Kein häusliches Arbeitszimmer bei Abtrennung durch Raumteiler

Kosten für einen durch ein Sideboard vom Wohnbereich abgegrenzten Arbeitsbereich können nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Hintergrund

Der Architekt A wohnte in 2006 und 2007 (bis zum Umzug in die S-Straße) in einer gemieteten Wohnung in der T-Straße. In der Wohnung T-Straße nutzte er ein Arbeitszimmer und den Abstellraum als Büroräume und einen Kellerraum als Archivraum. Das FA anerkannte lediglich die auf Arbeitszimmer, Abstellraum und Archivraum entfallenden Mietaufwendungen als Betriebsausgaben und ließ die anteilig auf Küche, Diele und Bad entfallenden Aufwendungen nicht zum Abzug zu. In der Wohnung S-Straße nutzte A die Kellerräume als Büro und Archiv. Im Obergeschoß befand sich ein als Wohn-/Esszimmer bezeichneter Raum, den A sowohl zu Wohnzwecken als auch als Büro nutzte. Der Arbeitsbereich war durch ein einen Meter hohes Sideboard abgetrennt. A konnte vom Arbeitsbereich aus am Sideboard vorbei den Rest des Zimmers betreten, in dem sich ein Tisch mit vier Stühlen befand. Das FA anerkannte nur die Mietaufwendungen für die Kellerräume. Die anteilig auf den Arbeitsbereich im Obergeschoss sowie auf Küche, Diele und Bad entfallenden Aufwendungen ließ es unberücksichtigt. Ebenso entschied das FG.

Mit der Revision begehrte A weiterhin, die auf den Arbeitsbereich im Obergeschoss (Wohnung S-Straße) sowie auf die gemischt genutzten Räume beider Wohnungen (Küche, Diele, Bad) entfallenden Aufwendungen anteilig als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Es handele sich um gemischte und aufteilbare Aufwendungen, die anteilig abziehbar seien. 

Entscheidung

Die von A geltend gemachte betriebliche Mitbenutzung von Küche, Diele und Bad führt nicht zu dem beantragten anteiligen Betriebsausgabenabzug. A hat in den Wohnungen weder in größerem Umfang Kunden empfangen noch Angestellte beschäftigt, die Küche und Bad mitbenutzt hätten. Die betriebliche Nutzung ging über einen nennenswerten Umfang nicht hinaus. Damit scheidet ein anteiliger Abzug mangels ausreichender betrieblicher Veranlassung aus.

Auch hinsichtlich des durch ein Sideboard abgetrennten Arbeitsbereichs teilt der BFH die ablehnende Entscheidung des FA und des FG. Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der zum einen typischerweise mit Büromöbeln (Schreibtisch) eingerichtet ist und zum anderen (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wird. Aufwendungen für in die private Sphäre eingebundene Räume, die bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Typus des Arbeitszimmers entsprechen, sondern nach ihrer Art (z. B. Durchgangszimmer) oder ihrer Einrichtung (z. B. Arbeitsecke in einem Wohnraum) erkennbar auch privaten Zwecken dienen, können daher nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten abgezogen werden. Denn die nahezu ausschließliche betriebliche Nutzung lässt sich weder bei einem gemischt genutzten und als Arbeitszimmer eingerichteten Raum noch bei einem abgetrennten Arbeitsbereich in einem auch zu Wohnzwecken genutzten Raum objektiv feststellen. Deshalb kann nur ein durch Wände und Türen abgeschlossener Raum ein häusliches Arbeitszimmer sein. 

Ausgehend von dieser raumbezogenen Betrachtung kann ein Arbeitsbereich, der vom angrenzenden Wohnbereich aus durch einen offenen Durchgang ohne Türabschluss betreten werden kann oder der lediglich durch einen Raumteiler abgetrennt ist oder sich auf einer Empore befindet, nicht als häusliches Arbeitszimmer anerkannt werden. Die Abgrenzung durch ein Sideboard mit Durchgang zum Rest des Zimmers ist einem durch Wände und Türen abgeschlossenen Raum nicht gleichzustellen. 

Hinweis

A hatte sich für den anteiligen Betriebsausgabenabzug auf den Beschluss des Großen Senats zur Aufteilung der Kosten einer gemischt veranlassten Reise berufen (BFH v. 21.9.2009, GrS 1/06, BStBl 2010 II S. 672, sog. Las-Vegas-Entscheidung). Mit dem Beschluss v. 27.7.2015, GrS 1/14 (BStBl 2016 II S. 265) und nachfolgend BFH v. 17.2.2016, X  R 26/13 (BStBl 2016 II S. 611) hat der BFH jedoch klargestellt, dass die Grundsätze zur Aufteilbarkeit von Reisekosten für ein gemischt genutzten Arbeitszimmers nicht gelten. Der BFH begründet dies damit, dass es sich bei § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG um eine den allgemeinen Grundsätzen vorgehende Spezialregelung handelt. Danach führt nur ein ausschließlich beruflich genutztes "Arbeitszimmer" zu beruflich veranlasstem Aufwand, der als "typischer" Erwerbsaufwand nach dem objektiven Nettoprinzip grundsätzlich abziehbar ist. Diese Auslegung sieht der BFH durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers als gedeckt an. 

Gleichwohl bleibt letztlich zu fragen, ob die Abzugsbeschränkung so weit gehen kann, dass auch demjenigen, der die berufliche /betriebliche Nutzung nachweisen kann, der anteilige Abzug verwehrt ist. Denn nicht in jeder Familie besteht - aus tatsächlichen oder finanziellen Gründen - die Möglichkeit, einen separaten Raum zur ausschließlichen beruflichen Nutzung mustergültig eingerichtet vorzuhalten. Trotz der nunmehr vorliegenden Rechtsprechung dürfte die Entwicklung längerfristig zu einer großzügigeren Anerkennung tendieren, zumal - wie der seinerzeitige Vorlagebeschluss des IX. Senats zeigt, auch innerhalb des BFH unterschiedliche Auffassungen vertreten werden (BFH v. 21.11.2013, IX R 23/12, BStBl 2014 II S. 312). 

Für die Praxis erhebt sich die Frage, was unter einem "durch Wände und Türen abgeschlossenen Raum" zu verstehen ist. In dem Urteil v. 17.2.2016, X R 32/11 (BStBl 2016 II S. 708) wurde die Abtrennung durch ein Regal nicht anerkannt. Eine deckenhohe Regalwand mit Türelement (Schiebetür) müsste aber doch wohl genügen. 

BFH, Urteil v. 22.3.2016, VIII R 10/12, veröffentlicht am 14.9.2016

Alle am 14.9.2016 veröffentlichten Entscheidungen im Überblick