Rabattfreibetrag für Fahrvergünstigung der Deutschen Bahn AG
Hintergrund: Freifahrtscheine zu Sonderbedingungen an Bahnmitarbeiter
A ist Ruhestandsbeamter des Bundeseisenbahnvermögens (BEV). Neben seinen Versorgungsbezügen erhielt er geldwerte Vorteile in Form von Freifahrtscheinen im Fern- und Nahverkehr. Die Tickets wurden von der DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften gewährt, bei denen A während seiner aktiven Dienstzeit eingesetzt war.
Im Streitjahr 2014 bezog er 16 Fernverkehrstickets und 26 Regiotickets. Für die Tickets galten besondere Nutzungsbedingungen (z.B. Streckenunabhängigkeit, Zuzahlungen und Sperrzeiten im Fernverkehr; Entfernungsbegrenzung im Nahverkehr). Den Sachbezugswert bezifferte das BEV mit 1.746,08 EUR.
A beantragte, diesen geldwerten Vorteil um den Rabattfreibetrag nach (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG) in Höhe von 1.080 EUR zu kürzen. Dem folgte das FA nur für die Regiotickets und gewährte den Freibetrag in Höhe von 677 EUR. Die Berücksichtigung des Rest-Freibetrags (1.080 EUR ./. 677 EUR = 403 EUR) bei den Fernverkehrstickets versagte es mit der Begründung, diese streckenunabhängigen Tagestickets seien in dieser Form nicht jedermann, sondern nur den Arbeitnehmern der DB angeboten worden.
Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die von den Normaltickets für den Fernverkehr abweichenden Bedingungen seien unschädlich, da die über die konkrete Fahrt hinausgehende Nutzungsmöglichkeit kein eigenständiges Interesse der Bahnmitarbeiter bzw. Ruhestandsbeamten begründe.
Entscheidung: Der Rabattfreibetrag steht trotz der Sonderbedingungen auch für die Tickets im Fernverkehr zu
Der BFH teilt die Auffassung des FG, dass nicht nur für die Regiotickets, sondern auch für die Fernverkehrstickets der Rabattfreibetrag anwendbar ist. Denn nach § 12 Abs. 8 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes (DBGrG) ist § 8 Abs. 3 EStG auf Fahrtvergünstigungen, die die DB AG (bzw. deren Konzerngesellschaften) Ruhestandsbeamten des BEV in Form von Tagesfreifahrtscheinen gewährt, entsprechend anwendbar. § 8 Abs. 3 EStG ist somit einschlägig, obwohl die Zuwendung nicht durch den Arbeitgeber (BEV), sondern durch einen dritten (DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften) gewährt wurde.
Produktpalette des Arbeitgebers
§ 8 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt voraus, dass die Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses erhält, vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer erbracht werden. Der Arbeitgeber muss daher hinsichtlich der verbilligt oder unentgeltlich abgegebenen Sachbezüge selbst Marktteilnehmer sein. Die Sachzuwendungen müssen zu seiner Produktpalette gehören (BFH v. 26.4.2018, VI R 39/16, BStBl II 2019, 286).
Bewertungsgegenstand ist die verbriefte Beförderungsleistung
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Zwar wurden die vergünstigten Fernverkehrstickets aufgrund der streckenunabhängigen Tagesgültigkeit und der besonderen Nutzungsbedingungen nicht auch fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten. Bewertungsgegenstand ist jedoch nicht der Tagesfreifahrtschein, sondern die darin verkörperte Beförderungsleistung. Die Verbriefung des Beförderungsanspruchs ermöglichte es dem A, das Beförderungsangebot der DB AG zu nutzen. Die Personenbeförderung gehört aber zur Produktpalette der DB AG. Die Personenbeförderung erbringt diese nicht überwiegend gegenüber ihren Arbeitnehmern, sondern gegenüber jedermann. Für den Rabattfreibetrag ist daher nur auf die Beförderungsleistung und nicht auf die Art der Fahrtberechtigung abzustellen.
Hinweis: Zufluss unabhängig vom konkreten Fahrtantritt
Der Sachbezug besteht nicht in dem abstrakten Wert der Tagestickets, sondern in der am konkreten Tag in Anspruch genommenen Beförderungsleistung, wie sie auch von anderen Bahnkunden gebucht werden konnte. Für den Zuflusszeitpunkt verdeutlicht der BFH, dass die Erlangung der Verfügungsmacht entscheidend ist. Bei einer Sachzuwendung ist der Zufluss eines geldwerten Vorteils zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer den Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hat (BFH v. 14.11.2012, VI R 56/11, BStBl II 2013, 382). Danach ist der geldwerte Vorteil bereits mit dem Bezug des einzelnen Freifahrtscheins zugeflossen. Denn A erhielt mit der Überlassung der Freifahrtscheine Wertpapiere, die den Beförderungsanspruch gegenüber der DB AG verbrieften. Diese ermöglichten es A, das Beförderungsangebot der DB AG zu nutzen. Die DB AG (bzw. deren Konzerngesellschaften) hat damit das Leistungsversprechen dem Arbeitnehmer gegenüber bewirkt.
In zwei Parallelentscheidungen hat der BFH im Wesentlichen inhaltsgleich entschieden (BFH v. 26.9.2019, VI R 7/19, und VI R 4/17).
BFH Urteil vom 26.09.2019 - VI R 23/17 (veröffentlicht am 16.01.2020)
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