Thesaurierungsbegünstigung bei Übertragung auf Stiftung

Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung löst keine Nachversteuerung von in der Vergangenheit nach § 34a EStG begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinnen aus (Rechtslage vor 2017).

Hintergrund: Übertragung einer Mitunternehmerbeteiligung auf eine Stiftung

X war einziger Kommanditist einer GmbH u. Co. KG und alleiniger Gesellschafter der Verwaltungs-GmbH. Für in der Vergangenheit nicht entnommene Gewinne nahm er die Tarifermäßigung (Thesaurierungsbegünstigung) nach § 34a EStG in Anspruch. In 2012 gründete er die A-Beteiligungsträgerstiftung. Er verpflichtete sich, das Stiftungsvermögen durch die Übertragung seiner Beteiligungen an der GmbH und der KG zu bestücken und schied mit den Anteilsübertragungen aus beiden Gesellschaften aus.

Das FA bejaht eine Analogie zur Einbringung in eine Kapitalgesellschaft

Das FA stellte für 2012 einen der Nachversteuerung zuzuführenden Betrag fest, weil durch die Übertragung der KG-Beteiligung auf die Stiftung ein analog zur "Einbringung in eine Kapitalgesellschaft" zu behandelnder Tatbestand nach § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllt worden sei. Bei der ESt-Veranlagung für 2012 wurde die Nachversteuerung mit 25 % des nachversteuerungspflichtigen Betrags umgesetzt (§ 34a Abs. 4 EStG).

Das FG lehnt die Analogie ab

Die Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrags hatte Erfolg. Das FG entschied, die Übertragung der KG-Beteiligung auf die Stiftung löse keine Nachversteuerung aus. Auch eine analoge Anwendung des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG (betr. Einbringung in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft) sei nicht möglich. 

Entscheidung: Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen nicht vor

Im Streitfall ist § 34a Abs. 6 EStG in der Fassung vor Einfügung der Nr. 3 in Abs. 6 Satz 1 anzuwenden. Nach der bisherigen Fassung kommen allein die Nachversteuerungstatbestände des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG in Betracht. Deren Voraussetzungen liegen nach dem Gesetzeswortlaut eindeutig nicht vor:

  • In der Übertragung des Mitunternehmeranteils liegt keine Veräußerung i.S.v. Nr. 1, da X seinen Anteil unentgeltlich auf die Stiftung übertragen hat.
  • Es liegt auch keine Aufgabe eines Mitunternehmeranteils i.S.v. Nr. 1 vor. Denn X hat den Betrieb nicht durch Einzelveräußerung, Entnahme oder Realteilung eingestellt. Vielmehr hat die KG weiter bestanden, und zwar mit der Stiftung als Kommanditistin und außerdem als Gesellschafterin der Komplementär-GmbH.
  • Auch die Tatbestände der Nr. 2 sind nicht erfüllt. Der Wortlaut erfasst eindeutig lediglich die Einbringung in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft. Die Vorschrift enthält keinen Hinweis auf Stiftungen oder andere Gebilde. Eine erweiternde Auslegung auf andere juristische Personen wie Stiftungen widerspräche dem Gesetzeswortlaut.  

Die rechtspolitische Mangelhaftigkeit einer Regelung begründet keine Analogie

Der BFH lehnt auch eine analoge Anwendung der Nr. 2 (Einbringung in eine Kapitalgesellschaft) auf den hier vorliegenden Fall der Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung ab. Voraussetzung einer Lückenfüllung durch Analogie oder teleologische Extension wäre eine planwidrige Lückenhaftigkeit des Gesetzes.

Der BFH weist darauf hin, dass der Gang des Gesetzgebungsverfahrens belegt, dass der Gesetzgeber die Reichweite der Nachversteuerungstatbestände gründlich durchdacht hat. Das zeigt insbesondere die Erweiterung der Nachversteuerung von Einbringungen in eine Kapitalgesellschaft um Einbringungen in eine Genossenschaft zur Beseitigung bestehender Regelungslücken und die unterbliebene Erfassung der vom Bundesrat angeregten Erstreckung auf die Veräußerung oder Einbringung von Teilbetrieben und Teilmitunternehmeranteilen. Hätte der Gesetzgeber alle Fälle des Wechsels zum KSt-System erfassen wollen, hätte er in § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht nur die "Einbringung in eine Kapitalgesellschaft oder eine Genossenschaft", sondern - wie z.B. in § 6 Abs. 5 Sätze 5 und 6 EStG - Übertragungen auf "Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen" genannt. Für eine Ausweitung des Gesetzes mittels Analogie genügt es nicht, dass eine Regelung unvollständig oder als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig erscheinen mag.

Hinweis: Erweiternde Neuregelung ab Juli 2017

Der BFH widerspricht damit der Verwaltungsauffassung, die eine analoge Anwendung des § 34a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG befürwortet (z.B. OFD Frankfurt/M v. 15.2.2019, S 2290a A-002-St 213). Inzwischen wurde durch das Änderungsgesetz v. 27.6.2017 (Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen, BStBl I 2017, 1202) die Nr. 3 in § 34a Abs. 6 Satz 1 EStG eingefügt. Danach löst nun – über die Fälle der Einbringungen nach Nr. 2 hinaus – auch die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils an eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.v. § 1 Abs. 1 KStG – also auch Stiftungen – die Nachversteuerung aus. Die Neuregelung gilt erstmals für unentgeltliche Übertragungen nach dem 5.7.2017.

BFH Urteil vom 17.01.2019 - III R 49/17 (veröffentlicht am 21.06.2019)

Alle am 21.06.2019 veröffentlichten Entscheidungen

Schlagworte zum Thema:  Stiftung, Gewinn, Anteilsübertragung