Kein Spekulationsgewinn bei Veräußerung einer Ferienwohnung

Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt und unterliegt damit nicht der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns, wenn es der Eigentümer nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht.

Hintergrund: Veräußerung eines Ferienhauses auf Sylt

Streitig war, ob der Gewinn aus der Veräußerung einer als Zweitwohnung genutzten Immobilie als privates Veräußerungsgeschäft zu versteuern ist.

A und ihr Bruder erwarben 1998 von ihrem Vater ein Einfamilienhaus auf Sylt für 522.000 EUR zu hälftigem Miteigentum. Anschließend vermieteten sie das Haus bis November 2004 an ihren Vater. Ab Dezember 2004 nutzte A, die ihren Hauptwohnsitz in Köln hatte, das Haus als Zweitwohnung für Ferienaufenthalte. Im Juni 2006 erwarb sie von ihrem Bruder dessen andere Hälfte für 200.000 EUR. Im September 2006 veräußerte sie sodann das Haus für 2,5 Mio. EUR.

Das FA setzte bei A für 2006 einen Veräußerungsgewinn von rd. 2,1 Mio. EUR an. Es war der Meinung, die Ausnahmeregelung für die Veräußerung selbstbewohnter Immobilien sei bei einem lediglich als Ferienwohnung genutzten Objekt nicht anwendbar. Ebenso entschied das FG und wies die Klage ab.

Entscheidung: Nutzung als Ferienwohnung ist Nutzung zu Wohnzwecken 

Der BFH vertritt eine großzügigere Auffassung als das FA und das FG. Eine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG setzt voraus, dass die Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen (allein oder gemeinsam mit Angehörigen oder Dritten) bewohnt wird. Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt dagegen vor, wenn die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an Dritte überlassen wird, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.

Entgegen der Auffassung des FA und des FG wird ein Gebäude aber auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es vom Eigentümer nur zeitweilig bewohnt wird, sofern ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Denn eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt weder die Nutzung als Hauptwohnung voraus noch muss sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinden. Erfasst werden daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzte Wohnungen. Ist deren Nutzung auf Dauer angelegt, kommt es nicht darauf an, ob noch weitere Wohnungen unterhalten werden und wie oft sich der Steuerpflichtige darin aufhält. Die Gegenmeinung, die eine Nutzung als Zweit- oder Ferienwohnung nicht ausreichen lässt, findet nach der Auffassung des BFH – entgegen Stimmen im Schrifttum - im Gesetz keine Stütze.

Hiervon ausgehend liegt im Streitfall eine begünstigte Veräußerung vor. Dabei sind die beiden Miteigentumsanteile getrennt zu betrachten. Den vom Vater in 1998 erworbenen Anteil nutzte A im Jahr der Veräußerung (2006) und in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren (seit Dezember 2004) zusammenhängend zu eigenen Wohnzwecken (§ 23 Abs. 1  Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alternative 2 EStG). Den vom Bruder erworbenen Anteil nutzte sie von der Anschaffung (Juni 2006) bis zur Veräußerung (September 2006) durchgehend ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (§ 23 Abs. 1  Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alternative 1 EStG).          

Hinweis: Zeitraum über drei Kalenderjahre, nicht über drei volle Zeitjahre

Der BFH schließt sich der Auffassung des BMF an (Schreiben v. 5.10.2000, BStBl I 2000. 1383, Rn. 22). Danach liegt eine eigene Wohnnutzung auch bei nur zeitweiligem Bewohnen vor, sofern die Wohnung in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht, z.B. im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung oder als nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnung. Im Rahmen der Alternative 2 des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (Wohnnutzung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren) genügt ein zusammenhängender Zeitraum, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, auch wenn volle drei Zeitjahre nicht erreicht werden. Die drei Kalenderjahre müssen – mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahrs – nicht voll ausgefüllt sein (BMF-Schreiben, a.a.O, Rn. 25). Diese zeitlichen Voraussetzungen sind bei dem Erwerb des Anteils des Bruders gegeben (Nutzung ab Dezember 2004 bis zur Veräußerung im September 2006).

BFH, Urteil v. 27.6.2017, IX R 37/16, veröffentlicht am 18.10.2017.

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