Vorliegen eines begünstigungsfähigen Familienheims bei baugleicher Wohnung
Erbschaft mehrerer Immobilien
Der Kläger ist alleiniger Erbe seiner verstorbenen Mutter. Teil der Erbmasse sind 2 Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus. Die Mutter hat die Wohnung Nr. 1 im Dachgeschoss des Objektes selbst bewohnt; der Kläger hat die Wohnung Nr. 2 im zweiten Obergeschoss von der Mutter angemietet und selbst bewohnt.
Nach dem Erbfall blieb der Kläger weiterhin in der Wohnung Nr. 2; die Wohnung Nr. 1 vermietete er an Dritte. Der Kläger hat für die Wohnung Nr. 2, d. h. die von ihm selbstgenutzte Wohnung, eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG beantragt, da die beiden Wohnungen im gleichen Objekt und nahezu identisch seien. Der Umzug von einer Etage in die andere in eine baugleiche Wohnung sei lediglich aus sinnhaftigkeits- und verfahrensökonomischen Gründen unterblieben. Diesen Antrag hat das Finanzamt abgelehnt.
Steuerbefreiung nach § 13 ErbStG nur bei Nutzung für eigene Wohnzwecke
Die Klage hat keinen Erfolg. Das Finanzamt hat die vom Kläger begehrte Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG zu Recht nicht gewährt
Eine Wohnung ist zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt. Nutzt der Erwerber das Familienheim nach dem Erwerb nicht für eigene Wohnzwecke, kommt eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c ErbStG selbst dann nicht in Betracht, wenn zwingende Gründe im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 5 ErbStG den Erwerber an einer Selbstnutzung hindern.
Hinsichtlich der Wohnung Nr. 2 ist § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG nicht erfüllt, da die Erblasserin diese Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Auch hinsichtlich der Wohnung Nr. 1 ist § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG nicht erfüllt, da der Kläger dort nicht eingezogen ist. Die Wohnung Nr. 1 als Familienheim im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 1 ErbStG kann auch nicht durch die Wohnung Nr. 2 ersetzt werden, denn die Vorschrift ist nicht dahingehend auszulegen, dass das Familienheim durch eine andere Wohnung im selben Mehrfamilienhaus ausgetauscht werden kann.
BFH-Rechsprechung zum Familienheim
Das Urteil überrascht nicht, da es der BFH-Rechtsprechung entspricht (BFH, Urteil v. 6.5.2021, II R 46/19). Der Schutzzweck von § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c ErbStG ist nicht auf die bloße Erhaltung der in Immobilien ruhenden Vermögenswerte gerichtet, sondern zielt vielmehr auf die Sicherung des gegenständlich-räumlichen Fortbestands des eigengenutzten Wohneigentums einer Familie. Dem Zweck der Sicherung von Vermögenswerten wird jedoch bereits durch die allgemeinen erbschaftsteuerlichen Freibeträge gedient.
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