Niedersächsisches FG

Vorsteuerabzug bei Sachgründung einer GmbH


Vorsteuerabzug bei Sachgründung einer GmbH

Wird eine Ein-Mann-GmbH durch Sacheinlage eines Pkw des Gründungsgesellschafters gegründet, kann der Gesellschaft der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkw zustehen, auch wenn die diesbezügliche Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist. So hat das Niedersächsische FG entschieden.

Gestritten wurde um den Vorsteuerabzug für den Erwerb eines im Rahmen der Sachgründung einer GmbH eingelegten Kraftfahrzeugs. Die klagende A-GmbH wurde durch ihre alleinige Gesellschafterin Frau A gegründet. Frau A war zuvor nicht unternehmerisch tätig gewesen. Im Gesellschaftsvertrag war geregelt, dass die Einlage geleistet werde, indem die Gesellschafterin auf das Stammkapital eine Sacheinlage durch Übereignung des in ihrem Eigentum stehenden Pkw MINI Cooper SD All4 Countryman erbringe. Diesen hatte sie zuvor zu einem Kaufpreis von 29.571 EUR netto zuzüglich Umsatzsteuer (5.618 EUR) erworben. Die Rechnung war namentlich an Frau A adressiert.

Vorsteuerabzug aus Pkw-Kauf

Mit der Umsatzsteuererklärung für 2021 machte die A-GmbH unter anderem Vorsteuerbeträge aus dem Erwerb des Pkw durch Frau A geltend. Sie wies darauf hin, dass der Erwerb des Fahrzeugs als vorbereitende Handlung zur Gründung der Gesellschaft durch die Gesellschafterin gegolten habe. Mithin Folge aus der ständigen EuGH-Rechtsprechung, dass aufgrund des Neutralitätsgrundsatzes generell und uneingeschränkt ein Vorsteuerabzug für eine vorbereitende wirtschaftliche Tätigkeit des Gesellschafters oder der Vorgründungsgesellschaft für die zu gründende Gesellschaft anzuerkennen sei. Das Finanzamt lehnte den Vorsteuerabzug insoweit ab.

Sacheinlage in GmbH

Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Gerichts kann bei Sachgründung einer Ein-Mann-GmbH durch Sacheinlage eines Pkw, der während des Bestehens der Vor-GmbH geliefert wird und den die Gesellschaft nach ihrer Gründung ausschließlich für eine wirtschaftliche Tätigkeit nutzt, der Vorsteuerabzug nach dem Neutralitätsgrundsatz der Gesellschaft zustehen. Das gilt selbst dann, wenn die diesbezügliche Rechnung an den Gründungsgesellschafter adressiert ist, sofern der Gründungsgesellschafter selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Insoweit hat nach der Überzeugung des Gerichts umsatzsteuerlich eine personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der EuGH, Urteil v. 1.3.2012, C-280/10 (Polski Trawertyn), die "falsche Rechnungsadressierung" (nämlich an die Gesellschafterin statt an die Gesellschaft) als rein formalen Mangel wertet, der nicht zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führt, wenn dessen materielle Voraussetzungen erfüllt sind. Nach Ansicht des Finanzgerichts ist diese Auffassung des EuGH auf den vorliegenden Streitfall übertragbar. Überdies sei zu berücksichtigen, dass die Rechnung an die Geschäftsadresse der GmbH bzw. der Vorgesellschaft gestellt wurde, nicht an die private Wohnanschrift der Gesellschafterin A.

Umsatzsteuerliche Probleme bei GmbH-Gründungen

Für die Praxis ist leider bedauerlich, dass solche und ähnliche Vorgänge, also Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, bei Gründung einer Gesellschaft immer wieder umsatzsteuerliche Probleme aufwerfen. Es kommt vergleichsweise häufig vor, dass ein (späterer) Gesellschafter bereits Investitionen für die (spätere) Gesellschaft tätigt. Soweit ersichtlich, wurde nun erstmals von einem Finanzgericht der Sonderfall der Sachgründung einer Ein-Mann-GmbH durch Sacheinlage eines in der Gründungsphase erworbenen Gegenstands im Hinblick auf die Vorsteuerabzugsberechtigung nach dessen Einbringung behandelt. Unter Verweis auf den (alles überragenden) Neutralitätsgrundsatz war die Klage vorliegend erfolgreich. Mitentscheidend war ganz offenbar, dass die Gründungsgesellschafterin insoweit selbst nicht unternehmerisch tätig wurde und die Versagung des Vorsteuerabzugs aufgrund einer "falschen Rechnung" kaum sachgemäß erschienen hätte.

Es bleibt abzuwarten, wie sich der BFH zu dieser Problematik positioniert, Az beim BFH XI R 13/25.

Niedersächsisches FG, Urteil v. 3.4.2025, 5 K 111/24


Schlagworte zum Thema:  GmbH-Gründung , Vorsteuerabzug
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