2.1 Zum Verhältnis von ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen

Unter Nachhaltigkeit soll im Folgenden neben den finanziellen (ökonomischen) Zielen auch die Verfolgung sozialer sowie ökologischer Ziele durch Unternehmen verstanden werden.[1] Für diesen Dreiklang aus "Profit, Planet and People"― den sog. 3 Ps ― ist auch die Bezeichnung "Triple Bottom Line" geläufig.

Da diese 3 Zielkategorien bereits auf den ersten Blick konfliktträchtig sein können, gestaltet sich ihre gleichzeitige Verfolgung für Unternehmen häufig schwierig. Prinzipiell sollten Unternehmen in einem ersten Schritt festlegen, welche grundsätzliche Bedeutung jeder dieser 3 Zielkategorien zukommt. Abbildung 2 zeigt eine mögliche Konstellation auf (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Mögliche Beziehungen zwischen finanziellen, ökologischen und sozialen Zielen

Als eine Extremposition könnten Unternehmen z. B. ökologische und soziale Ziele immer und nur dann verfolgen, wenn hierdurch finanzielle Ziele erreicht werden können bzw. wenn hierdurch die Erreichung der finanziellen Ziele nicht behindert wird. Diese Unterordnung widerspricht jedoch dem Gedanken der Triple Bottom Line, die dann letztlich weiterhin nur noch eine Single Bottom Line wäre.

Die andere Extremposition würde eine Gleichrangigkeit der ökologischen und sozialen Ziele mit den finanziellen Zielen vorsehen. Eine solche Gleichordnung steht jedoch im Widerspruch zum Gewinnstreben als charakterisierendem Kriterium von Unternehmen. Bei dieser Extremposition müsste man daher die Definition von Unternehmen ändern. Eine Überordnung der ökologischen und sozialen Ziele über die finanziellen Ziele scheidet aus demselben Grund aus.

Als realistische Position verbleibt daher die Beiordnung der ökologischen und sozialen Ziele zu den finanziellen Zielen. Hierunter ist zu verstehen, dass die finanziellen Ziele weiterhin dominieren, jedoch durch ökologische und soziale Ziele eine Einschränkung erfahren. Hierfür gibt es zwei wesentliche Ansätze[2]:

  1. Für die ökologischen und sozialen Ziele werden Mindestniveaus definiert, welche es zu erreichen gilt. Die ökologischen und sozialen Ziele haben dann den Charakter von Nebenbedingungen.
  2. Die finanziellen, ökologischen und sozialen Ziele werden mit unterschiedlichen Gewichtungen versehen, wobei die finanziellen Ziele die höchste Gewichtung erhalten. Hierbei wird somit eine Substituierbarkeit der Zielkategorien angenommen, d. h. eine Mindererreichung der finanziellen Ziele kann durch eine Mehrerreichung der ökologischen und sozialen Ziele kompensiert werden und umgekehrt.
[1] Vgl. Wall/Leitner, 2012, S. 256. Dort finden sich auch weitere Interpretationen des Nachhaltigkeitsbegriffs.
[2] Vgl. Wall/Leitner, 2012, S. 257f. Die Autoren nennen als dritten Ansatz die lexikographische Ordnung.

2.2 Nachhaltigkeit: Chance oder Risikoreduzierung?

Es bleibt die Frage zu klären, warum Unternehmen die Beiordnung der ökologischen und sozialen Ziele zu den finanziellen Zielen vornehmen sollten. Wenn man diese Frage nicht mit unternehmerischem Altruismus, sondern mit betriebswirtschaftlichen Argumenten beantworten möchte, so bieten sich zwei Erklärungsansätze an:

  1. Weil das Verfolgen von Nachhaltigkeit dem Unternehmen Chancen eröffnen kann, oder
  2. weil das Unternehmen durch das Verfolgen von Nachhaltigkeit Risiken reduzieren kann.

Nimmt man die Chancenperspektive ein, so lautet die Argumentation wie folgt: Durch die Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele wird das Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen oder gar völlig neue Geschäftsmodelle entwickeln. Hierdurch kann das Unternehmen seine Wettbewerbsposition in bestehenden Märkten verbessern oder sich sogar neue Märkte oder Marktsegmente erschließen. Die Chancenperspektive verbindet mit der Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele somit den Auf- bzw. Ausbau von Wettbewerbsvorteilen.

Die Risikoperspektive hingegen betont die Sanktionsgefahren für Unternehmen. Bei ausbleibendem finanziellen Erfolg drohen Sanktionen insb. von den Eigentümern sowie ggf. von den Fremdkapitalgebern in Form von Kapitalabflüssen. Allerdings sind Unternehmen darüber hinaus auch auf Legitimität angewiesen, welche ihnen die Gesellschaft zugesteht. Angesichts der weltweiten Akzeptanz des Schutzes von Umwelt und Menschenrechten,[1] bedeutet dies für Unternehmen, dass bei sozial und/oder ökologisch unverantwortlichem Verhalten ein Entzug der "license to operate" durch die Gesellschaft drohen würde.

In der Realität werden beide Perspektiven für Unternehmen von Relevanz sein, ggf. in unterschiedlicher Ausprägung. Im Ergebnis gleichen sich jedoch beide Perspektiven: Unternehmen kommen heutzutage kaum mehr umhin, den finanziellen Zielen ökologische und soziale Ziele beizuordnen.

Mit der Compliance soll abschließend noch eine weitere denkbare Argumentation für die Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele eine kurze Erwähnung finden. Unternehmen könnten aufgrund von Gesetzen und vergleichbaren Vorschriften dazu gezwungen sein, ökologische und soziale Ziele zu verfolgen. Compliance sollte allerdings als conditio-sine-qua-non des unternehmerischen Handelns aufgefasst werden. Daraus lässt sic...

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