Kein Vorsteuerabzug bei Rechnungen mit Postfachadresse?

Der BFH hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung die umsatzsteuerlichen Rechnungsanforderungen verschärft. Darauf weist die Kanzlei Küffner Maunz Langer Zugmaier (KMLZ) in ihrem Newsletter hin.

Dass die Entscheidung eine Änderung der Rechtsprechung beinhaltet, die für viele Unternehmen von großer praktischer Bedeutung sein könnte, war ihrer Überschrift (Kein Gutglaubensschutz im USt-Festsetzungsverfahren) nicht zu entnehmen, sodass sie bislang nur wenig Beachtung fand.

Der BFH hat im Streitfall der Klägerin den Vorsteuerabzug aus einer Lieferantenrechnung versagt, weil, der Lieferant unter der Rechnungsadresse nur postalisch erreichbar war und dort keine wirtschaftliche Aktivität entfaltete. Das Merkmal "vollständige Anschrift" in § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG erfülle "nur die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet".
Der V. Senat des BFH erteilt gleichzeitig der Verwaltungsmeinung (Abschn. 14.5 Abs. 2 Satz 3 UStAE), nach der die Angabe eines Postfaches oder einer Großkundenadresse ausreichend ist, eine klare Absage. Er hält damit auch an seiner bisherigen Rechtsprechung (Urteil v. 19.4.2007, V R 48/04), nach der Briefkastensitz mit lediglich postalischer Erreichbarkeit als Rechnungsanschrift ausreichend sein könne, ausdrücklich nicht mehr fest.

Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung (Urteil v. 22.7.2015, V R 23/14) könnte bedeuten, dass künftig Rechnungen, die lediglich eine Postfachadresse (des Leistungsempfängers und/oder des leistenden Unternehmers) beinhalten, nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigen. Rechtsanwalt Matthias Luther von der Kanzlei KMLZ weist darauf hin, dass für die Vergangenheit ein Vertrauensschutz (§ 176 Abs. 1 Nr. 3 AO) nur für die Besteuerungszeiträume gilt, für die bereits eine Umsatzsteuererklärung (nicht nur Voranmeldungen!) abgegeben wurde. Er rechnet damit, dass die Finanzverwaltung – sollte sie ihre aktuelle Weisungslage aufgeben und sich der neuen BFH-Meinung anschließen – eine Nichtbeanstandungsregelung für die Vergangenheit erlassen wird. Dennoch empfiehlt Luther betroffenen Unternehmen, sich bereits jetzt über eine Anpassung ihrer Rechnungsangaben Gedanken zu machen.

Hinweis: Abweichend von der dargestellten BFH-Entscheidung hat gerade erst das FG Köln (Urteil v. 28.4.2015, 10 K 3803/13) den Vorsteuerabzug aus einer Rechnung zugelassen, die als Rechnungsanschrift nur einen Briefkastensitz ohne wirtschaftliche Aktivitäten enthielten. Die Revision ist beim BFH (Az. V R 25/15) anhängig. Auch von ihrem (erwartbaren) Ausgang könnte es abhängen, wie die Finanzverwaltung mit der Sache umgeht.

KMLZ, Newsletter Nr. 23/2015 v. 28.10.2015
Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Rechnung, Vorsteuerabzug