Schätzung bei Übernachtung in der Lkw-Schlafkabine
Für jede Übernachtung im Inland darf der Arbeitgeber aber ohne Einzelnachweis einen Pauschbetrag von 20 Euro erstatten (R 9.7 Abs. 3 Satz 1 LStR). Bei Übernachtungen im Ausland dürfen die Übernachtungskosten grundsätzlich ohne Einzelnachweis der tatsächlichen Aufwendungen mit Pauschbeträgen (Übernachtungsgelder) steuerfrei erstattet werden (R 9.7 Abs. 3 Satz 2 LStR). Bei einer Übernachtung in einem Fahrzeug ist die steuerfreie Zahlung der Pauschbeträge nicht zulässig (R 9.7 Abs. 3 Satz 7 LStR), sodass der Arbeitgeber nur die tatsächlichen Kosten steuerfrei erstatten kann oder ein Werbungskostenabzug in Betracht kommt.
Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 28.3.2012, VI R 48/11) kann ein Lkw-Fahrer, ohne Nachweis von tatsächlich angefallenen Aufwendungen, seine Übernachtungskosten für Auslandsdienstreisen schätzen, weil davon auszugehen ist, dass bei einer Übernachtung in der Schlafkabine typischerweise bestimmte Kosten wie z. B. für Dusche, Toilette und Reinigung der Schlafgelegenheiten entstehen.
Beispiel: A ist als Kraftfahrer nichtselbstständig tätig. Im Jahr 2014 übte er seine Tätigkeit ausschließlich im Ausland aus. Dabei übernachtete er an 200 Tagen in der Schlafkabine seines Lkw. Seine tatsächlichen Kosten während der Übernachtungen kann A weder mit Belegen noch mit Aufzeichnungen nachweisen. Von seinem Arbeitgeber erhielt er keine steuerfreie Erstattung.
Im Urteilsfall hielt der BFH – ohne Einzelnachweis im Rahmen der Schätzung - einen Betrag von 5 EUR pro Übernachtung für typischerweise angefallene Kosten für angemessen. Die Finanzverwaltung vertritt aber die Auffassung (BMF v. 4.12.2012, BStBl. 2012 I S. 1249), dass derartige Reisenebenkosten zumindest in vereinfachter Weise ermittelt und glaubhaft gemacht werden müssten. Es sei daher ausreichend, wenn der Arbeitnehmer die ihm tatsächlich entstandenen und regelmäßig wiederkehrenden Kosten für einen repräsentativen Zeitraum von 3 Monaten im Einzelnen durch entsprechende Aufzeichnungen glaubhaft macht. Hat der Arbeitnehmer diesen Nachweis erbracht, könne der tägliche Durchschnittsbetrag, der sich aus den Rechnungsbeträgen für den repräsentativen Zeitraum ergibt, für den Ansatz von Werbungskosten oder auch für die steuerfreie Erstattung durch den Arbeitgeber (nach Maßgabe der §§ 3 Nr. 13 und 16 EStG) so lange zu Grunde gelegt werden, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern.
Praxis-Tipp
Nach Auffassung des FG München (Urteil v. 2.9.2012, 7 K 2393/13) erscheint aber eine (Mindest-) Schätzung von 5 EUR pro Tag, wenn Einzelnachweise nicht vorliegen, keinesfalls überhöht. Das FG nimmt dabei Bezug auf eine Entscheidung des FG Schleswig-Holstein (Urteil v. 27.09.2012, 5 K 99/12) in der davon ausgegangen wird, dass für jeden Duschgang im Durchschnitt 2 EUR anfallen und teilweise auch Toilettengänge sowohl im Inland als auch im Ausland kostenpflichtig sind. Darüber hinaus fallen bei der Benutzung der Schlafkabine im Lkw zwangsläufig auch Kosten für die Reinigung der Bettwäsche bzw. der Schlafgelegenheiten an.
Daher erscheint nach Auffassung des FG ein durchschnittlicher Kostenaufwand von zumindest 5 EUR glaubhaft, zumal das FG Rheinland-Pfalz schon 1998 und 1999 10 DM pro Übernachtung geschätzt hat (Urteil v. 24.03.2005, 6 K 1664/04). Angesichts der zwischenzeitlichen Preissteigerungen sei ein Betrag von 5 EUR somit realistisch, sodass es auf die Vorlage von Einzelnachweisen – auch für einen repräsentativen Zeitraum – nicht ankommt. Hier kann A daher 1.000 EUR (200 Tage x 5 EUR) als Werbungskosten geltend machen.
Falls die Finanzämter eine Schätzung von 5 EUR pro Tag (ohne Nachweis) ablehnen, sollte auf die rechtskräftigen Entscheidungen des FG München und Schleswig-Holstein verwiesen werden.
Hinweis: Trotz der positiven Entscheidungen der Finanzgerichte München und Schleswig-Holstein ist es zu empfehlen, den von der Finanzverwaltung geforderten repräsentativen Zeitraum von 3 Monaten aufzuzeichnen (z. B. Standgebühren auf Rast- und Parkplätzen, Duschnutzung, Toilettenbenutzung und Reinigungskosten der Bettwäsche), weil aufgrund der Preissteigerungen gegebenenfalls noch höhere Übernachtungskosten glaubhaft gemacht werden können.
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