Spekulationsfrist bei Verkauf unter aufschiebender Bedingung

Der aufschiebend bedingte Verkauf eines Grundstücks innerhalb der Veräußerungsfrist von 10 Jahren ist steuerpflichtig, auch wenn der Eintritt der Bedingung außerhalb der Frist liegt.

Hintergrund

X hatte mit Vertrag vom März 1998 ein Grundstück - Betriebsanlage einer Eisenbahn - erworben. Er veräußerte dieses mit notariellem Kaufvertrag vom Januar 2008. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die Bundesbahn (bzw. die dafür zuständige Behörde) die Entwidmung des Grundstücks (Freistellung von Bahnbetriebszwecken) erklärt. Nutzen und Lasten sollten im Juli 2008 übergehen. Im Dezember 2008 erteilte das Eisenbahn-Betriebsamt einen entsprechenden Freistellungsbescheid.

Das FA ging davon aus, es handele sich um ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft. Denn für die Berechnung des Zehnjahreszeitraums sei der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der obligatorische Vertrag abgeschlossen werde. Der Übergang von Nutzen und Lasten sei unerheblich.

Das FG vertrat eine großzügigere Auffassung und gab der Klage statt. Es sah in dem Kaufvertrag vom Januar 2008 noch keine Veräußerung, da er erst mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung (Erteilung der Freistellungsbescheinigung im Dezember 2008) zivilrechtlich wirksam geworden sei. Die zehnjährige Veräußerungsfrist sei daher überschritten.

Entscheidung

Der BFH widerspricht dem FG und bestätigt die strengere Beurteilung des FA.

Der BFH verweist auf den Normzweck (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG), innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen im Privatvermögen der Steuer zu unterwerfen. Ausgehend von Gesetzeszweck liegt eine Realisierung des Grundstückswerts vor, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind.

Bei einem unbedingten und nicht genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft ist eine solche Bindung regelmäßig mit dem Vertragsschluss gegeben. Diese Voraussetzungen können aber auch bei einem bedingten Rechtsgeschäft vorliegen. Aus dem Wesen einer Bedingung folgt, dass das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft tatbestandlich bereits mit seiner Vornahme vollendet und voll gültig ist und lediglich seine Wirksamkeit erst mit dem Bedingungseintritt eintritt, ohne dass die Willenseinigung noch Bestand haben müsste. Nur die Rechtswirkungen des bedingten Geschäfts befinden sich noch in der Schwebe. Die Parteien sind jedoch bereits gebunden und können sich nicht mehr einseitig aus den Vertragsbeziehungen lösen. Für den Zeitpunkt der Veräußerung und damit die Realisierung des Grundstückswerts ist daher auf die beiderseitige zivilrechtliche Bindungswirkung (Januar 2008, d.h. innerhalb der Frist) und nicht auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts (Dezember 2008) abzustellen.

Das FG-Urteil wurde daher aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Hinweis

Der BFH ergänzt, dass ausnahmsweise auch schon ein rechtlich bindendes Verkaufsangebot als Veräußerung angesehen werden kann, wenn mit dem Angebot der Verkauf durch den Übergang von Besitz, Gefahr sowie Nutzungen und Lasten wirtschaftlich bereits vollzogen wird. Ferner weist der BFH darauf hin, dass bei einem wegen vollmachtloser Vertretung schwebend unwirksamen Rechtsgeschäft auf den Zeitpunkt der Genehmigung und nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit abzustellen ist, da bei einem Handeln eines Vertreters ohne Vertretungsmacht der Vertretene die Genehmigung ablehnen kann und somit noch keine beiderseitige schuldrechtliche Bindung vorliegt (§ 177 BGB).

Die Entscheidung geht davon aus, dass bereits mit der vertraglichen Bindung von einer Realisierung der Werterhöhung des Grundstücks ausgegangen werden kann, die die steuerliche Erfassung rechtfertigt. Für den Fall einer aufschiebenden Bedingung, wie sie hier vereinbart wurde, erscheint das Abstellen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses allerdings fraglich. Denn bis zum Bedingungseintritt befinden sich die Rechtswirkungen in der Schwebe. Die Werterhöhung fließt dem Veräußerer daher wirtschaftlich erst mit dem Eintritt der Bedingung zu. Vor Bedingungseintritt kann er regelmäßig über die Werterhöhung nicht verfügen. Solange der Eintritt der Bedingung unsicher ist, kann er die - erhoffte - Werterhöhung nicht vermarkten.

BFH, Urteil v. 10.1.2015, IX R 23/13, veröffentlicht am 1.4.2015

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Schlagworte zum Thema:  Spekulationsfrist, Grundstück