Unsere Routinen haben im Gehirn eine eigene Repräsentanz, das bedeutet, ein Bereich ist dafür zuständig, Routinen abzuspeichern. Handlungen, die wir häufig durchführen, werden in den Basalganglien "gespeichert" und erfordern wenig Energie beim Abrufen. Die Ausführung der Routine ist für den Energiehaushalt des Gehirns extrem günstig, weil energiearm durchzuführen. Das macht ein zentrales Grundprinzip unseres Gehirns deutlich: Energiesparen. Daher fahren wir immer denselben Weg zur Arbeit oder frühstücken oft das Gleiche. Das geschieht ohne gerichtete Aufmerksamkeit, quasi automatisch.

Wenn wir den Ablauf hier ändern wollen, dann müssen wir Aufmerksamkeit auf den Prozess lenken. Zunächst müssen wir uns bewusst darüber sein, dass wir etwas ändern wollen.

Hier setzt die Einfachheit der Änderung ein. Je einfacher die Ausführung ist, desto erfolgversprechender die Änderung. Wenn wir uns vornehmen, Sport zu treiben, dann sollte der Sporttermin zu einer optimalen Zeit liegen. Es sollte zu dieser Zeit einfacher sein, die Sportschuhe anzuziehen, als sie nicht anzuziehen. So hilft es manchen z. B., sich morgens direkt Sportsachen anzuziehen statt normaler Kleidung. Nun ist der erste Schritt bereits getan.

Bezogen auf den Klima- und Umweltschutz bedeutet das: Ökologisches Verhalten muss einfacher sein als unökologisches. Ein Auto zu besitzen muss mit mehr Nachteilen verbunden sein als der öffentliche Verkehr. Denkbar wäre ein Sammelparkplatz für Autos 500 bis 1.000 Meter von der Wohnung entfernt. Und gleichzeitig zu diesem unbequemen Umstand ein optimaler Nahverkehr oder eine Bevorzugung von Elektroautos beim Parken. So gibt es Städte, die eigene Parkplätze ausschließlich für E-Autos haben. In Stuttgart ist das Parken für E-Autos beispielsweise kostenlos. Aber: Kostenlos allein reicht nicht. Es muss deutlich einfacher sein, einen Parkplatz zu bekommen.

Aus der Lebensmittelbranche lernen wir, was Einfachheit bedeutet. Eine Packung Chips ist ein minimaler Aufwand in der Zubereitung. Packung auf und los. Genauso muss Essen organisiert sein. So weit vorbereitet wie nötig und so einfach in der Zubereitung wie möglich. Nur wenn klimanützliche Nahrungsmittel die einfachere Variante sind, dann hat Veränderung eine Chance. Dazu sind wirklich Innovationen der Lebensmittel erforderlich, z. B. beim Fleischersatz. Viele Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass Fleischersatz einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, weil insbesondere Rinder viele Treibhausgase verursachen.

An diesem Beispiel zeigt sich, wie eine Veränderung passieren sollte: Zunächst muss Fleischersatz günstiger sein – das ist im Moment nicht der Fall. Fleisch aus miserabler Haltung ist günstiger als Ersatzprodukte. Daneben muss der Ersatz verfügbarer und einfacher zu erhalten sein. Das geht natürlich nur über eine höhere Zugangshürde beim Fleisch oder Zuschüsse bei Ersatzprodukten.

Der wichtigste Punkt ist aber die Veränderung der Einstellung bei den Konsumenten. Der Fleischersatz darf nicht als Verzicht oder ›grünes Gutmenschentum‹ in den Köpfen sein. Daher ist der einfache Zugang, eine höhere Präsenz in Medien, Kochshows, prominente Fürsprecher etc. entscheidend. Eine wirklich große Masse zum Umdenken zu bewegen, gelingt nur, wenn viele Player aus Überzeugung einen Lebensstil pflegen.

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