Betriebsausgabenabzug für Verwaltungs- und Konzernabschlusskosten einer Holding

Des Weiteren hat der BFH nochmals klargestellt, dass ein Rechtsmittelführer unter der Geltung der Post-Universaldienstleistungsverordnung „bisher“ grundsätzlich darauf vertrauen durfte, dass ein eingelieferter Brief am nächsten Werktag ausgeliefert wird (Bestätigung der Rechtsprechung).
Gesetzliche Regelungen
Nach § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FGO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 FGO).
Nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen oder mit Vergütungen nach § 3 Nr. 40a EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60% abgezogen werden.
Streitfrage
Der BFH hatte materiell rechtlich darüber zu entscheiden, ob die bei einer Holdinggesellschaft angefallenen Konzernabschlusskosten i. S. v. § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den dem Teileinkünfteverfahren unterliegenden Beteiligungserträgen stehen mit der Folge, dass sie nur anteilig als Betriebsausgaben abgezogen werden können.
Sachverhalt: Klägerin erzielt Beteiligungserträge
- Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Beteiligung an anderen Gesellschaften. Sie hält 100 % der Anteile an der V GmbH, die ihrerseits Beteiligungen an anderen Gesellschaften hält. Die Klägerin erzielte im Streitjahr ausschließlich Dividendenerträge aus ihrer Beteiligung an der V GmbH.
- Bei der Ermittlung ihres Gesamthandsgewinns berücksichtigte die Klägerin die Gewinnausschüttung der V GmbH in voller Höhe als Betriebseinnahme. Ihre Kosten für Abschluss- und Prüfungsarbeiten, Rechtsberatung und Geldverkehr sowie Beiträge zur Industrie- und Handelskammer (IHK) berücksichtigte sie hingegen nach § 3c Abs. 2 EStG nur anteilig zu 60% als Betriebsausgaben. Neben ihrem so ermittelten Gesamthandsgewinn gab sie in ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr an, dass sie in Höhe der bei der Gewinnermittlung als Betriebseinnahme angesetzten Gewinnausschüttung der V GmbH Einkünfte erzielt habe, die dem Teileinkünfteverfahren unterlägen.
Das Finanzamt (FA) folgte der Erklärung der Klägerin. Es stellte in seinem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheid) für 2017 den erklärten Gesamthandsgewinn sowie die Gewinnausschüttung der V GmbH als darin enthaltene Einkünfte, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, fest. Mit ihrem Einspruch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid für 2017 begehrte die Klägerin ohne Erfolg den ungekürzten Abzug ihrer Betriebsausgaben. Das FG hat (ebenfalls) entschieden, dass die Betriebsausgaben der Klägerin nur anteilig nach § 3c Abs. 2 EStG abzugsfähig seien, da diese ausschließlich in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Dividendenerträgen der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der V GmbH stünden.
Revisionsbegründung ging verspätet beim BFH ein
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Ihr Schriftsatz zur Begründung der Revision ging allerdings erst nach Ablauf der Begründungsfrist am 1.12.2022 beim BFH ein. Nachdem sie mit Schreiben vom 6.12.2022 auf den verspäteten Eingang der Revisionsbegründung hingewiesen worden war, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 13.12.2022 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da ihre Prozessbevollmächtigte ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die bis zum 30.11.2022 verlängerte Revisionsbegründungsfrist einzuhalten.
Die Prozessbevollmächtigte habe davon ausgehen dürfen, dass ihre postalisch versendete Revisionsbegründung bis zum 30.11.2022 beim BFH eingehen werde. Die Sekretariatsmitarbeiterin S habe den Brief mit der Revisionsbegründung persönlich am 29.11.2022 gegen 17 Uhr in einen Briefkasten eingeworfen, der nach den Angaben der Deutsche Post AG werktäglich um 17:30 Uhr und um 18 Uhr geleert werde. Dieser Geschehensablauf sei von S in ihrer eingereichten eidesstattlichen Versicherung bestätigt worden. Die Prozessbevollmächtigte habe nicht davon ausgehen müssen, dass der Postlauf für einen im Inland versendeten Brief bei rechtzeitigem Einwurf vor der Leerung des Briefkastens länger als ein Werktag sei. Die tatsächlich eingetretene Verzögerung sei der Prozessbevollmächtigten nicht zuzurechnen.
Entscheidung: BFH gewährt Wiedereinsetzung in versäumte Frist
Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen vor, insbesondere hat die Klägerin die verlängerte Revisionsbegründungsfrist unverschuldet versäumt.
Ein Rechtsmittelführer darf darauf vertrauen, dass die von der Deutsche Post AG nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden. In der Verantwortung des Rechtsmittelführers liegt es nur, das zur Beförderung bestimmte Schriftstück den postalischen Bestimmungen entsprechend und so rechtzeitig zur Post zu geben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Deutsche Post AG bei regelmäßigem Dienstablauf den Empfänger fristgerecht erreicht. Der Rechtsmittelführer kann Rechtsmittelfristen grundsätzlich bis zum letzten Tag in Anspruch nehmen. Lediglich gegen Ende der Frist obliegt es ihm, eine Beförderungsart zu wählen, die die Einhaltung der Frist gewährleistet. Im Rahmen der üblichen Postlaufzeiten ist der Rechtsmittelführer aber nicht verpflichtet, alternative Beförderungsmittel zu nutzen.
