Neuberechnung einer Ansammlungsrückstellung
Hintergrund
Die Entscheidung betrifft die Frage, wie es sich auf die Höhe einer Ansammlungsrückstellung auswirkt, wenn nachträglich eine weitere Nutzung über den ursprünglich vereinbarten Miet-/ Pachtzeitraum hinaus vereinbart wird.
Die X-GmbH nutzte ihr Betriebsgrundstück zunächst aufgrund eines Unterpachtvertrags, in dem eine Pachtzeit von 1984 bis 1991 vereinbart war. 1992 schloss X einen Pachtvertrag unmittelbar mit der Grundstückseigentümerin für die Zeit von 1991 bis 2001. 1996 wurde die Laufzeit bis 2011 verlängert. 2003 wurde der Pachtvertrag aufgehoben und ein Mietvertrag über eine feste Mietzeit vom 1.7.2003 bis 30.6.2018 vereinbart. Aufgrund der Verträge war X von Anfang an verpflichtet, alle auf dem Grundstück befindlichen Anlagen bei Vertragsende zu beseitigen, falls nicht ein Vertragsnachfolger die Beseitigungspflicht übernimmt.
Bis 1996 hatte X eine Rückstellung für die zu erwartenden Abbruchkosten gebildet und nahm seither lediglich Zuführungen in Höhe der geschätzten Preissteigerungen vor. Zum Ende des Streitjahrs 2004 belief sich die Rückstellung auf 110.000 EUR. X ging davon aus, ursächlich für die Abbruchverpflichtung sei der Pachtvertrag aus 1984 gewesen. Bei Abschluss dieses Vertrags sei von einer Nutzungszeit bis voraussichtlich 1996 ausgegangen worden.
Das FA vertrat dagegen die Auffassung, der Ansammlungszeitraum sei aufgrund des Mietvertrags aus 2003 neu zu berechnen. Es verteilte die Rückstellung auf den Zeitraum vom 1.6.1984 (Beginn des Unterpachtvertrags) bis zum 30.6.2018 (voraussichtliche Beseitigung zum Ende des Mietvertrags) und ermittelte für Ende 2004 einen Rückstellungsbetrag (vor Abzinsung) von 83.000 EUR. X wandte sich gegen die entsprechende Teilauflösung der Rückstellung bzw. gegen die geänderten KSt- und GewSt-Messbetrags-Festsetzungen.
Das FG entschied zugunsten der X. Es lehnte die teilweise Auflösung der Rückstellung ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigt dagegen die Auffassung des FA und wies die Klage ab
Nach der 1999 eingeführten detaillierten Regelung über die Bewertung von Rückstellungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG) sind Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend. Dieser Bilanzierungsgrundsatz (Stichtagsprinzip) gilt auch für Ansammlungsrückstellungen. Daraus folgt für den Rückstellungsausweis dem Grunde nach, dass eine bisherige Passivierung aufzulösen ist, wenn nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag die Gründe für ihre Bildung (und demgemäß auch für ihre Beibehaltung) entfallen sind. Darüber hinaus muss aber auch die Höhe der Rückstellung jährlich an die Verhältnisse des Bilanzstichtags angepasst und ggf. der bisherig Ansatz korrigiert werden.
Entscheidend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse am Bilanzstichtag. Deshalb kann der Rückstellungsausweis nicht allein darauf gestützt werden, dass in der Vergangenheit ein Nutzungsverhältnis abgelaufen ist. Vielmehr ist, wenn das Nutzungsverhältnis - sei es durch Verlängerung oder Begründung eines neuen Rechtsverhältnisses - wirtschaftlich fortgesetzt wird, der verlängerte Nutzungszeitraum für das Entstehen der Abbruchverpflichtung ursächlich.
Hinweis
Der BFH weist die hiergegen im Schrifttum erhobenen Einwendungen zurück. Zum Teil wird vertreten, der (Teil-) Auflösung bereits gebildeter Rückstellungen stehe das Vorsichtsprinzip entgegen. Allerdings hätte eine Abkehr vom Stichtagsprinzip einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft. Der voraussichtlich anfallende Abbruchaufwand ist ursächlich auch den in dem verlängerten Zeitraum getätigten Umsätzen bzw. erwirtschafteten Erträgen zuzuordnen.
Urteil v. 2.7.2014, I R 46/12, veröffentlicht am 1.10.2014
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