Veräußerungsgewinn aus einer Managementbeteiligung

Ausschluss- oder Kündigungsrechte hinsichtlich einer Beteiligung für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen für sich allein nicht die Annahme von Arbeitslohn.

Hintergrund: Veräußerung einer Managementbeteiligung

Streitig war, ob ein Erlös aus der Veräußerung einer "Managementbeteiligung" als Arbeitslohn zu erfassen ist oder ob es sich um - außerhalb der Spekulationsfrist erzielte und daher steuerfreie - sonstige Einkünfte handelt. X war für verschiedene Unternehmen der A-Unternehmensgruppe im mittleren Management tätig. In 2002 beschlossen die Gesellschafter der A-Holding, Mitarbeiter der ersten und zweiten Führungsebene, zu der X gehörte, über eine Beteiligungs-GbR an der Holding zu beteiligen. An der GbR konnten sich nur Mitarbeiter der Holding oder eines Unternehmens der Gruppe beteiligen. Die Gesellschafter konnten durch Kündigung oder Ausschluss aus wichtigem Grund aus der GbR ausscheiden. Als wichtiger Ausschlussgrund galt die Übertragung von mehr als 25 % der Anteile an der Holding an fremde Dritte mit anschließender Veränderung der Geschäftsführung. Außerdem konnte die GbR-Gesellschafterversammlung einen Gesellschafter bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses ausschließen. 

X leistete in 2003 eine Einlage von 107.000 EUR und die GbR erwarb Anteile an der Holding. In 2004 übernahm eine Investorengruppe zusammen mit den übrigen Holding-Anteilen auch die Anteile der GbR an der Holding. Auf X entfiel ein in 2004 gezahlter anteiliger Veräußerungserlös von 574.000 EUR. Das FA behandelte den Gewinn aus der Veräußerung bei der Veranlagung 2004 als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Das FG verneinte dagegen einen Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und nahm - wegen Ablaufs der einjährigen Spekulationsfrist - nicht steuerbare sonstige Einkünfte an.

Entscheidung: vom Arbeitsverhältnis zu trennende Sonderrechtsbeziehung ...

Arbeitslohn liegt vor, wenn ein Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft darstellt. Kein Arbeitslohn liegt dementsprechend vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige  Sonderrechtsbeziehungen liegen insbesondere dann vor, wenn diese auch selbständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen können. Der Arbeitnehmer nutzt dann sein Kapital als eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage und erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen.

... da die Beteiligung zum Marktpreis erworben wurde

Der BFH bestätigt die Würdigung des FG, dass der Veräußerungserlös nicht durch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit veranlasst ist. Da X die Beteiligung an der Holding zum Marktpreis - und nicht etwa verbilligt - erworben und veräußert hat, ist es unerheblich, dass für X eine Gewinnchance bestand. Dass die Beteiligungsmöglichkeit nur für das Management eröffnet war, schließt nicht aus, dass der erzielte Gewinn seine Ursache allein in der Kapitalbeteiligung hatte. Auch die Ausschlussrechte aus der GbR für den Fall einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind letztlich nur Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigen für sich allein noch nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Beteiligungsmöglichkeit Arbeitslohn zugewendet werden soll. Im Übrigen trug X im Rahmen seiner Kapitalbeteiligung ein effektives Verlustrisiko

Hinweis: Ab 2009 fällt Abgeltungsteuer an

Die Entscheidung betrifft die Rechtslage vor Einführung der Abgeltungsteuer. Dementsprechend waren auch Veräußerungsgewinne aus Wertpapiergeschäften nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Seit 2009 unterliegen diese Gewinne nunmehr der Abgeltungsteuer (§ 20 Abs. 2 EStG n. F.). Der BFH bestätigt die Grundsätze der neueren Rechtsprechung (Urteile v. 17.6.2009, VI R 69/06, BStBl 2010 II S. 69, und v. 20.5.2010, VI R 12/08, BStBl 2010 II S. 1069). Danach kann auch bei einer Mitarbeiterbeteiligung ein vom Arbeitsverhältnis zu trennendes Sonderrechtsverhältnis anerkannt werden, wenn die Beteiligung zum Marktpreis angeboten wurde. Ebenso ist ein Sonderkündigungsrecht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unerheblich. Denn es ist letztlich bloße Folge der Mitarbeiterbeteiligung. 

Mögliche Tatsachenwürdigung des FG bindet den BFH

Die Abgrenzung, ob ein Leistungsaustausch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist oder auf einer Sonderrechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruht, obliegt der tatsächlichen Würdigung des FG. Das bedeutet, dass die Würdigung des FG für den BFH bindend ist, wenn sie nur möglich ist. Dass auch eine andere Würdigung als die vom FG gefundene möglich gewesen wäre, ist unerheblich und kann in der Revision nicht mehr mit Erfolg angegriffen werden. Die Würdigung ist für den BFH nur dann nicht bindend, wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, d.h. wenn sie unlogisch und damit rechtsfehlerhaft ist. 

BFH, Urteil v. 4.10.2016, IX R 43/15, veröffentlicht am 25.1.2017

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