Nach diesen Grundsätzen durfte die Prozessbevollmächtigte darauf vertrauen, dass ihr per Post versandtes Schreiben vom 29.11.2022 mit der Revisionsbegründung dem BFH innerhalb eines Werktags bis zum Fristende am 30.11.2022 zugehen wird. Denn eine Postlaufzeit von einem Werktag ab Einlieferung ist noch als „Normalfall“ bzw. „regelmäßiger Dienstablauf“ anzusehen, auf den der Rechtsmittelführer als Absender vertrauen kann, wenn nicht im Zeitpunkt der Absendung konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Laufzeit überschritten werde. Dies folgt für den Senat insbesondere aus § 2 Nr. 3 Satz 1 der bis zum 18.7.2024 gültigen Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV). Danach müssen von den an einem Werktag eingelieferten inländischen (normalen) Briefsendungen im Jahresdurchschnitt mindestens 80 % an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 95 % bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden.
Hinweis: Neuregelung durch Postrechtsmodernisierungsgesetz
Nach § 18 Abs. 1 PostG müssen Universaldienstanbieter von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen mindestens 95 % an dem dritten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 99 % an dem vierten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zustellen. Die Änderung ist am 19.7.2024 in Kraft getreten.
Zulässige Revision allerdings unbegründet
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Betriebsausgaben der Klägerin dem teilweisen Abzugsverbot unterliegen.
Die Aufwendungen der Klägerin sind durch die Erzielung von Beteiligungserträgen als gewerbliche Einkünfte veranlasst. Die Klägerin erzielte ausschließlich Einnahmen aus ihrer Beteiligung an der V GmbH. Die Einnahmen gehören bei ihr als gewerblich geprägte Personengesellschaft zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Die Aufwendungen der Klägerin stehen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihren gewerblichen Einkünften nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
Die Aufwendungen für ihre Abschlüsse und die Prüfungsarbeiten, die Rechtsberatung, die IHK-Mitgliedschaft und den Zahlungsverkehr wurden von der Klägerin aufgrund ihrer nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblichen Tätigkeit, dem Halten der Beteiligung an der V GmbH und der Erzielung von Beteiligungserträgen, getragen. Denn das Halten der Beteiligung an der V GmbH erfolgte im Streitjahr in Ausübung des einzigen Unternehmensgegenstands der Klägerin.
Zwar erfüllte die Klägerin mit den Aufwendungen, insbesondere mit den Kosten für die Abschluss- und Prüfungsarbeiten hinsichtlich der Konzernbilanz sowie mit der Zahlung der IHK-Beiträge, auch jeweils eine ihr obliegende rechtliche Verpflichtung. Das auslösende Moment für diese Verpflichtungen liegt jedoch wiederum jeweils in der grundlegenden unternehmerischen Entscheidung der Klägerin begründet, in der Rechtsform einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Beteiligungen an anderen Gesellschaften zur Erzielung von Beteiligungserträgen zu halten. Die Erfüllung einer rechtlichen Obliegenheit steht dem Bestehen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs und dem Abzug der damit verbundenen Aufwendungen als Betriebsausgaben nicht entgegen.
Die Dividendenerträge der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der V GmbH unterliegen dem sogenannten Teileinkünfteverfahren und sind nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG im Umfang von 40 % steuerfrei gestellt. Der wirtschaftliche Zusammenhang ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin im Streitjahr ausschließlich Einnahmen erzielt hat, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Die zum Abzug zugelassenen Betriebsausgaben stehen danach ausschließlich mit anteilig steuerfreien Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang.
Soweit die Klägerin meint, insbesondere ihre Aufwendungen für die Erstellung der Konzernbilanz oder für die IHK-Mitgliedschaft stünden nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihren teilweise steuerfreien Einnahmen aus der Beteiligung an der V GmbH, da ihnen eine gesetzliche Verpflichtung zugrunde liege, übersieht sie, dass auch diese Verpflichtungen und die damit verbundenen Aufwendungen Folge ihrer Absicht sind, in der Rechtsform einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Anteile an anderen Gesellschaften zur Erzielung von Beteiligungserträgen zu halten. Anderenfalls fehlte es bereits an den Voraussetzungen für den Abzug dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG. Dies wäre z. B. der Fall, wenn das auslösende Moment für die Zahlung von IHK-Beiträgen ausschließlich in der Existenz der Klägerin und nicht (vorrangig) in ihrer unternehmerischen Entscheidung zur Erzielung gewerblicher Beteiligungseinkünfte zu sehen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Denn wie sich aus dem Eingangssatz des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ergibt, erzielt (auch) eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nicht aufgrund ihrer bloßen Existenz gewerbliche Einkünfte, sondern nur dann, wenn sie eine mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit ausübt. Aus diesem Grund kann der Einwand der Klägerin, ihre Verwaltungskosten wären auch dann angefallen, wenn sie keine Beteiligungseinkünfte erzielt hätte, ebenfalls nicht überzeugen. Denn dann wären sie schon nicht als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abzugsfähig.
Das FG hat hinsichtlich der Aufwendungen für die Aufstellung und Offenlegung eines Konzernabschlusses dementsprechend auch zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Aufwendungen Folge der von der Klägerin geschaffenen Konzernstruktur und ihres beherrschenden Einflusses auf die V GmbH sind und danach im Ergebnis dazu dienen, die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen zur Erzielung von Beteiligungserträgen zu schaffen bzw. aufrechtzuerhalten. Entsprechendes gilt für die geltend gemachten sonstigen Aufwendungen.
BFH, Urteil v. 27.11.2024, IV R 25/22; veröffentlicht am 30.1.2025
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