Rn. 41
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Definition: "Wird der Haftungsbetrag iSd Abs 1 S 2 gemindert (Haftungsminderung) ...".
Eine Haftungsminderung liegt nur vor, wenn die Herabsetzung des Haftungsbetrages spätestens am Schluss des Wj im HR eingetragen und bekannt gemacht ist (§ 174 HGB iVm § 15 HGB: glA Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 102, 41. Aufl; aA Biergans, DStR 1981, 3, 12).
Der BGH vom 04.05.2021, II ZR 38/20, BB 2021, 1601 hat festgestellt, dass die auf fünf Jahre begrenzte Außenhaftung des Kommanditisten nach den §§ 160 Abs 1, 161 Abs 2 HGB bei dessen Ausscheiden analog auch für Fälle der Herabsetzung der Haftsumme Anwendung findet. Diese wirke sich aus der Sicht der Gläubiger wie ein teilweises Ausscheiden des Kommanditisten aus der KG aus. Entsprechend § 160 Abs 1 S 2 HGB beginnt diese Frist mit der Eintragung des Herabsetzens der Haftsumme in das HR bzw schon früher mit der positiven Kenntnis des Gläubigers – so auch die §§ 728b BGB, 137 HGB nF lt MoPeG vom 10.08.2021, BGBl I 2021, 3436 – (Kenntnisnahme also dokumentieren).
§ 15a Abs 3 EStG birgt immer noch durch Rspr und Fachliteratur unbeachtete bzw ungelöste Fragestellungen:
- So hat sich das FG D'dorf vom 30.09.2021, 14 K 717/19 F, DStZ 2022, 99 (Rev BFH zugelassen) erstmals (s Abschnitt IV. der Urteilsbegründung) mit der Frage beschäftigt, ob eine fiktive Gewinnzurechnung (nachfolgend s Rn 41a) auch bei Veräußerung eines Teilkommanditanteils mit dadurch sich ergebender Minderung der Haftsumme zu erfolgen hat, wenn in der Gesamtbetrachtung infolge der gleichzeitigen Erhöhung der Haftsumme des erwerbenden Mitgesellschafters um den gleichen Betrag (lediglich) eine nicht nachversteuerungspflichtige Haftungsverschiebung erfolgt. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des § 15a Abs 3 S 3 EStG sei eine Nachversteuerung auf Grund der Haftungsminderung nicht vorzunehmen; zudem war im Streitfall die Verringerung des wirtschaftlichen Risikos bereits durch die Versteuerung des negativen Kapitalkontos im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns erfolgt. Dem ist nach dem Telos des Gesetzes zuzustimmen.
- Wiederum das FG D'dorf vom 01.07.2021, 11 K 1039/21 F, GmbHR 2022, 660, nrkr – Zulassung der Rev wegen grundsätzlicher Bedeutung –, Az BFH IV R 17/21, hat aufgrund einer "differenzierten Betrachtungsweise" zugunsten von Kommanditisten geurteilt, die trotz eines wegen Herabsetzung der Pflichteinlage und daran anschließender Entnahme negativen Kapitalkontos Verluste gemäß § 15a Abs 1 S 2 EStG aufgrund der ihre verbleibende Einlage übersteigenden Außenhaftung steuerlich nutzen konnten und danach ihre Beteiligung mit negativem Kapitalkonto unentgeltlich übertragen haben: das Ausscheiden des Schenkers aus der KG unterfalle nicht § 15a Abs 3 EStG und bei (echter!) Unentgeltlichkeit auch nicht der speziellen Regelung in § 52 Abs 24 EStG (vormals Abs 33) – zurecht mit Hinweis auf nachfolgend s Rn 53 iVm s Rn 51b und BFH vom 01.03.2018, BStBl II 2018, 527, Rz 26 – zumindest wenn ausreichende stille Reserven vorhanden, auch s Glasenapp, BB 2021, 1202 –, somit entsteht kein stpfl Veräußerungsgewinn beim Schenker, weil der oder die Beschenkte das negative Kapitalkonto des Schenkers nach § 6 Abs 3 EStG als Rechtsnachfolger/in unentgeltlich übernimmt und es unverändert fortführt. Der/die Beschenkte muss erst künftige Gewinne und keinen fiktiven Gewinn nach § 15a Abs 3 S 3 EStG versteuern, wie das FA es wollte.
- Schließlich hat das FG Köln vom 16.02.2022 – 12 K 509/19, DStZ 2022, 503, nrkr, Az BFH IV R 11/22 entschieden, dass § 15a Abs 3 S 1 EStG teleologisch dahingehend zu reduzieren sei, dass die Gewinnzurechnung nicht nur ausgeschlossen ist, soweit auf Grund der Entnahmen eine nach Abs 1 S 2 zu berücksichtigende Haftung besteht oder entsteht, sondern auch, soweit eine Haftung nach Abs 1 S 2 iVm § 171 Abs 1 HGB überhaupt generell besteht. Das sei zwar nicht vom Wortlaut des § 15a Abs 3 S 1 EStG gedeckt, folge jedoch aus dem Sinn und Zweck des § 15a Abs 3 EStG, der darin bestehe, den Kommanditisten so zu stellen, als hätte er die entnommene Einlage nie geleistet. Dann aber erscheine es inkonsequent, den Verlustausgleich auf den Betrag der geleisteten und sodann entnommenen Einlage zu beschränken. Hätte der Kommanditist überhaupt nie eine Einlage geleistet, würde sich die Höhe des zulässigen Verlustausgleichs ausschließlich an der Haftsumme in toto orientieren. Das erscheint schlüssig.