Keine umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung im Ganzen
Hintergrund
A betrieb eine Gaststätte. Der Gebäudeeigentümer (E) hatte ihm die Räume und das Inventar mit Ausnahme der Kücheneinrichtung, die im Eigentum des A stand, verpachtet. Zum Jahresende 2005 wurde der Pachtvertrag aufgehoben und E verpachtete entsprechend dem bisherigen Vertrag mit A Räume und Inventar (Inneneinrichtung mit Ausnahme der Kücheneinrichtung) an die X-GmbH zur Weiterführung der Gaststätte. Gleichzeitig schlossen A und X eine Vereinbarung zum Übergang des Betriebs, zum Warenbestand und zu bereits gebuchten Veranstaltungen. X übernahm außerdem von A die Kücheneinrichtung, für die A 50.000 EUR zuzüglich USt in Rechnung stellte.
X machte für 2006 die von A ausgewiesene USt als Vorsteuer geltend. Dem widersprachen das FA und auch das FG. Denn X habe den Gaststättenbetrieb im Rahmen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen erworben mit der Folge, dass die USt nicht als Vorsteuer abziehbar sei.
Entscheidung
Der BFH ist anderer Ansicht. Er lehnt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen ab und anerkennt dementsprechend den geltend gemachten Vorsteuerabzug. Das FG-Urteil wurde daher aufgehoben und der Klage stattgegeben.
Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist bei einer Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln. Entscheidend ist dabei nicht, ob beim Veräußerer eine eigenständige Organisation vorlag, sondern ob ein Teilvermögen übertragen wird, das vom Erwerber als selbständiges Unternehmen fortgeführt werden kann.
Das FG hat unzutreffend auch die Verpachtung der Räume einschließlich des Inventars von E in seine Betrachtung einbezogen. X hat mit der Übernahme der Kücheneinrichtung von A keinen selbständigen Unternehmensanteil erworben, der sie in die Lage versetzt hätte, die Gaststätte zu betreiben. Denn es wurden nur einzelne zum Betrieb notwendige Gegenstände (Kücheneinrichtung) von A an X veräußert. Zum Betrieb der Gaststätte durch X war außerdem noch der Abschluss des Pachtvertrags mit E über die Räume und das wesentliche Inventar erforderlich. Entgegen der Auffassung des FG durfte der Pachtvertrag mit E nicht mit der Veräußerung der Kücheneinrichtung durch A in einen Vorgang zusammengefasst werden. Denn bei mehreren Leistungsbeziehungen ist jeder Vorgang selbständig zu beurteilen. Dass es den Beteiligten um die Fortführung des bisherigen Gaststättenbetriebs ging, ist unerheblich. Denn Gegenstand der Leistungsbeziehung zwischen A und X war lediglich die von A in Rechnung gestellte Kücheneinrichtung (mit Geschirr und diversen Küchenartikeln).
Hinweis
Der BFH ergänzt, dass im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung bei einer bloßen Grundstücksübertragung - auch wenn auf den Erwerber kein bestehender Mietvertrag übergeht - eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung angenommen werden kann. Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den Streitfall nicht übertragbar. Sie betrifft lediglich die Frage der Fortführung einer unternehmerischen Tätigkeit bei Übertragung von Grundstücken ohne Übergang eines Miet- oder Pachtvertrags. Im Streitfall ging es jedoch um die - zu verneinende - Frage, ob die vom Grundstückseigentümer und Verpächter (E) an X erbrachten Leistungen in die Leistungsbeziehung zwischen dem früheren Pächter (A) und X einbezogen werden durften.
Der BFH lässt ausdrücklich offen, wie zu entschieden wäre, wenn X im Rahmen eines umfassenden Vertrags mit A vollumfänglich in dessen mit E bestehenden Pachtvertrag eingetreten wäre. Für diesen Fall dürfte eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung zu bejahen sein.
BFH, Urteil v. 4.2.2015, XI R 42/13, veröffentlicht am 22.4.2015
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