand. Mit der Anerkennung der Gemeinnützigkeit geht die Befreiung oder teilweise Befreiung von der Einkommens- und Ertragsteuer einher.

Abschließend möchte ich zu diesem Thema meinen Wunsch noch einmal bekräftigen, dass sich alle Wirtschaftsunternehmen darauf besinnen, was ihr eigentlicher Zweck ist (sein sollte), nämlich die Bedürfnisse von Menschen zu befriedigen. Eine Rechtsformänderung ist dafür nicht notwendig. Die Erläuterungen im Zusammenhang mit Genossenschaften und gemeinnützigen Gesellschaften zeigen lediglich, dass eine langfristige Orientierung und eine Ausrichtung an einem nicht in erster Linie gewinnorientierten Ziel der Nachhaltigkeit zuträglich ist, ohne dass dadurch ökonomische Erfolge ausbleiben müssen.

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