Verteilung außergewöhnlicher Belastungen auf mehrere Jahre
Sachverhalt:
Im Jahr 2011 haben die Kläger ihr selbstgenutztes Einfamilienhaus für insgesamt 165.981 EUR behindertengerecht umgebaut. Angrenzend an das Wohnzimmer im Erdgeschoss und das darüber liegende Schlafzimmer haben sie einen 2-geschossigen Anbau mit je 13,39 m² Wohnfläche errichtet, in den ein Lastenaufzug integriert ist. Sämtliche mit dem Umbau in Zusammenhang stehenden Rechnungen bezahlten die Kläger im Jahr 2011. Das Finanzamt hat einen Betrag von 149.069 EUR als agB anerkannt, lehnte jedoch eine Verteilung auf mehrere Jahre ab. Im Klageverfahren tragen die Kläger vor, bei Berücksichtigung der agB nur im Jahr 2011 würde ein deutlich zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte dem vollen Abzug der Aufwendungen entgegenstehen. Der BFH halte es für denkbar und geboten, dem Steuerpflichtigen im Wege der abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen ein Wahlrecht auf Verteilung der Aufwendungen einzuräumen, wenn ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte dem vollen Abzug der Aufwendungen entgegenstehe. Andernfalls wäre ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 des GG evident, da eine eklatante Benachteiligung mit Steuerpflichtigen bestehe, die diese Aufwendungen nicht bestreiten müssten.
Entscheidung:
Das Finanzgericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Die begrenzte steuerliche Auswirkung im Jahr 2011 liege darin begründet, dass die agB den Gesamtbetrag der Einkünfte um 24.563 EUR überstiegen. Hierbei handele es sich nach Auffassung des Finanzgerichts um eine Härte, die sich aus der Entscheidung des Gesetzgebers für die Einkommensteuer unter Anwendung der Abschnittsbesteuerung (§ 2 Abs. 7 EStG) und des Abflussprinzips (§ 11 Abs. 2 EStG) ergebe. Die durch Entscheidungen des Gesetzgebers verursachten Härten begründen keinen Widerspruch zu dem Zweck des Gesetzes.
Praxishinweis:
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat das Finanzgericht die Revision zugelassen, welche beim BFH unter dem Az. VI R 36/15 geführt wird. In diesem Verfahren hat der VI. Senat des BFH nun die Möglichkeit, das, was er im Urteil vom 22.10.2009 (BStBl 2010 II S. 280) für denkbar gehalten hat, auch in die Tat umzusetzen. In vergleichbaren Fällen sollten daher ablehnende Steuerbescheide unter Hinweis auf das Verfahren VI R 36/15 mit einem Einspruch offen gehalten werden.
FG Baden-Württemberg Urteil vom 23.04.2015 - 3 K 1750/13, Haufe Index 8310842
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