Rz. 11

Die Corporate Governance folgt in ihrer traditionellen Auslegung der Principal-Agent-Theorie und dem Shareholder-Value-Ansatz.[1] Hiernach stehen die (finanziellen) Interessen der (Eigen-)Kapitalgeber (Investoren und Gläubiger) als Prinzipale des Unternehmens im Fokus, wobei andere Stakeholder-Gruppen weitgehend ausgeblendet werden.[2] Die Sustainable Corporate Governance sollte als theoretischen Bezugsrahmen die klassische Agency-Theorie durch die Stakeholder- oder die Legitimitätstheorie ersetzen. Nach der Stakeholder-Theorie[3] als Gegenentwurf zur Principal-Agent-Theorie sollen Unternehmen nicht nur ihre Kapitalgeber befriedigen, sondern auch die Interessen sonstiger Stakeholder-Gruppen berücksichtigen (Stakeholder Value).

 

Rz. 12

Die Legitimitätstheorie unterstellt die Existenz von impliziten sozialen Verträgen zwischen dem Unternehmen und der Gesellschaft, um ein kontinuierliches Bemühen des Unternehmens zum Aufbau und zum Erhalt von Legitimität zu erzeugen.[4] Insofern liegt der Unternehmenszweck bzw. der Corporate Purpose[5] nicht länger in der Maximierung des finanziellen Unternehmenswerts als Oberziel, sondern in der langfristigen Wertsteigerung für das Unternehmen und die Gesellschaft. Die Sustainable Corporate Governance erfüllt in diesem Zusammenhang die entscheidende Funktion, durch Anreiz- und Überwachungsmechanismen zur Stärkung dieses nachhaltigen Corporate Purpose beizutragen. Im Folgenden wird daher unter Sustainable Corporate Governance die Gesamtheit rechtlicher und faktischer Institutionen verstanden, welche darauf ausgerichtet ist, den nachhaltigen Unternehmenszweck (Sustainable Corporate Purpose) i. S. e. Erhöhung des langfristigen Werts für das Unternehmen und die Gesellschaft (Long Term Value to Business and Society) zu verfolgen.

[1] Vgl. u. a. Shleifer/Vishny, The Journal of Finance 1997, S. 737.
[2] Vgl. Shleifer/Vishny, The Journal of Finance 1997, S. 737.
[3] Vgl. Freeman, Business Ethics Quarterly 1994, S. 409.
[4] Vgl. Dowling/Pfeffer, The Pacific Sociological Review 1975, S. 122 ff.
[5] Vgl. hierzu die Ausführungen von Colin Mayer und Alex Edmans: Mayer, Prosperity. Better Business Makes the Greater Good, 2018; Edmans, Grow the Pie: How Great Companies Deliver Both Purpose and Profit, 2020.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Sustainability Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge