Teilweise Steuerfreiheit von Zahlungen an Pensionskasse/CH

Eine Spezialeinlage, die ein Arbeitgeber in eine schweizerische Pensionskasse zur Erleichterung des vorzeitigen Ruhestandes seines Arbeitnehmers und zum Ausgleich der damit verbundenen Rentenminderungen leistet, kann gemäß § 3 Nr. 28 EStG zur Hälfte steuerfrei sein, wenn die Zahlung in das Obligatorium der Pensionskasse geleistet wird.

Hintergrund: Aufbesserung der Altersversorgung eines Grenzgängers

A und seine Ehefrau arbeiteten als Grenzgänger in der Schweiz. A war bei der Schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) versichert. Zudem ist er Mitglied einer Pensionskasse. Die Pensionskasse gewährt nicht nur die obligatorischen Mindestleistungen, sondern darüber hinaus auch überobligatorische Leistungen.

Das Arbeitsverhältnis des A endete vorzeitig am 30.4.2010. Bis dahin zahlte die Arbeitgeberin Beiträge an die Pensionskasse. Ab 1.5.2010 erhielt A von der Pensionskasse monatliche Zahlungen (lebenslange Altersrente und bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs im März 2015 befristete Alters-Zusatzrente und Überbrückungsrente). Die monatliche Altersrente (ab Mai 2010) aus dem Obligatorium hätte rund 1.100 CHF betragen. Zur Finanzierung einer höheren Altersrente leistete die Arbeitgeberin eine "Spezialeinlage" (rd. 155.000 CHF). Da A eine Altersrente von der AHV erst ab Vollendung des 65. Lebensjahrs im März 2015 beanspruchen konnte, wurde von der Pensionskasse eine Alters-Zusatzrente gezahlt. Um diese zu erhöhen, erbrachte die Arbeitgeberin eine weitere Einlage (rd. 70.000 CHF). Für die Überbrückungsrente war keine zusätzliche Einlage erforderlich. Auf die AHV-pflichtigen Spezialeinlagen in die Pensionskasse zahlten die Arbeitgeberin und A Beiträge.

A ging davon aus, dass die Renten (Altersrente, Alters-Zusatzrente, Überbrückungsrente) als Leibrenten nach Anwendung der Öffnungsklausel (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG) steuerpflichtig seien und dass die Spezialeinlagen nicht anzusetzen seien. Das FA sah dagegen die Spezialeinlagen als steuerpflichtige Lohnzuwendungen an, für die die Steuerermäßigung nach § 34 EStG zu gewähren sei und die dem Grunde nach im Rahmen der Höchstbeträge als Sonderausgaben (Altersvorsorgeaufwendungen) abziehbar seien. Die Klage hatte zum überwiegenden Teil Erfolg. Das FG ging davon aus, die Spezialeinlage sei nach § 3 Nr. 28 EStG zur Hälfte steuerfrei und der steuerpflichtige Teil könne nach § 34 EStG ermäßigt besteuert werden. Sowohl die Eheleute als auch das FA legten Revision ein.

Entscheidung: Steuerliche Behandlung einer Spezialeinlage in eine schweizerische Pensionskasse

Die Revision der Eheleute ist unbegründet. Auf die Revision des FA wurde die Sache an das FG zurückverwiesen:

  • Das Besteuerungsrecht steht Deutschland zu. Für die laufenden Arbeitseinkünfte (bis 30.4.2010) folgt das aus der Grenzgängerregelung. Das gilt auch für die Spezialeinlagen, selbst wenn sie nicht als Gehälter oder ähnliche Vergütungen, sondern als Abfindungszahlungen eingestuft würden. Denn das Arbeitsortprinzip gilt nicht für Abfindungen anlässlich der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses. Auch für die ab Mai 2010 gezahlten Renten steht das Besteuerungsrecht Deutschland zu, da Leistungen einer schweizerischen Pensionskasse nicht als Vergütungen "für erbrachte Dienste" anzusehen sind. 
  • Die Spezialeinlagen sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Es handelt sich um Zukunftsleistungen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer an einen Dritten.
  • Die Spezialeinlagen sind jedoch nicht insgesamt zur Hälfte steuerfrei, sondern nur insoweit, als sie in das Obligatorium der Pensionskasse geleistet wurden. Die hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 28 EStG setzt zwingend voraus, dass die Zahlungen in eine Versorgung fließen, die mit der deutschen Rentenversicherung (DRV) vergleichbar ist. Die Vergleichbarkeit besteht nur, soweit die Pensionskasse obligatorischen Versicherungsschutz gewährt. Daher muss bei den Spezialeinlagen danach unterschieden werden, ob sie zur Stärkung der obligatorischen oder nur der überobligatorischen Versorgung dienen. Führt eine Spezialeinlage nur zur Verbesserung der überobligatorischen Versorgung kann sie nicht nach § 3 Nr. 28 EStG zur Hälfte steuerfrei sein. Damit schied die hälftige Steuerbefreiung für die Einlage betreffend die Zusatz-Altersrente (70.000 CHF) aus, da sie nicht Teil der vorgegebenen obligatorischen Versorgung ist. Anders kann es bei der Einlage zur Aufstockung der Altersrente (155.000 CHF) sein. Hier stand nicht fest, ob mit der Zahlung nur der überobligatorische Rentenanspruch oder auch die obligatorische Rente erhöht werden sollte. Zur weiteren Aufklärung dieses Punktes wurde die Sache an das FG zurückverwiesen.
  • Die Spezialeinlagen stellen, soweit sie nicht nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei sind, eine Entschädigung i. S. v. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG dar, die nach § 34 Nr. 1 EStG ermäßigt zu besteuern sind. 
  • Der von den Eheleuten geforderten Steuerfreiheit der Spezialeinlagen i. H. v. zwei Drittel steht der eindeutige Gesetzeswortlaut entgegen.
  • Im Übrigen bestätigt das BFH-Urteil den Sonderausgabenabzug der in das Obligatorium geleisteten Beiträge und bejaht die Steuerpflicht der Rentenleistungen.  

Hinweis: Berufung auf das Freizügigkeitsabkommen

§ 3 Nr. 28 EStG ist auf die Ausgleichszahlungen ausgerichtet, die an die gesetzlichen Rentenversicherungen geleistet werden. Die Verweigerung der partiellen Steuerfreiheit von Zahlungen an eine schweizerische Versorgungseinrichtung würde jedoch dem Freizügigkeitsabkommen vom 21.6.1999 (FZA) widersprechen. Als internationale Übereinkunft bindet das FZA auch die EU-Mitgliedstaaten und ist daher bei der Auslegung des § 3 Nr. 28 EStG zu beachten. Der im Anhang I des FZA enthaltene Gleichbehandlungsgrundsatz kann von einem Staatsangehörigen, der sein Freizügigkeitsrecht ausgeübt hat, auch gegenüber seinem Herkunftsland (Deutschland) geltend gemacht werden. Denn die Verweigerung der partiellen Steuerfreiheit von Zahlungen in eine schweizerische Versorgungseinrichtung könnte gebietsansässige deutsche Steuerpflichtige davon abhalten, ihr Freizügigkeitsrecht auszuüben und würde sie daher ungerechtfertigt benachteiligen.

BFH, Urteil v. 17.5.2017, X R 10/15, veröffentlicht am 18.10.2017.

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