Eingehung eines Mietverhältnisses als Verpflichtung

Verpflichtet sich der Unternehmer gegen Entgelt ein Mietverhältnis einzugehen, liegt die umsatzsteuerfreie Übernahme einer Verbindlichkeit vor, die sich von den Verbindlichkeiten aus dem Mietvertrag unterscheidet.

Hintergrund: Vermieter zahlt für die Bereitschaft, einen Mietvertrag abzuschließen

Die A-KG war Eigentümerin eines teilweise vermieteten und im Übrigen leer stehenden bebauten Grundstücks. Die KG plante, das Grundstück an einen Kaufinteressenten (K) zu veräußern. K wollte jedoch das Objekt nur unter der Bedingung erwerben, dass ein Teil des Leerstands zusätzlich auf 5 Jahre vermietet wurde. Die KG vereinbarte darauf mit einem Immobilienverwalter (I), dass dieser gegenüber K eine entsprechende Mietverpflichtung übernehmen sollte. Für die Übernahme der Mietverpflichtung sollte I von der KG eine einmalige Vergütung von 900.000 EUR erhalten. Die KG und I schlossen darauf den Mietvertrag auf 5 Jahre und die KG veräußerte das Grundstück an K. Dieser trat in das zwischen der KG und I begründete Mietverhältnis ein. Die KG zahlte die vereinbarte Vergütung von 900.000 EUR an I. 

I nahm eine steuerbare, aber nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfreie sonstige Leistung (Übernahme von Verbindlichkeiten) an die KG an. Das FA bejahte dagegen die Steuerpflicht und rechnete aus dem erhaltenen Entgelt von 900.000 EUR die USt heraus. Dem folgte das FG. Es ging davon aus, I habe aufgrund der Vereinbarung gegenüber der KG eine steuerbare Leistung erbracht. Denn die KG habe durch die Bereitschaft des I, den Mietvertrag gemäß den Vorgaben der KG abzuschließen, einen Vorteil erlangt, da K an einer hohen Vermietungsquote interessiert war. Die KG habe nicht dafür gezahlt, dass I mit ihr ein Mietverhältnis unterhielt, sondern dafür, dass I sich bereit erklärte, ein solches Mietverhältnis mit K einzugehen, obwohl I an der Anmietung nicht interessiert war. Dadurch sei der KG ein Vorteil zugeflossen, da sie nunmehr den Kaufvertrag mit K abschließen konnte. Die Steuerfreiheit für die Übernahme von Verbindlichkeiten nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG greife nicht ein, da die Eingehung gegenseitiger Verträge von der Vorschrift nicht erfasst werde. 

Entscheidung: Steuerfreie Verpflichtung, ein Mietverhältnis einzugehen

Der BFH bejaht eine steuerfreie Leistung und gab der Klage statt. Gegenstand der Leistung des I ist nicht das bloße Eingehen eines Mietverhältnisses (Abschluss des Mietvertrags), sondern die davon gesondert eingegangene Verpflichtung, sich als Mieter zu Geldzahlungen zu verpflichten.  Mit seiner Leistung gegen Entgelt, einen Mietvertrag als Mieter abzuschließen, hat I somit i.S. v. § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG eine Verbindlichkeit übernommen. Diese unterscheidet sich von der Verbindlichkeit aus dem Mietvertrag. Unerheblich ist, dass I mit der Vereinbarung die Verbindlichkeit erst begründet hat. Denn für die Steuerbefreiung kommt es - nach richtlinienkonformer Auslegung - nicht darauf an, ob der Leistende eine bereits bestehende Verbindlichkeit übernimmt oder erstmals eine Verbindlichkeit begründet. Die Leistung des I ist daher ebenso steuerfrei, wie wenn die KG den Mietvertrag zunächst mit einem Dritten geschlossen hätte und sich I zur Vertragsübernahme gegen Entgelt verpflichtet hätte.

Hinweis: Steuerfreie Übernahme von Geldverbindlichkeiten

Nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG ist die Übernahme von "Verbindlichkeiten" steuerbefreit. Nach unionsrechtlicher Auslegung fallen darunter nur Geldverbindlichkeiten, also nicht z.B. die Verpflichtung, eine Immobilie zu renovieren. Mit der Leistung gegen Entgelt, einen Mietvertrag als Mieter abzuschließen, hat I eine entsprechende Geldverbindlichkeit übernommen. Im Übrigen weist der BFH darauf hin, dass I für die Verpflichtung zur Eingehung des Mietvertrags eine Zahlung in Höhe der von ihm aus dem Mitverhältnis insgesamt geschuldeten Nettomieten erhalten hat. Sein Vorteil liegt daher darin, dass er einerseits die Gesamtsumme dieser Nettomieten bereits beim Vertragsschluss erhalten hat, während er andererseits die Mieten über eine Laufzeit von 5 Jahren entrichtet. Damit erlangt er lediglich einen Zinsvorteil aus seiner Leistung. Die Behandlung der gesamten vereinnahmten Zahlung (900.000 EUR) durch das FA in voller Höhe als Gegenleistung war daher ohnehin unzutreffend. Der Streitfall unterscheidet sich von der Fallgestaltung, dass ein Vermieter einem Ankermieter (Prestigemieter) etwas dafür zahlt, dass er einzieht und damit die Attraktivität des Gebäudes erhöht. Es liegt dann eine steuerpflichtige Werbeleistung (keine steuerfreie Übernahme einer Geldverbindlichkeit) des Mieters vor.

BFH, Urteil v. 30.11.2016, V R 18/16, veröffentlicht am 11.1.2017

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