Nachhaltigkeitsrisiken bedrohen profitable Geschäftsmodelle

Während des Wirtschaftsstudiums wurde den Studierenden beigebracht, dass ein Unternehmen nur überleben kann, wenn es ökonomisch geführt wird. Vereinfacht zusammengefasst muss das Geschäftsmodell also profitabel sein, sohin der Umsatz die Kosten des Unternehmens übersteigen, damit unter dem Strich Gewinn erzielt wird. Ein Teil des Gewinns sollte investiert, ein Teil als Reserve für schwierige Zeiten zurückgelegt werden und der Rest dient den Investoren als Rendite. So weit, so gut und auch heute durchaus noch gültig. Aber es lauern Risiken. Für den vorliegenden Zweck greifen wir lediglich die Nachhaltigkeitsrisiken auf, wenn gleich diese natürlich nicht die einzigen sind, die Manager oder Regierungsmitglieder berücksichtigen und steuern müssen. Von Nachhaltigkeitsrisiken spricht man dann, wenn deren Eintreten sich negativ auf den Wert der Investitionen oder auf die Rendite der Produkte eines Unternehmens auswirken könnte. Dabei könnten etwa Investitionen in Regionen, die vom Steigen des Meeresspiegels besonders betroffen sind, oder auch langfristige Investitionen in neue Verbrennungsmotoren unter Verkennung ökologischer Aspekte zu umfangreichen Abschreibungen und damit Verlusten führen. Auch die negativen Auswirkungen von Unternehmensentscheidungen auf die Umwelt oder Gesellschaft stellen ein Risiko dar. Hierbei spricht die Finanzwirtschaft vom Principal Adverse Impact (PAI), den es gilt zu identifizieren, zu bewerten und offenzulegen.

Soziales und ökologisches Missverhalten sorgt für abwandernde Kunden und Mitarbeitende

Sehen wir uns, in diesem Zusammenhang, die Reputationsrisiken näher an. Wird bekannt, dass das Unternehmen sozial ausbeutet, ungleichbehandelt, diskriminiert, Umweltsünden begeht, natürliche Ressourcen verschwendet oder in Korruption involviert ist, so werden sich Kunden wie auch Mitarbeitende nach und nach abwenden. Der Umsatz wird ausbleiben und das Unternehmen wird im schlimmsten Fall Insolvenz anmelden müssen.

 
Wichtig

Digitalisierte und globalisierte Welt deckt Missverhalten auf

Wir können uns darauf verlassen, dass in unserer digitalisierten und globalisierten Welt soziales und ökologisches Missverhalten bekannt wird. Unsere Gesellschaft wird immer transparenter. Digitalisierung und soziale Medien vermögen "speed to public" und "reach of broad public" zu beschleunigen. Es wird also sowohl die Geschwindigkeit der Verbreitung als auch die Reichweite von Nach richten zunehmend größer, was insbesondere auch der Niedrigschwelligkeit digitaler Medien geschuldet ist.

 
Praxis-Beispiel

Die Geschichte des Palmöls

Wir erinnern uns an das Beispiel des Nestlé-Konzerns aus dem Jahr 2010, der sich zunächst massiv gegen die Interventionen von Umweltschutzorganisationen und ihre Versuche, Nestlé zum Bezug von Palmöl aus ökologisch nachhaltigen Quellen zu bewegen, wehrte. Daraufhin verbreitete sich ein schockierendes YouTube-Video, das auf die Vernichtung des Lebensraums der Orang-Utans aufmerksam machte, dies verursacht durch nicht nachhaltigen Abbau von Palmöl im indonesischen Urwald. Die Verbreitung des Videos konnte trotz aller juristischer Bemühungen nicht eingedämmt werden. Der Druck der Öffentlichkeit und der drohende Reputationsschaden wurden in kürzester Zeit zu groß, als dass Nestlé die abwehrende Haltung gegen ökologisch nachhaltiges Wirtschaften weiter hätte aufrechterhalten können. Der Weltkonzern lenkte schließlich ein. Heute werben Unternehmen sogar damit, Palmöl gänzlich aus ihren Produkten verbannt zu haben.

Wenn in den oben ausgeführten Überlegungen von Kunden gesprochen wird, sind nicht nur Konsumenten gemeint, sondern auch Unternehmen und Dienstleistungspartner, die bei der Auswahl ihrer Lieferanten auf Nachhaltigkeitskriterien bedacht sind, um ihre eigene Reputation zu wahren. Wir sprechen also von B2C- und B2B-Kundenbeziehungen[1], von Lieferkettenüberlegungen sowie Kooperationen.

Nachhaltigkeit wird zum Faktor für die Arbeitgeberattraktivität

Es kann aber auch kein Unternehmen ohne qualifizierte Mitarbeitende erfolgreich tätig sein. Das Humankapital stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Was die Beurteilung der Arbeitgeberattraktivität anbelangt, zeigen uns zahlreiche aktuelle Studien klar auf, dass der Faktor der unternehmerischen Nachhaltigkeit stark an Bedeutung gewonnen hat. Die Jobplattform StepStone und Handelsblatt Research Institute (HRI) befragten in einer Online-Umfrage im Dezember 2019 nicht nur 12.000 Arbeitnehmende, sondern auch 47.000 Studierende, inwieweit die Nachhaltigkeit des Arbeitgebers für sie eine Rolle spielt. 76 % der Befragten gaben an, dass es ihnen wichtig ist, dass Nachhaltigkeit bei ihrem Arbeitgeber einen hohen Stellenwert hat. Ein überraschendes Resultat war dabei, dass Baby-Boomer (1946 – 1964) und Generation Z (ab 1994) ähnlich starke Präferenzen für nachhaltig agierende Unternehmen als Arbeitgeber zeigten,[2] obwohl gemeinhin eine starke Affinität für Nachhaltigkeitsbelange doch eher der jüngeren...

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