Im 2. Schritt gilt es, vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Status-Quo-Analyse detaillierter zu untersuchen,

  1. welche der 37 Handlungsfelder innerhalb der 7 Kernthemen gesellschaftlicher Verantwortung für die eigene Organisation überhaupt relevant sind, d. h. im Kontext des eigenen Kerngeschäfts vorkommen können und/oder bereits Bestandteil einer Selbstverpflichtung des Unternehmens sind (z. B. aufgrund einer Mitgliedschaft im UN Global Compact);
  2. welche der als relevant eingestuften Handlungsfelder besonders wichtig, also wesentlich bzw. signifikant sind.

Zur Beantwortung der zweiten Frage werden in der Norm eine Reihe von möglichen Bewertungskriterien vorgeschlagen, auf die sich eine Organisation vorab verständigen soll[1].

Die empfohlenen Kriterien gehen deutlich über das hinaus, was später auf europäischer oder deutscher Ebene als Bestandteil der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung festgelegt wurde[2]: Erst die 2021 verabschiedete neue Richtlinie der EU, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)[3], schreibt die Anwendung einer doppelten Wesentlichkeitsperspektive vor, die von der ISO 26000 bereits 2010 empfohlen wurde. Das bedeutet, dass bei der Identifizierung wesentlicher Handlungsfelder nicht nur die Aspekte berücksichtigt werden sollen, die für die Zukunftsfähigkeit und den Fortbestand der eigenen Organisation relevant sind (Outside-In), sondern gleichzeitig die Auswirkungen des organisationalen Handelns auf externe Stakeholder, Umwelt und Gesellschaft (Inside-Out). Für den Erfolg einer Organisation als zentral wird dabei u. a. ihre Glaubwürdigkeit angesehen, dafür wiederum die Frage, ob das, wozu sie sich beispielsweise in ihrem Leitbild bekennt (Einhaltung der Menschenrechte, Umweltschutz, faire Geschäftspraktiken, etc.) auch tatsächlich umgesetzt und gelebt wird. Handlungsfelder aus den entsprechenden Kernthemen sind folglich als mindestens relevant einzustufen. Zu "wesentlichen" Handlungsfeldern können sie dadurch werden, dass die unternehmerischen Entscheidungen und Aktivitäten in ihrem Kontext zusätzlich erhebliche Auswirkungen auf Dritte haben, allem voran auf die, im Rahmen der Stakeholder-Analyse (Schritt 1) als bedeutsam identifizierten Anspruchsgruppen und/oder für Gesellschaft und Umwelt allgemein.

[1] DIN ISO 26000: 2011, S. 102.
[2] Erst seit 2013 gehört die Durchführung einer Wesentlichkeits- oder Materialitätsanalyse zu den Pflichtangaben bei der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes nach GRI (GRI G4). Die europäische CSR-Richtlinie 2014/95/EU, Grundlage für die 2017 veröffentlichten EU-Leitlinien für die Berichterstattung nicht-finanzieller Informationen und das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) in Deutschland, verpflichtet die davon betroffenen Unternehmen inzwischen auch gesetzlich dazu (CSR-RUG 2017, S. 804).
[3] EU 2021

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